handen. Eine Lösung, welche so dargestellt worden war, dasz zwei Tropfen Campherspiritus einer Unze Wasser zugesetzt wurde, wirkte auf ein Blatt nicht ein; als dagegen dreiszig Minims einer Unze Wasser zugesetzt wurde, wirkte diese Lösung auf zwei zusammen eingetauchte Blätter.
Vogel hat gezeigt5, dasz die Blüthen verschiedener Pflanzen nicht so bald verwelken, wenn ihre Stengel in eine Lösung von Campher gestellt werden, als wenn sie in Wasser stehen, und dasz sie sich, wenn sie bereits leicht welk geworden sind, schneller wieder erholen. Auch das Keimen gewisser Samen wird durch die Lösung beschleunigt. Es wirkt daher Campher als Reizmittel, und es ist das einzige bekannte Reizmittel für Pflanzen. Ich wünschte daher zu ermitteln, ob Campher die Blätter der Drosera für mechanische Reizung empfindlicher machen würde, als sie vorher waren. Sechs Blätter wurden 5 oder 6 Minuten lang in destillirtem Wasser gelassen und dann, während sie noch unter Wasser waren, sanft zwei- oder dreimal mit einem weichen Cameelhaarpinsel ge- strichen; es folgte aber keine Bewegung. Dann wurden zunächst neun Blätter, welche in der oben angegebenen Lösung eine verschieden lange, in der unten folgenden Tabelle angeführte Zeit hindurch einge- taucht worden waren, einmal mit demselben Pinsel und in derselben Weise wie vorher bestrichen; die Resultate sind in der Tabelle mitge- theilt. Meine ersten Versuche wurden so angestellt, dasz ich die Blätter pinselte, während sie noch in der Lösung untergetaucht waren; es kam mir aber der Gedanke, dasz dadurch das klebrige Secret rings um die Drüsen entfernt werden und dann der Campher noch kräftiger auf sie einwirken könnte. In allen folgenden Versuchen wurde daher jedes Blatt aus der Lösung herausgenommen, ungefähr 15 Secunden lang in Wasser umhergeschwenkt, dann in frisches Wasser gelegt und bepinselt, so dasz das Pinseln keinen freieren Zutritt des Camphers gestatten kann; doch machte diese Behandlungsweise keinen Unterschied in den Resultaten.
5 Gardener's Chronicle, 1874, p. 671. Ziemlich ähnliche Beobachtungen hat im Jahre 1798 B. S. Barton gemacht.
Cap. 9. Campher.
handen. Eine Lösung, welche so dargestellt worden war, dasz zwei Tropfen Campherspiritus einer Unze Wasser zugesetzt wurde, wirkte auf ein Blatt nicht ein; als dagegen dreiszig Minims einer Unze Wasser zugesetzt wurde, wirkte diese Lösung auf zwei zusammen eingetauchte Blätter.
Vogel hat gezeigt5, dasz die Blüthen verschiedener Pflanzen nicht so bald verwelken, wenn ihre Stengel in eine Lösung von Campher gestellt werden, als wenn sie in Wasser stehen, und dasz sie sich, wenn sie bereits leicht welk geworden sind, schneller wieder erholen. Auch das Keimen gewisser Samen wird durch die Lösung beschleunigt. Es wirkt daher Campher als Reizmittel, und es ist das einzige bekannte Reizmittel für Pflanzen. Ich wünschte daher zu ermitteln, ob Campher die Blätter der Drosera für mechanische Reizung empfindlicher machen würde, als sie vorher waren. Sechs Blätter wurden 5 oder 6 Minuten lang in destillirtem Wasser gelassen und dann, während sie noch unter Wasser waren, sanft zwei- oder dreimal mit einem weichen Cameelhaarpinsel ge- strichen; es folgte aber keine Bewegung. Dann wurden zunächst neun Blätter, welche in der oben angegebenen Lösung eine verschieden lange, in der unten folgenden Tabelle angeführte Zeit hindurch einge- taucht worden waren, einmal mit demselben Pinsel und in derselben Weise wie vorher bestrichen; die Resultate sind in der Tabelle mitge- theilt. Meine ersten Versuche wurden so angestellt, dasz ich die Blätter pinselte, während sie noch in der Lösung untergetaucht waren; es kam mir aber der Gedanke, dasz dadurch das klebrige Secret rings um die Drüsen entfernt werden und dann der Campher noch kräftiger auf sie einwirken könnte. In allen folgenden Versuchen wurde daher jedes Blatt aus der Lösung herausgenommen, ungefähr 15 Secunden lang in Wasser umhergeschwenkt, dann in frisches Wasser gelegt und bepinselt, so dasz das Pinseln keinen freieren Zutritt des Camphers gestatten kann; doch machte diese Behandlungsweise keinen Unterschied in den Resultaten.
5 Gardener’s Chronicle, 1874, p. 671. Ziemlich ähnliche Beobachtungen hat im Jahre 1798 B. S. Barton gemacht.
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Cap. 9. Campher.
handen. Eine Lösung, welche so dargestellt worden war, dasz zwei Tropfen
Campherspiritus einer Unze Wasser zugesetzt wurde, wirkte auf ein Blatt
nicht ein; als dagegen dreiszig Minims einer Unze Wasser zugesetzt wurde,
wirkte diese Lösung auf zwei zusammen eingetauchte Blätter.
Vogel hat gezeigt 5, dasz die Blüthen verschiedener Pflanzen nicht so
bald verwelken, wenn ihre Stengel in eine Lösung von Campher gestellt
werden, als wenn sie in Wasser stehen, und dasz sie sich, wenn sie
bereits leicht welk geworden sind, schneller wieder erholen. Auch das
Keimen gewisser Samen wird durch die Lösung beschleunigt. Es wirkt
daher Campher als Reizmittel, und es ist das einzige bekannte Reizmittel
für Pflanzen. Ich wünschte daher zu ermitteln, ob Campher die Blätter
der Drosera für mechanische Reizung empfindlicher machen würde, als
sie vorher waren. Sechs Blätter wurden 5 oder 6 Minuten lang in
destillirtem Wasser gelassen und dann, während sie noch unter Wasser
waren, sanft zwei- oder dreimal mit einem weichen Cameelhaarpinsel ge-
strichen; es folgte aber keine Bewegung. Dann wurden zunächst neun
Blätter, welche in der oben angegebenen Lösung eine verschieden
lange, in der unten folgenden Tabelle angeführte Zeit hindurch einge-
taucht worden waren, einmal mit demselben Pinsel und in derselben
Weise wie vorher bestrichen; die Resultate sind in der Tabelle mitge-
theilt. Meine ersten Versuche wurden so angestellt, dasz ich die Blätter
pinselte, während sie noch in der Lösung untergetaucht waren; es kam
mir aber der Gedanke, dasz dadurch das klebrige Secret rings um die
Drüsen entfernt werden und dann der Campher noch kräftiger auf sie
einwirken könnte. In allen folgenden Versuchen wurde daher jedes Blatt
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umhergeschwenkt, dann in frisches Wasser gelegt und bepinselt, so dasz
das Pinseln keinen freieren Zutritt des Camphers gestatten kann; doch
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/203>, abgerufen am 04.12.2024.
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