Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Utricularia montana. Cap. 18. 1) Eine kleine Blase, weniger als Zoll (0,847 Mm.) im Durch- messer, enthielt eine kleine Masse von brauner sehr verwester Substanz; und in dieser wurde ein Tarsus mit vier oder fünf Gliedern, mit einer doppelten Klaue endend, deutlich unter dem Mikroskop unterschieden. Ich vermuthe, dasz es ein Überbleibsel von einem der Thysanuren war. Die viertheiligen Fortsätze, welche in Berührung mit diesen verwesten Überbleibseln waren, enthielten entweder kleine Massen durchscheinender gelblicher Substanz, gewöhnlich mehr oder weniger kuglig, oder feine Körner. In entfernten Theilen derselben Blase waren die Fortsätze durch- sichtig und ganz leer, mit Ausnahme ihrer soliden Kerne. Mein Sohn machte nach kurzen Zwischenräumen Skizzen von den oben erwähnten zusammengeballten Massen, und fand, dasz sie unaufhörlich und vollstän- dig ihre Form änderten, manchmal sich von einander trennend und wie- der vereinigend. Augenscheinlich war Protoplasma durch die Aufsaugung von irgend einem Elemente aus der verwesenden thierischen Substanz er- zeugt worden. 2) Eine andere Blase umschlosz einen noch kleineren Fleck von ver- wester brauner Substanz, und die anstoszenden viertheiligen Fortsätze enthielten zusammengeballte Substanz genau wie im letzten Fall. 3) Eine dritte Blase umschlosz einen gröszeren Organismus, welcher so sehr verwest war, dasz ich nur erkennen konnte, dasz er stachelig oder haarig war. Die viertheiligen Fortsätze waren in diesem Fall nicht sehr afficirt, ausgenommen, dasz die Kerne in den verschiedenen Armen in der Grösze sehr verschieden waren; einige derselben enthielten zwei Massen, welche ein ähnliches Ansehn hatten. 4) Eine vierte Blase enthielt die Überreste eines Gliederthieres, denn ich sah deutlich die Reste eines Glieds, welches in einer Klaue endigte. Die viertheiligen Fortsätze wurden nicht untersucht. 5) Eine fünfte umschlosz sehr verweste Substanz, augenscheinlich von einem Thier, aber ohne wieder erkennbare Züge. Die viertheiligen Fortsätze in Berührung mit ihr enthielten zahlreiche Kugeln von Proto- plasma. 6) Einige wenige Blasen auf der Pflanze, welche ich von Kew er- hielt, wurden untersucht; in einer war ein wurmförmiges Thier, sehr we- nig verwest, zusammen mit dem deutlichen Rest eines ähnlichen stark verwesten, vorhanden. Mehrere Anne von den Fortsätzen, welche in Be- rührung mit diesen Resten standen, enthielten zwei solche kuglige Massen, wie der einfache solide Kern, welcher eigentlich in jedem Arm gefunden wird. In einer andern Blase war ein kleines Körnchen Quarz, welches mich an zwei gleiche Fälle bei der Utricularia neglecta erinnerte. Da es mir wahrscheinlich schien, dasz diese Pflanze in ihrem Geburts- Utricularia montana. Cap. 18. 1) Eine kleine Blase, weniger als Zoll (0,847 Mm.) im Durch- messer, enthielt eine kleine Masse von brauner sehr verwester Substanz; und in dieser wurde ein Tarsus mit vier oder fünf Gliedern, mit einer doppelten Klaue endend, deutlich unter dem Mikroskop unterschieden. Ich vermuthe, dasz es ein Überbleibsel von einem der Thysanuren war. Die viertheiligen Fortsätze, welche in Berührung mit diesen verwesten Überbleibseln waren, enthielten entweder kleine Massen durchscheinender gelblicher Substanz, gewöhnlich mehr oder weniger kuglig, oder feine Körner. In entfernten Theilen derselben Blase waren die Fortsätze durch- sichtig und ganz leer, mit Ausnahme ihrer soliden Kerne. Mein Sohn machte nach kurzen Zwischenräumen Skizzen von den oben erwähnten zusammengeballten Massen, und fand, dasz sie unaufhörlich und vollstän- dig ihre Form änderten, manchmal sich von einander trennend und wie- der vereinigend. Augenscheinlich war Protoplasma durch die Aufsaugung von irgend einem Elemente aus der verwesenden thierischen Substanz er- zeugt worden. 2) Eine andere Blase umschlosz einen noch kleineren Fleck von ver- wester brauner Substanz, und die anstoszenden viertheiligen Fortsätze enthielten zusammengeballte Substanz genau wie im letzten Fall. 3) Eine dritte Blase umschlosz einen gröszeren Organismus, welcher so sehr verwest war, dasz ich nur erkennen konnte, dasz er stachelig oder haarig war. Die viertheiligen Fortsätze waren in diesem Fall nicht sehr afficirt, ausgenommen, dasz die Kerne in den verschiedenen Armen in der Grösze sehr verschieden waren; einige derselben enthielten zwei Massen, welche ein ähnliches Ansehn hatten. 4) Eine vierte Blase enthielt die Überreste eines Gliederthieres, denn ich sah deutlich die Reste eines Glieds, welches in einer Klaue endigte. Die viertheiligen Fortsätze wurden nicht untersucht. 5) Eine fünfte umschlosz sehr verweste Substanz, augenscheinlich von einem Thier, aber ohne wieder erkennbare Züge. Die viertheiligen Fortsätze in Berührung mit ihr enthielten zahlreiche Kugeln von Proto- plasma. 6) Einige wenige Blasen auf der Pflanze, welche ich von Kew er- hielt, wurden untersucht; in einer war ein wurmförmiges Thier, sehr we- nig verwest, zusammen mit dem deutlichen Rest eines ähnlichen stark verwesten, vorhanden. Mehrere Anne von den Fortsätzen, welche in Be- rührung mit diesen Resten standen, enthielten zwei solche kuglige Massen, wie der einfache solide Kern, welcher eigentlich in jedem Arm gefunden wird. In einer andern Blase war ein kleines Körnchen Quarz, welches mich an zwei gleiche Fälle bei der Utricularia neglecta erinnerte. Da es mir wahrscheinlich schien, dasz diese Pflanze in ihrem Geburts- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0406" n="392"/> <fw place="top" type="header">Utricularia montana. Cap. 18.</fw><lb/> <list> <item>1) Eine kleine Blase, weniger als <formula notation="TeX">\frac {1}{30}</formula> Zoll (0,847 Mm.) im Durch-<lb/> messer, enthielt eine kleine Masse von brauner sehr verwester Substanz;<lb/> und in dieser wurde ein Tarsus mit vier oder fünf Gliedern, mit einer<lb/> doppelten Klaue endend, deutlich unter dem Mikroskop unterschieden.<lb/> Ich vermuthe, dasz es ein Überbleibsel von einem der Thysanuren war.<lb/> Die viertheiligen Fortsätze, welche in Berührung mit diesen verwesten<lb/> Überbleibseln waren, enthielten entweder kleine Massen durchscheinender<lb/> gelblicher Substanz, gewöhnlich mehr oder weniger kuglig, oder feine<lb/> Körner. In entfernten Theilen derselben Blase waren die Fortsätze durch-<lb/> sichtig und ganz leer, mit Ausnahme ihrer soliden Kerne. Mein Sohn<lb/> machte nach kurzen Zwischenräumen Skizzen von den oben erwähnten<lb/> zusammengeballten Massen, und fand, dasz sie unaufhörlich und vollstän-<lb/> dig ihre Form änderten, manchmal sich von einander trennend und wie-<lb/> der vereinigend. Augenscheinlich war Protoplasma durch die Aufsaugung<lb/> von irgend einem Elemente aus der verwesenden thierischen Substanz er-<lb/> zeugt worden.</item><lb/> <item>2) Eine andere Blase umschlosz einen noch kleineren Fleck von ver-<lb/> wester brauner Substanz, und die anstoszenden viertheiligen Fortsätze<lb/> enthielten zusammengeballte Substanz genau wie im letzten Fall.</item><lb/> <item>3) Eine dritte Blase umschlosz einen gröszeren Organismus, welcher<lb/> so sehr verwest war, dasz ich nur erkennen konnte, dasz er stachelig<lb/> oder haarig war. Die viertheiligen Fortsätze waren in diesem Fall nicht<lb/> sehr afficirt, ausgenommen, dasz die Kerne in den verschiedenen Armen<lb/> in der Grösze sehr verschieden waren; einige derselben enthielten zwei<lb/> Massen, welche ein ähnliches Ansehn hatten.</item><lb/> <item>4) Eine vierte Blase enthielt die Überreste eines Gliederthieres, denn<lb/> ich sah deutlich die Reste eines Glieds, welches in einer Klaue endigte.<lb/> Die viertheiligen Fortsätze wurden nicht untersucht.</item><lb/> <item>5) Eine fünfte umschlosz sehr verweste Substanz, augenscheinlich<lb/> von einem Thier, aber ohne wieder erkennbare Züge. Die viertheiligen<lb/> Fortsätze in Berührung mit ihr enthielten zahlreiche Kugeln von Proto-<lb/> plasma.</item><lb/> <item>6) Einige wenige Blasen auf der Pflanze, welche ich von Kew er-<lb/> hielt, wurden untersucht; in einer war ein wurmförmiges Thier, sehr we-<lb/> nig verwest, zusammen mit dem deutlichen Rest eines ähnlichen stark<lb/> verwesten, vorhanden. Mehrere Anne von den Fortsätzen, welche in Be-<lb/> rührung mit diesen Resten standen, enthielten zwei solche kuglige Massen,<lb/> wie der einfache solide Kern, welcher eigentlich in jedem Arm gefunden<lb/> wird. In einer andern Blase war ein kleines Körnchen Quarz, welches<lb/> mich an zwei gleiche Fälle bei der <hi rendition="#i">Utricularia neglecta</hi> erinnerte.</item> </list><lb/> <p>Da es mir wahrscheinlich schien, dasz diese Pflanze in ihrem Geburts-<lb/> lande eine gröszere Anzahl Thiere fangen würde, als im Zustande der<lb/> Cultur, erhielt ich Erlaubnis, kleine Theilchen der Rhizome von getrock-<lb/> neten Exemplaren in dem Herbarium in Kew zu entfernen. Zuerst merkte<lb/> ich nicht, dasz es räthlich war, die Rhizome zwei oder drei Tage lang<lb/> aufzuweichen und dasz es nöthig war, die Blasen zu öffnen und ihren<lb/> Inhalt auf Glas auszubreiten; wegen des Zustandes von Verwesung, in<lb/> dem dieser sich befand, und da er getrocknet und gepreszt war, konnte<lb/> nämlich seine Natur anderweitig nicht erkannt werden. Mehrere Blasen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [392/0406]
Utricularia montana. Cap. 18.
1) Eine kleine Blase, weniger als [FORMEL] Zoll (0,847 Mm.) im Durch-
messer, enthielt eine kleine Masse von brauner sehr verwester Substanz;
und in dieser wurde ein Tarsus mit vier oder fünf Gliedern, mit einer
doppelten Klaue endend, deutlich unter dem Mikroskop unterschieden.
Ich vermuthe, dasz es ein Überbleibsel von einem der Thysanuren war.
Die viertheiligen Fortsätze, welche in Berührung mit diesen verwesten
Überbleibseln waren, enthielten entweder kleine Massen durchscheinender
gelblicher Substanz, gewöhnlich mehr oder weniger kuglig, oder feine
Körner. In entfernten Theilen derselben Blase waren die Fortsätze durch-
sichtig und ganz leer, mit Ausnahme ihrer soliden Kerne. Mein Sohn
machte nach kurzen Zwischenräumen Skizzen von den oben erwähnten
zusammengeballten Massen, und fand, dasz sie unaufhörlich und vollstän-
dig ihre Form änderten, manchmal sich von einander trennend und wie-
der vereinigend. Augenscheinlich war Protoplasma durch die Aufsaugung
von irgend einem Elemente aus der verwesenden thierischen Substanz er-
zeugt worden.
2) Eine andere Blase umschlosz einen noch kleineren Fleck von ver-
wester brauner Substanz, und die anstoszenden viertheiligen Fortsätze
enthielten zusammengeballte Substanz genau wie im letzten Fall.
3) Eine dritte Blase umschlosz einen gröszeren Organismus, welcher
so sehr verwest war, dasz ich nur erkennen konnte, dasz er stachelig
oder haarig war. Die viertheiligen Fortsätze waren in diesem Fall nicht
sehr afficirt, ausgenommen, dasz die Kerne in den verschiedenen Armen
in der Grösze sehr verschieden waren; einige derselben enthielten zwei
Massen, welche ein ähnliches Ansehn hatten.
4) Eine vierte Blase enthielt die Überreste eines Gliederthieres, denn
ich sah deutlich die Reste eines Glieds, welches in einer Klaue endigte.
Die viertheiligen Fortsätze wurden nicht untersucht.
5) Eine fünfte umschlosz sehr verweste Substanz, augenscheinlich
von einem Thier, aber ohne wieder erkennbare Züge. Die viertheiligen
Fortsätze in Berührung mit ihr enthielten zahlreiche Kugeln von Proto-
plasma.
6) Einige wenige Blasen auf der Pflanze, welche ich von Kew er-
hielt, wurden untersucht; in einer war ein wurmförmiges Thier, sehr we-
nig verwest, zusammen mit dem deutlichen Rest eines ähnlichen stark
verwesten, vorhanden. Mehrere Anne von den Fortsätzen, welche in Be-
rührung mit diesen Resten standen, enthielten zwei solche kuglige Massen,
wie der einfache solide Kern, welcher eigentlich in jedem Arm gefunden
wird. In einer andern Blase war ein kleines Körnchen Quarz, welches
mich an zwei gleiche Fälle bei der Utricularia neglecta erinnerte.
Da es mir wahrscheinlich schien, dasz diese Pflanze in ihrem Geburts-
lande eine gröszere Anzahl Thiere fangen würde, als im Zustande der
Cultur, erhielt ich Erlaubnis, kleine Theilchen der Rhizome von getrock-
neten Exemplaren in dem Herbarium in Kew zu entfernen. Zuerst merkte
ich nicht, dasz es räthlich war, die Rhizome zwei oder drei Tage lang
aufzuweichen und dasz es nöthig war, die Blasen zu öffnen und ihren
Inhalt auf Glas auszubreiten; wegen des Zustandes von Verwesung, in
dem dieser sich befand, und da er getrocknet und gepreszt war, konnte
nämlich seine Natur anderweitig nicht erkannt werden. Mehrere Blasen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |