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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 15. Roridula.
einem Tropfen in Berührung kommt, im Stande ist wegzukriechen,
aber bald noch andere Tropfen berührt und dann, von dem Secrete
erstickt, auf die sitzenden Drüsen hinabsinkt und stirbt. Ein anderer
Unterschied liegt darin, dasz das Secret von den langen Drüsen, noch
ehe sie in irgend einer Weise gereizt worden sind, stark sauer ist
und vielleicht eine geringe Menge des gehörigen Ferments enthält.
Ferner sondern diese Drüsen in Folge ihrer Reizung durch die Ab-
sorption stickstoffhaltiger Substanz nicht reichlicher ab; im Gegen-
theil absorbiren sie dann mit auszerordentlicher Schnelligkeit ihre
eigene Absonderung. Nach kurzer Zeit fangen sie von Neuem an
abzusondern. Alle diese Umstände hängen wahrscheinlich mit der
Thatsache zusammen, dasz Insecten gewöhnlich nicht an den Drüsen
hängen bleiben, mit denen sie zuerst in Berührung kommen, obschon
dies zuweilen vorkommt, und dasz es hauptsächlich das Secret aus
den sitzenden Drüsen ist, welches animale Substanz aus den Insecten-
körpern auflöst.

Roridula.

Roridula dentata. -- Diese Pflanze, ein Bewohner der west-
lichen Theile des Vorgebirges der guten Hoffnung, wurde mir aus
Kew in getrocknetem Zustande geschickt. Sie hat beinahe holzigen
Stamm und Zweige und erreicht allem Anscheine nach die Höhe von
einigen Fuszen. Die Blätter sind linear mit bedeutend verschmälerten
Spitzen. Ihre obere und untere Fläche sind concav mit einer Leiste
in der Mitte, und beide sind mit Tentakeln besetzt, welche in der
Länge bedeutend von einander abweichen: einige sind sehr lang, be-
sonders die an den Spitzen der Blätter, und einige sehr kurz. Auch
die Drüsen sind von sehr verschiedener Grösze und sind etwas läng-
lich. Sie werden von vielzelligen Stielen getragen.

Es stimmt daher diese Pflanze in mehrfachen Beziehungen mi
Drosophyllum überein, weicht aber in den folgenden davon ab. Ich
habe keine sessilen Drüsen entdecken können: auch würden diese von
keinerlei Nutzen gewesen sein, da die obere Fläche der Blätter dicht
mit zugespitzten, einzelligen, aufwärts gerichteten Haaren bedeckt ist.
Die Stiele der Tentakeln enthalten keine Spiralgefäsze, ebensowenig
finden sich irgend welche Spiralzellen innerhalb der Drüsen. Die
Blätter entspringen häufig in Büscheln und sind fiederspaltig, wobei
die Blättchen unter rechten Winkeln zu der mittleren linealen Scheibe

Cap. 15. Roridula.
einem Tropfen in Berührung kommt, im Stande ist wegzukriechen,
aber bald noch andere Tropfen berührt und dann, von dem Secrete
erstickt, auf die sitzenden Drüsen hinabsinkt und stirbt. Ein anderer
Unterschied liegt darin, dasz das Secret von den langen Drüsen, noch
ehe sie in irgend einer Weise gereizt worden sind, stark sauer ist
und vielleicht eine geringe Menge des gehörigen Ferments enthält.
Ferner sondern diese Drüsen in Folge ihrer Reizung durch die Ab-
sorption stickstoffhaltiger Substanz nicht reichlicher ab; im Gegen-
theil absorbiren sie dann mit auszerordentlicher Schnelligkeit ihre
eigene Absonderung. Nach kurzer Zeit fangen sie von Neuem an
abzusondern. Alle diese Umstände hängen wahrscheinlich mit der
Thatsache zusammen, dasz Insecten gewöhnlich nicht an den Drüsen
hängen bleiben, mit denen sie zuerst in Berührung kommen, obschon
dies zuweilen vorkommt, und dasz es hauptsächlich das Secret aus
den sitzenden Drüsen ist, welches animale Substanz aus den Insecten-
körpern auflöst.

Roridula.

Roridula dentata. — Diese Pflanze, ein Bewohner der west-
lichen Theile des Vorgebirges der guten Hoffnung, wurde mir aus
Kew in getrocknetem Zustande geschickt. Sie hat beinahe holzigen
Stamm und Zweige und erreicht allem Anscheine nach die Höhe von
einigen Fuszen. Die Blätter sind linear mit bedeutend verschmälerten
Spitzen. Ihre obere und untere Fläche sind concav mit einer Leiste
in der Mitte, und beide sind mit Tentakeln besetzt, welche in der
Länge bedeutend von einander abweichen: einige sind sehr lang, be-
sonders die an den Spitzen der Blätter, und einige sehr kurz. Auch
die Drüsen sind von sehr verschiedener Grösze und sind etwas läng-
lich. Sie werden von vielzelligen Stielen getragen.

Es stimmt daher diese Pflanze in mehrfachen Beziehungen mi
Drosophyllum überein, weicht aber in den folgenden davon ab. Ich
habe keine sessilen Drüsen entdecken können: auch würden diese von
keinerlei Nutzen gewesen sein, da die obere Fläche der Blätter dicht
mit zugespitzten, einzelligen, aufwärts gerichteten Haaren bedeckt ist.
Die Stiele der Tentakeln enthalten keine Spiralgefäsze, ebensowenig
finden sich irgend welche Spiralzellen innerhalb der Drüsen. Die
Blätter entspringen häufig in Büscheln und sind fiederspaltig, wobei
die Blättchen unter rechten Winkeln zu der mittleren linealen Scheibe

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[309/0323] Cap. 15. Roridula. einem Tropfen in Berührung kommt, im Stande ist wegzukriechen, aber bald noch andere Tropfen berührt und dann, von dem Secrete erstickt, auf die sitzenden Drüsen hinabsinkt und stirbt. Ein anderer Unterschied liegt darin, dasz das Secret von den langen Drüsen, noch ehe sie in irgend einer Weise gereizt worden sind, stark sauer ist und vielleicht eine geringe Menge des gehörigen Ferments enthält. Ferner sondern diese Drüsen in Folge ihrer Reizung durch die Ab- sorption stickstoffhaltiger Substanz nicht reichlicher ab; im Gegen- theil absorbiren sie dann mit auszerordentlicher Schnelligkeit ihre eigene Absonderung. Nach kurzer Zeit fangen sie von Neuem an abzusondern. Alle diese Umstände hängen wahrscheinlich mit der Thatsache zusammen, dasz Insecten gewöhnlich nicht an den Drüsen hängen bleiben, mit denen sie zuerst in Berührung kommen, obschon dies zuweilen vorkommt, und dasz es hauptsächlich das Secret aus den sitzenden Drüsen ist, welches animale Substanz aus den Insecten- körpern auflöst. Roridula. Roridula dentata. — Diese Pflanze, ein Bewohner der west- lichen Theile des Vorgebirges der guten Hoffnung, wurde mir aus Kew in getrocknetem Zustande geschickt. Sie hat beinahe holzigen Stamm und Zweige und erreicht allem Anscheine nach die Höhe von einigen Fuszen. Die Blätter sind linear mit bedeutend verschmälerten Spitzen. Ihre obere und untere Fläche sind concav mit einer Leiste in der Mitte, und beide sind mit Tentakeln besetzt, welche in der Länge bedeutend von einander abweichen: einige sind sehr lang, be- sonders die an den Spitzen der Blätter, und einige sehr kurz. Auch die Drüsen sind von sehr verschiedener Grösze und sind etwas läng- lich. Sie werden von vielzelligen Stielen getragen. Es stimmt daher diese Pflanze in mehrfachen Beziehungen mi Drosophyllum überein, weicht aber in den folgenden davon ab. Ich habe keine sessilen Drüsen entdecken können: auch würden diese von keinerlei Nutzen gewesen sein, da die obere Fläche der Blätter dicht mit zugespitzten, einzelligen, aufwärts gerichteten Haaren bedeckt ist. Die Stiele der Tentakeln enthalten keine Spiralgefäsze, ebensowenig finden sich irgend welche Spiralzellen innerhalb der Drüsen. Die Blätter entspringen häufig in Büscheln und sind fiederspaltig, wobei die Blättchen unter rechten Winkeln zu der mittleren linealen Scheibe

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/323>, abgerufen am 27.11.2024.