Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Drosera rotundifolia. Cap. 11. Drüsen der Drosera gelegt wurden, so nahm das Secret, ebenso wiedas der umgebenden und nicht berührten Drüsen an Menge zu und wurde sauer. Der Angabe Schiff's zufolge sondert aber der Magen eines Thieres sein eigenthümliches Ferment, das Pepsin, nicht eher ab, als bis gewisse Substanzen, welche er Peptogene nennt, absorbirt sind; und aus meinen Experimenten an Drosera scheint hervorzu- gehen, dasz etwas Substanz von den Drüsen absorbirt werden musz, ehe sie das ihnen eigenthümliche Ferment absondern. Dasz das Secret ein Ferment enthält, welches nur in Gegenwart einer Säure auf feste animale Substanzen wirkt, wurde ganz klar durch den Zu- satz äuszerst kleiner Dosen eines Alkali bewiesen, welche den Procesz der Verdauung gänzlich zum Stillstand brachten, während derselbe sofort wieder begann sobald das Alkali durch etwas schwache Salz- säure neutralisirt wurde. Nach Versuchen, die mit einer groszen Anzahl von Substanzen angestellt wurden, hat sich herausgestellt, dasz auf diejenigen, welche das Secret der Drosera entweder voll- ständig, oder nur theilweise oder durchaus gar nicht auflöst, auch der Magensaft in genau der nämlichen Art und Weise einwirkt. Wir können daher schlieszen, dasz das Ferment der Drosera dem Pepsin der Thiere nahe analog oder mit ihm identisch ist. Die Substanzen, welche von der Drosera verdaut werden, wirken Drosera rotundifolia. Cap. 11. Drüsen der Drosera gelegt wurden, so nahm das Secret, ebenso wiedas der umgebenden und nicht berührten Drüsen an Menge zu und wurde sauer. Der Angabe Schiff’s zufolge sondert aber der Magen eines Thieres sein eigenthümliches Ferment, das Pepsin, nicht eher ab, als bis gewisse Substanzen, welche er Peptogene nennt, absorbirt sind; und aus meinen Experimenten an Drosera scheint hervorzu- gehen, dasz etwas Substanz von den Drüsen absorbirt werden musz, ehe sie das ihnen eigenthümliche Ferment absondern. Dasz das Secret ein Ferment enthält, welches nur in Gegenwart einer Säure auf feste animale Substanzen wirkt, wurde ganz klar durch den Zu- satz äuszerst kleiner Dosen eines Alkali bewiesen, welche den Procesz der Verdauung gänzlich zum Stillstand brachten, während derselbe sofort wieder begann sobald das Alkali durch etwas schwache Salz- säure neutralisirt wurde. Nach Versuchen, die mit einer groszen Anzahl von Substanzen angestellt wurden, hat sich herausgestellt, dasz auf diejenigen, welche das Secret der Drosera entweder voll- ständig, oder nur theilweise oder durchaus gar nicht auflöst, auch der Magensaft in genau der nämlichen Art und Weise einwirkt. Wir können daher schlieszen, dasz das Ferment der Drosera dem Pepsin der Thiere nahe analog oder mit ihm identisch ist. Die Substanzen, welche von der Drosera verdaut werden, wirken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0258" n="244"/><fw place="top" type="header">Drosera rotundifolia. Cap. 11.</fw><lb/> Drüsen der <hi rendition="#i">Drosera</hi> gelegt wurden, so nahm das Secret, ebenso wie<lb/> das der umgebenden und nicht berührten Drüsen an Menge zu und<lb/> wurde sauer. 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Was den Fall mit Knochen betrifft, so tritt das Ferment nicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [244/0258]
Drosera rotundifolia. Cap. 11.
Drüsen der Drosera gelegt wurden, so nahm das Secret, ebenso wie
das der umgebenden und nicht berührten Drüsen an Menge zu und
wurde sauer. Der Angabe Schiff’s zufolge sondert aber der Magen
eines Thieres sein eigenthümliches Ferment, das Pepsin, nicht eher
ab, als bis gewisse Substanzen, welche er Peptogene nennt, absorbirt
sind; und aus meinen Experimenten an Drosera scheint hervorzu-
gehen, dasz etwas Substanz von den Drüsen absorbirt werden musz,
ehe sie das ihnen eigenthümliche Ferment absondern. Dasz das
Secret ein Ferment enthält, welches nur in Gegenwart einer Säure
auf feste animale Substanzen wirkt, wurde ganz klar durch den Zu-
satz äuszerst kleiner Dosen eines Alkali bewiesen, welche den Procesz
der Verdauung gänzlich zum Stillstand brachten, während derselbe
sofort wieder begann sobald das Alkali durch etwas schwache Salz-
säure neutralisirt wurde. Nach Versuchen, die mit einer groszen
Anzahl von Substanzen angestellt wurden, hat sich herausgestellt,
dasz auf diejenigen, welche das Secret der Drosera entweder voll-
ständig, oder nur theilweise oder durchaus gar nicht auflöst, auch
der Magensaft in genau der nämlichen Art und Weise einwirkt. Wir
können daher schlieszen, dasz das Ferment der Drosera dem Pepsin
der Thiere nahe analog oder mit ihm identisch ist.
Die Substanzen, welche von der Drosera verdaut werden, wirken
sehr verschieden auf die Blätter. Einige verursachen eine viel ener-
gischere und rapidere Einbiegung der Tentakeln als andere und hal-
ten sie auch eine viel längere Zeit hindurch eingebogen. Wir wer-
den hierdurch zu der Annahme geführt, dasz die ersteren nahrhafter
sind als die letzteren, wie es bekanntlich mit einigen der nämlichen
Substanzen der Fall ist, wenn sie Thieren gegeben werden; so z. B.
Fleisch in Vergleich mit Gelatine. Da Knorpel eine so zähe Sub-
stanz ist und Wasser so wenig auf ihn einwirkt, so ist seine rasche
Auflösung durch die Absonderung der Drosera und seine spätere Ab-
sorption vielleicht einer der auffallendsten Fälle. Es ist dies aber in
der That nicht merkwürdiger als die Verdauung von Fleisch, welches
durch dies Secret in derselben Art und Weise und in denselben
Stadien aufgelöst wird, wie durch den Magensaft. Das Secret löst
Knochen auf und selbst den Schmelz der Zähne; dies ist aber einfach
eine Folge der groszen Menge abgesonderter Säure, was allem An-
scheine nach dem Bedürfnis der Pflanze nach Phosphor zuzuschreiben
ist. Was den Fall mit Knochen betrifft, so tritt das Ferment nicht
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