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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Drosophyllum lusitanicum. Cap. 15.

Vier äuszerst kleine Stückchen reinen Fibrins wurden so gelegt,
dasz jedes auf einer, zwei oder drei der längeren Drüsen ruhte. Im
Laufe von 2 Stunden 30 Minuten war das Secret ganz absorbirt und
die Stückchen waren beinahe ganz trocken gelassen. Sie wurden dann
auf die sitzenden Drüsen geschoben. Ein Stückchen schien nach 2
Stunden 30 Minuten ganz aufgelöst zu sein, dies könnte indesz ein
Irrthum gewesen sein. Als ein zweites nach 17 Stunden 25 Minuten
untersucht wurde, war es verflüssigt, die Flüssigkeit liesz aber unter
dem Mikroskope noch immer flottirende Körnchen von Fibrin erkennen.
Die andern beiden Stückchen waren nach 21 Stunden 30 Minuten
vollständig verflüssigt; aber in einem der Tropfen waren noch einige
wenige Körnchen zu entdecken. Diese waren indessen nach Verlauf
von weiteren 6 Stunden 20 Minuten aufgelöst; und die Oberfläche des
Blattes war in einiger Entfernung rings herum mit klarer Flüssigkeit
bedeckt. Hieraus ergibt sich, dasz Drosophyllum Albumin und Fibrin
eher noch schneller verdaut als es Drosera kann; und dies ist viel-
leicht dem Umstande zuzuschreiben, dasz die Säure, wahrscheinlich
in Verbindung mit einer kleinen Menge des Ferments, schon in der
Absonderung vorhanden ist, ehe die Drüsen gereizt worden sind, so
dasz die Verdauung sofort beginnt.

Schluszbemerkungen. -- Die linearen Blätter von Droso-
phyllum
weichen nur unbedeutend von denen gewisser Species von
Drosera ab; die hauptsächlichsten Unterschiede bestehen erstens in
dem Vorhandensein äuszerst kleiner, beinahe direct aufsitzender Drü-
sen, welche gleich denen der Dionaea nicht eher absondern, als bis
sie durch die Aufsaugung stickstoffhaltiger Substanz gereizt worden
sind. Aber Drüsen dieser Art sind auf den Blättern der Drosera
binata
vorhanden und scheinen durch die Papillen auf den Blättern
der Drosera rotundifolia repräsentirt zu werden. Zweitens sind bei
Drosophyllum Tentakeln auf der Rückseite der Blätter vorhanden;
Wir haben aber gesehen, dasz einige wenige Tentakeln, unregelmäszig
vertheilt und dem Verkümmern zuneigend, auf der Rückenseite der
Blätter von Drosera binata übrig geblieben sind. Gröszere Verschie-
denheiten bestehen zwischen beiden Gattungen in den Functionen; die
bedeutungsvollste ist die, dasz die Tentakeln von Drosophyllum kein
Bewegungsvermögen besitzen; dieser Verlust ist theilweise dadurch
ersetzt worden, dasz die Tropfen klebrigen Secrets leicht von den
Drüsen abgezogen werden können; so dasz ein Insect, wenn es mit

Drosophyllum lusitanicum. Cap. 15.

Vier äuszerst kleine Stückchen reinen Fibrins wurden so gelegt,
dasz jedes auf einer, zwei oder drei der längeren Drüsen ruhte. Im
Laufe von 2 Stunden 30 Minuten war das Secret ganz absorbirt und
die Stückchen waren beinahe ganz trocken gelassen. Sie wurden dann
auf die sitzenden Drüsen geschoben. Ein Stückchen schien nach 2
Stunden 30 Minuten ganz aufgelöst zu sein, dies könnte indesz ein
Irrthum gewesen sein. Als ein zweites nach 17 Stunden 25 Minuten
untersucht wurde, war es verflüssigt, die Flüssigkeit liesz aber unter
dem Mikroskope noch immer flottirende Körnchen von Fibrin erkennen.
Die andern beiden Stückchen waren nach 21 Stunden 30 Minuten
vollständig verflüssigt; aber in einem der Tropfen waren noch einige
wenige Körnchen zu entdecken. Diese waren indessen nach Verlauf
von weiteren 6 Stunden 20 Minuten aufgelöst; und die Oberfläche des
Blattes war in einiger Entfernung rings herum mit klarer Flüssigkeit
bedeckt. Hieraus ergibt sich, dasz Drosophyllum Albumin und Fibrin
eher noch schneller verdaut als es Drosera kann; und dies ist viel-
leicht dem Umstande zuzuschreiben, dasz die Säure, wahrscheinlich
in Verbindung mit einer kleinen Menge des Ferments, schon in der
Absonderung vorhanden ist, ehe die Drüsen gereizt worden sind, so
dasz die Verdauung sofort beginnt.

Schluszbemerkungen. — Die linearen Blätter von Droso-
phyllum
weichen nur unbedeutend von denen gewisser Species von
Drosera ab; die hauptsächlichsten Unterschiede bestehen erstens in
dem Vorhandensein äuszerst kleiner, beinahe direct aufsitzender Drü-
sen, welche gleich denen der Dionaea nicht eher absondern, als bis
sie durch die Aufsaugung stickstoffhaltiger Substanz gereizt worden
sind. Aber Drüsen dieser Art sind auf den Blättern der Drosera
binata
vorhanden und scheinen durch die Papillen auf den Blättern
der Drosera rotundifolia repräsentirt zu werden. Zweitens sind bei
Drosophyllum Tentakeln auf der Rückseite der Blätter vorhanden;
Wir haben aber gesehen, dasz einige wenige Tentakeln, unregelmäszig
vertheilt und dem Verkümmern zuneigend, auf der Rückenseite der
Blätter von Drosera binata übrig geblieben sind. Gröszere Verschie-
denheiten bestehen zwischen beiden Gattungen in den Functionen; die
bedeutungsvollste ist die, dasz die Tentakeln von Drosophyllum kein
Bewegungsvermögen besitzen; dieser Verlust ist theilweise dadurch
ersetzt worden, dasz die Tropfen klebrigen Secrets leicht von den
Drüsen abgezogen werden können; so dasz ein Insect, wenn es mit

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[308/0322] Drosophyllum lusitanicum. Cap. 15. Vier äuszerst kleine Stückchen reinen Fibrins wurden so gelegt, dasz jedes auf einer, zwei oder drei der längeren Drüsen ruhte. Im Laufe von 2 Stunden 30 Minuten war das Secret ganz absorbirt und die Stückchen waren beinahe ganz trocken gelassen. Sie wurden dann auf die sitzenden Drüsen geschoben. Ein Stückchen schien nach 2 Stunden 30 Minuten ganz aufgelöst zu sein, dies könnte indesz ein Irrthum gewesen sein. Als ein zweites nach 17 Stunden 25 Minuten untersucht wurde, war es verflüssigt, die Flüssigkeit liesz aber unter dem Mikroskope noch immer flottirende Körnchen von Fibrin erkennen. Die andern beiden Stückchen waren nach 21 Stunden 30 Minuten vollständig verflüssigt; aber in einem der Tropfen waren noch einige wenige Körnchen zu entdecken. Diese waren indessen nach Verlauf von weiteren 6 Stunden 20 Minuten aufgelöst; und die Oberfläche des Blattes war in einiger Entfernung rings herum mit klarer Flüssigkeit bedeckt. Hieraus ergibt sich, dasz Drosophyllum Albumin und Fibrin eher noch schneller verdaut als es Drosera kann; und dies ist viel- leicht dem Umstande zuzuschreiben, dasz die Säure, wahrscheinlich in Verbindung mit einer kleinen Menge des Ferments, schon in der Absonderung vorhanden ist, ehe die Drüsen gereizt worden sind, so dasz die Verdauung sofort beginnt. Schluszbemerkungen. — Die linearen Blätter von Droso- phyllum weichen nur unbedeutend von denen gewisser Species von Drosera ab; die hauptsächlichsten Unterschiede bestehen erstens in dem Vorhandensein äuszerst kleiner, beinahe direct aufsitzender Drü- sen, welche gleich denen der Dionaea nicht eher absondern, als bis sie durch die Aufsaugung stickstoffhaltiger Substanz gereizt worden sind. Aber Drüsen dieser Art sind auf den Blättern der Drosera binata vorhanden und scheinen durch die Papillen auf den Blättern der Drosera rotundifolia repräsentirt zu werden. Zweitens sind bei Drosophyllum Tentakeln auf der Rückseite der Blätter vorhanden; Wir haben aber gesehen, dasz einige wenige Tentakeln, unregelmäszig vertheilt und dem Verkümmern zuneigend, auf der Rückenseite der Blätter von Drosera binata übrig geblieben sind. Gröszere Verschie- denheiten bestehen zwischen beiden Gattungen in den Functionen; die bedeutungsvollste ist die, dasz die Tentakeln von Drosophyllum kein Bewegungsvermögen besitzen; dieser Verlust ist theilweise dadurch ersetzt worden, dasz die Tropfen klebrigen Secrets leicht von den Drüsen abgezogen werden können; so dasz ein Insect, wenn es mit

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/322>, abgerufen am 27.11.2024.