chen Fleisch oder Insecten, oder eine Lösung von Ammoniak nicht deutlich auf die Drüsen einwirkte, -- ein Umstand, den ich nicht zu erklären vermag.
Verdauung fester thierischer Substanz. -- Während ich den Versuch machte, auf zwei der längeren Drüsen kleine Würfel von Eiweisz zu legen, schlüpften dieselben hinab und blieben, mit dem Secrete beschmiert, auf einigen der kleinen sitzenden Drüsen liegen. Nach 24 Stunden fand sich, dasz einer dieser Würfel voll- ständig verflüssigt worden war, wobei indesz noch immer einige we- nige weisze Streifen sichtbar waren; der andere war bedeutend abge- rundet, aber nicht völlig aufgelöst. Zwei andere Würfel wurden 2 Stunden 45 Minuten lang auf langen Drüsen gelassen, in welcher Zeit das ganze Secret absorbirt war; eine Einwirkung auf die Würfel war aber nicht bemerkbar, obschon ohne Zweifel eine geringe Menge von animaler Substanz aus ihnen absorbirt worden war. Sie wurden dann auf die kleinen sitzenden Drüsen gebracht, welche nun, da sie dadurch gereizt wurden, im Laufe von 7 Stunden reichlich absonder- ten. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde einer der Würfel bedeutend verflüssigt, und beide waren nach Verlauf von 21 Stunden 15 Minu- ten völlig flüssig geworden; die kleinen flüssigen Massen zeigten in- dessen noch immer einige weisze Streifen. Nach Verlauf von weiteren 6 Stunden 30 Minuten verschwanden diese Streifen, und am nächsten Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Würfel zuerst auf die Drüsen gelegt wurden) war die verflüssigte Masse vollständig aufgesaugt. Es wurde ein Eiweiszwürfel auf einer andern langen Drüse gelassen, welche zuerst das Secret absorbirte und nach 24 Stunden eine frische Menge ergosz. Dieser nun von Absonderung um- gebene Würfel wurde weitere 24 Stunden lang auf der Drüse ge- lassen; es erfolgte aber, wenn überhaupt irgend welche, nur eine sehr unbedeutende Einwirkung. Wir können daher schlieszen, entweder dasz das Secret von den hohen Drüsen, trotzdem es stark sauer ist, doch nur eine geringe Verdauungskraft hat, oder dasz die von einer einzigen Drüse ergossene Menge nicht genügt, ein Stückchen Eiweisz aufzulösen, welches innerhalb derselben Zeit von dem Secrete aus mehreren der kleinen sitzenden Drüsen aufgelöst worden sein würde. Wegen des Absterbens meiner letzten Pflanze war ich nicht im Stande zu ermitteln, welche von diesen beiden Alternativen die rich- tige ist.
20*
Cap. 15. Verdauung.
chen Fleisch oder Insecten, oder eine Lösung von Ammoniak nicht deutlich auf die Drüsen einwirkte, — ein Umstand, den ich nicht zu erklären vermag.
Verdauung fester thierischer Substanz. — Während ich den Versuch machte, auf zwei der längeren Drüsen kleine Würfel von Eiweisz zu legen, schlüpften dieselben hinab und blieben, mit dem Secrete beschmiert, auf einigen der kleinen sitzenden Drüsen liegen. Nach 24 Stunden fand sich, dasz einer dieser Würfel voll- ständig verflüssigt worden war, wobei indesz noch immer einige we- nige weisze Streifen sichtbar waren; der andere war bedeutend abge- rundet, aber nicht völlig aufgelöst. Zwei andere Würfel wurden 2 Stunden 45 Minuten lang auf langen Drüsen gelassen, in welcher Zeit das ganze Secret absorbirt war; eine Einwirkung auf die Würfel war aber nicht bemerkbar, obschon ohne Zweifel eine geringe Menge von animaler Substanz aus ihnen absorbirt worden war. Sie wurden dann auf die kleinen sitzenden Drüsen gebracht, welche nun, da sie dadurch gereizt wurden, im Laufe von 7 Stunden reichlich absonder- ten. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde einer der Würfel bedeutend verflüssigt, und beide waren nach Verlauf von 21 Stunden 15 Minu- ten völlig flüssig geworden; die kleinen flüssigen Massen zeigten in- dessen noch immer einige weisze Streifen. Nach Verlauf von weiteren 6 Stunden 30 Minuten verschwanden diese Streifen, und am nächsten Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Würfel zuerst auf die Drüsen gelegt wurden) war die verflüssigte Masse vollständig aufgesaugt. Es wurde ein Eiweiszwürfel auf einer andern langen Drüse gelassen, welche zuerst das Secret absorbirte und nach 24 Stunden eine frische Menge ergosz. Dieser nun von Absonderung um- gebene Würfel wurde weitere 24 Stunden lang auf der Drüse ge- lassen; es erfolgte aber, wenn überhaupt irgend welche, nur eine sehr unbedeutende Einwirkung. Wir können daher schlieszen, entweder dasz das Secret von den hohen Drüsen, trotzdem es stark sauer ist, doch nur eine geringe Verdauungskraft hat, oder dasz die von einer einzigen Drüse ergossene Menge nicht genügt, ein Stückchen Eiweisz aufzulösen, welches innerhalb derselben Zeit von dem Secrete aus mehreren der kleinen sitzenden Drüsen aufgelöst worden sein würde. Wegen des Absterbens meiner letzten Pflanze war ich nicht im Stande zu ermitteln, welche von diesen beiden Alternativen die rich- tige ist.
20*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0321"n="307"/><fwplace="top"type="header">Cap. 15. Verdauung.</fw><lb/>
chen Fleisch oder Insecten, oder eine Lösung von Ammoniak nicht<lb/>
deutlich auf die Drüsen einwirkte, — ein Umstand, den ich nicht<lb/>
zu erklären vermag.</p><lb/><p><hirendition="#g">Verdauung fester thierischer Substanz.</hi>— Während<lb/>
ich den Versuch machte, auf zwei der längeren Drüsen kleine Würfel<lb/>
von Eiweisz zu legen, schlüpften dieselben hinab und blieben, mit<lb/>
dem Secrete beschmiert, auf einigen der kleinen sitzenden Drüsen<lb/>
liegen. Nach 24 Stunden fand sich, dasz einer dieser Würfel voll-<lb/>
ständig verflüssigt worden war, wobei indesz noch immer einige we-<lb/>
nige weisze Streifen sichtbar waren; der andere war bedeutend abge-<lb/>
rundet, aber nicht völlig aufgelöst. Zwei andere Würfel wurden 2<lb/>
Stunden 45 Minuten lang auf langen Drüsen gelassen, in welcher<lb/>
Zeit das ganze Secret absorbirt war; eine Einwirkung auf die Würfel<lb/>
war aber nicht bemerkbar, obschon ohne Zweifel eine geringe Menge<lb/>
von animaler Substanz aus ihnen absorbirt worden war. Sie wurden<lb/>
dann auf die kleinen sitzenden Drüsen gebracht, welche nun, da sie<lb/>
dadurch gereizt wurden, im Laufe von 7 Stunden reichlich absonder-<lb/>
ten. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde einer der Würfel bedeutend<lb/>
verflüssigt, und beide waren nach Verlauf von 21 Stunden 15 Minu-<lb/>
ten völlig flüssig geworden; die kleinen flüssigen Massen zeigten in-<lb/>
dessen noch immer einige weisze Streifen. Nach Verlauf von weiteren<lb/>
6 Stunden 30 Minuten verschwanden diese Streifen, und am nächsten<lb/>
Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Würfel zuerst auf<lb/>
die Drüsen gelegt wurden) war die verflüssigte Masse vollständig<lb/>
aufgesaugt. Es wurde ein Eiweiszwürfel auf einer andern langen<lb/>
Drüse gelassen, welche zuerst das Secret absorbirte und nach 24<lb/>
Stunden eine frische Menge ergosz. Dieser nun von Absonderung um-<lb/>
gebene Würfel wurde weitere 24 Stunden lang auf der Drüse ge-<lb/>
lassen; es erfolgte aber, wenn überhaupt irgend welche, nur eine sehr<lb/>
unbedeutende Einwirkung. Wir können daher schlieszen, entweder<lb/>
dasz das Secret von den hohen Drüsen, trotzdem es stark sauer ist,<lb/>
doch nur eine geringe Verdauungskraft hat, oder dasz die von einer<lb/>
einzigen Drüse ergossene Menge nicht genügt, ein Stückchen Eiweisz<lb/>
aufzulösen, welches innerhalb derselben Zeit von dem Secrete aus<lb/>
mehreren der kleinen sitzenden Drüsen aufgelöst worden sein würde.<lb/>
Wegen des Absterbens meiner letzten Pflanze war ich nicht im<lb/>
Stande zu ermitteln, welche von diesen beiden Alternativen die rich-<lb/>
tige ist.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">20*</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[307/0321]
Cap. 15. Verdauung.
chen Fleisch oder Insecten, oder eine Lösung von Ammoniak nicht
deutlich auf die Drüsen einwirkte, — ein Umstand, den ich nicht
zu erklären vermag.
Verdauung fester thierischer Substanz. — Während
ich den Versuch machte, auf zwei der längeren Drüsen kleine Würfel
von Eiweisz zu legen, schlüpften dieselben hinab und blieben, mit
dem Secrete beschmiert, auf einigen der kleinen sitzenden Drüsen
liegen. Nach 24 Stunden fand sich, dasz einer dieser Würfel voll-
ständig verflüssigt worden war, wobei indesz noch immer einige we-
nige weisze Streifen sichtbar waren; der andere war bedeutend abge-
rundet, aber nicht völlig aufgelöst. Zwei andere Würfel wurden 2
Stunden 45 Minuten lang auf langen Drüsen gelassen, in welcher
Zeit das ganze Secret absorbirt war; eine Einwirkung auf die Würfel
war aber nicht bemerkbar, obschon ohne Zweifel eine geringe Menge
von animaler Substanz aus ihnen absorbirt worden war. Sie wurden
dann auf die kleinen sitzenden Drüsen gebracht, welche nun, da sie
dadurch gereizt wurden, im Laufe von 7 Stunden reichlich absonder-
ten. Innerhalb dieser kurzen Zeit wurde einer der Würfel bedeutend
verflüssigt, und beide waren nach Verlauf von 21 Stunden 15 Minu-
ten völlig flüssig geworden; die kleinen flüssigen Massen zeigten in-
dessen noch immer einige weisze Streifen. Nach Verlauf von weiteren
6 Stunden 30 Minuten verschwanden diese Streifen, und am nächsten
Morgen (d. h. 48 Stunden von der Zeit an, wo die Würfel zuerst auf
die Drüsen gelegt wurden) war die verflüssigte Masse vollständig
aufgesaugt. Es wurde ein Eiweiszwürfel auf einer andern langen
Drüse gelassen, welche zuerst das Secret absorbirte und nach 24
Stunden eine frische Menge ergosz. Dieser nun von Absonderung um-
gebene Würfel wurde weitere 24 Stunden lang auf der Drüse ge-
lassen; es erfolgte aber, wenn überhaupt irgend welche, nur eine sehr
unbedeutende Einwirkung. Wir können daher schlieszen, entweder
dasz das Secret von den hohen Drüsen, trotzdem es stark sauer ist,
doch nur eine geringe Verdauungskraft hat, oder dasz die von einer
einzigen Drüse ergossene Menge nicht genügt, ein Stückchen Eiweisz
aufzulösen, welches innerhalb derselben Zeit von dem Secrete aus
mehreren der kleinen sitzenden Drüsen aufgelöst worden sein würde.
Wegen des Absterbens meiner letzten Pflanze war ich nicht im
Stande zu ermitteln, welche von diesen beiden Alternativen die rich-
tige ist.
20*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/321>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.