Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Cap. 18. Structur der Blätter. Dr. Warming gegebenen übereinstimmt. Der Schlauch (b) wird voneiner unbedeutenden Erweiterung der schmalen Scheibe des Blattes ge- bildet. Ein hohler Hals (n), nicht weniger als fünfzehn Mal so lang wie der Schlauch selbst, bildet einen Gang von der schrägen schlitz- artigen Mündung (o) in die Höhlung des Schlauchs. Ein Schlauch. welcher in seinem längeren Durchmesser Zoll (0,705 Mm.) masz, hatte einen Hals, welcher Zoll (10,583 Mm.) lang und Zoll (0,254 Mm.) breit war. Auf jeder Seite der Mündung ist ein langer spiraler Arm oder eine Röhre (a), deren Bauart am Besten durch folgende Erklärung verstanden werden wird. Man nehme ein schmales Band und winde es spiral um einen dünnen Cylinder, so dasz seine Ränder der ganzen Länge entlang in Berührung kommen, dann drücke man die beiden Bänder etwas zu- sammen, so dasz sie eine kleine Leiste bilden, welche sich natürlich um den Cylinder windet, wie ein Faden um eine Schraube. Wenn der Cy- linder nun entfernt wird, wird man eine Röhre haben, welche einem der spiralen Arme gleich ist. Die zwei vorspringenden Ränder sind nicht that- sächlich verbunden, und eine Nadel kann leicht zwischen ihnen durchgeschoben werden. Sie sind in der That an vielen Stellen ein wenig von einan- der getrennt, dadurch schmale Einlässe in die Röhre bildend; aber dies kann das Resultat des Trocknens der Exemplare sein. Die Platte, aus der die Röhre gebildet wird, scheint eine seitliche Verlängerung der Lippe der Mündung zu sein; und die spirale Linie zwischen den zwei vorsprin- genden Kanten steht mit dem Winkel der Mün- dung in continuirlichem Zusammenhange. Wenn [Abbildung] Fig. 29. (Genlisea ornata.) Schlauchtragendes Blatt. ungefähr dreimal vergrös- sert. l Oberer Theil der Blatt- scheibe. b Schlauch oder Blase. n Hals des Schlauches. o Mündung. a Spiral gewundne Arme, ihre Enden abgebro- chen. eine feine Borste einen der Arme hinunter gestoszen wird, so geht sie in die Spitze des hohlen Halses ein. Ob die Arme an ihren Enden offen oder geschlossen sind, konnte nicht ermittelt werden, da alle Exemplare zerbrochen waren; es scheint auch, als hätte sich Dr. War- ming nicht über diesen Punkt vergewissert. So viel über den äuszeren Bau. Innerlich ist der untere Theil Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 26
Cap. 18. Structur der Blätter. Dr. Warming gegebenen übereinstimmt. Der Schlauch (b) wird voneiner unbedeutenden Erweiterung der schmalen Scheibe des Blattes ge- bildet. Ein hohler Hals (n), nicht weniger als fünfzehn Mal so lang wie der Schlauch selbst, bildet einen Gang von der schrägen schlitz- artigen Mündung (o) in die Höhlung des Schlauchs. Ein Schlauch. welcher in seinem längeren Durchmesser Zoll (0,705 Mm.) masz, hatte einen Hals, welcher Zoll (10,583 Mm.) lang und Zoll (0,254 Mm.) breit war. Auf jeder Seite der Mündung ist ein langer spiraler Arm oder eine Röhre (a), deren Bauart am Besten durch folgende Erklärung verstanden werden wird. Man nehme ein schmales Band und winde es spiral um einen dünnen Cylinder, so dasz seine Ränder der ganzen Länge entlang in Berührung kommen, dann drücke man die beiden Bänder etwas zu- sammen, so dasz sie eine kleine Leiste bilden, welche sich natürlich um den Cylinder windet, wie ein Faden um eine Schraube. Wenn der Cy- linder nun entfernt wird, wird man eine Röhre haben, welche einem der spiralen Arme gleich ist. Die zwei vorspringenden Ränder sind nicht that- sächlich verbunden, und eine Nadel kann leicht zwischen ihnen durchgeschoben werden. Sie sind in der That an vielen Stellen ein wenig von einan- der getrennt, dadurch schmale Einlässe in die Röhre bildend; aber dies kann das Resultat des Trocknens der Exemplare sein. Die Platte, aus der die Röhre gebildet wird, scheint eine seitliche Verlängerung der Lippe der Mündung zu sein; und die spirale Linie zwischen den zwei vorsprin- genden Kanten steht mit dem Winkel der Mün- dung in continuirlichem Zusammenhange. Wenn [Abbildung] Fig. 29. (Genlisea ornata.) Schlauchtragendes Blatt. ungefähr dreimal vergrös- sert. l Oberer Theil der Blatt- scheibe. b Schlauch oder Blase. n Hals des Schlauches. o Mündung. a Spiral gewundne Arme, ihre Enden abgebro- chen. eine feine Borste einen der Arme hinunter gestoszen wird, so geht sie in die Spitze des hohlen Halses ein. Ob die Arme an ihren Enden offen oder geschlossen sind, konnte nicht ermittelt werden, da alle Exemplare zerbrochen waren; es scheint auch, als hätte sich Dr. War- ming nicht über diesen Punkt vergewissert. So viel über den äuszeren Bau. Innerlich ist der untere Theil Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 26
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0415" n="401"/><fw place="top" type="header">Cap. 18. Structur der Blätter.</fw><lb/> Dr. <hi rendition="#k">Warming</hi> gegebenen übereinstimmt. Der Schlauch (<hi rendition="#i">b</hi>) wird von<lb/> einer unbedeutenden Erweiterung der schmalen Scheibe des Blattes ge-<lb/> bildet. Ein hohler Hals (<hi rendition="#i">n</hi>), nicht weniger als fünfzehn Mal so lang<lb/> wie der Schlauch selbst, bildet einen Gang von der schrägen schlitz-<lb/> artigen Mündung (<hi rendition="#i">o</hi>) in die Höhlung des Schlauchs. Ein Schlauch.<lb/> welcher in seinem längeren Durchmesser <formula notation="TeX">\frac {1}{36}</formula> Zoll (0,705 Mm.) masz,<lb/> hatte einen Hals, welcher <formula notation="TeX">\frac {15}{36}</formula> Zoll (10,583 Mm.)<lb/> lang und <formula notation="TeX">\frac {1}{100}</formula> Zoll (0,254 Mm.) breit war. Auf<lb/> jeder Seite der Mündung ist ein langer spiraler<lb/> Arm oder eine Röhre (<hi rendition="#i">a</hi>), deren Bauart am Besten<lb/> durch folgende Erklärung verstanden werden wird.<lb/> Man nehme ein schmales Band und winde es spiral<lb/> um einen dünnen Cylinder, so dasz seine Ränder<lb/> der ganzen Länge entlang in Berührung kommen,<lb/> dann drücke man die beiden Bänder etwas zu-<lb/> sammen, so dasz sie eine kleine Leiste bilden,<lb/> welche sich natürlich um den Cylinder windet,<lb/> wie ein Faden um eine Schraube. Wenn der Cy-<lb/> linder nun entfernt wird, wird man eine Röhre<lb/> haben, welche einem der spiralen Arme gleich ist.<lb/> Die zwei vorspringenden Ränder sind nicht that-<lb/> sächlich verbunden, und eine Nadel kann leicht<lb/> zwischen ihnen durchgeschoben werden. Sie sind<lb/> in der That an vielen Stellen ein wenig von einan-<lb/> der getrennt, dadurch schmale Einlässe in die<lb/> Röhre bildend; aber dies kann das Resultat des<lb/> Trocknens der Exemplare sein. Die Platte, aus<lb/> der die Röhre gebildet wird, scheint eine seitliche<lb/> Verlängerung der Lippe der Mündung zu sein;<lb/> und die spirale Linie zwischen den zwei vorsprin-<lb/> genden Kanten steht mit dem Winkel der Mün-<lb/> dung in continuirlichem Zusammenhange. Wenn <figure><lb/><head>Fig. 29. <hi rendition="#i">(Genlisea ornata.)</hi><lb/> Schlauchtragendes Blatt.<lb/> ungefähr dreimal vergrös-<lb/> sert.<lb/><hi rendition="#i">l</hi> Oberer Theil der Blatt-<lb/> scheibe.<lb/><hi rendition="#i">b</hi> Schlauch oder Blase.<lb/><hi rendition="#i">n</hi> Hals des Schlauches.<lb/><hi rendition="#i">o</hi> Mündung.<lb/><hi rendition="#i">a</hi> Spiral gewundne Arme,<lb/> ihre Enden abgebro-<lb/> chen.</head></figure><lb/> eine feine Borste einen der Arme hinunter gestoszen wird, so geht<lb/> sie in die Spitze des hohlen Halses ein. Ob die Arme an ihren Enden<lb/> offen oder geschlossen sind, konnte nicht ermittelt werden, da alle<lb/> Exemplare zerbrochen waren; es scheint auch, als hätte sich Dr. <hi rendition="#k">War-<lb/> ming</hi> nicht über diesen Punkt vergewissert.</p><lb/> <p>So viel über den äuszeren Bau. Innerlich ist der untere Theil<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#k">Darwin</hi>, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 26</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [401/0415]
Cap. 18. Structur der Blätter.
Dr. Warming gegebenen übereinstimmt. Der Schlauch (b) wird von
einer unbedeutenden Erweiterung der schmalen Scheibe des Blattes ge-
bildet. Ein hohler Hals (n), nicht weniger als fünfzehn Mal so lang
wie der Schlauch selbst, bildet einen Gang von der schrägen schlitz-
artigen Mündung (o) in die Höhlung des Schlauchs. Ein Schlauch.
welcher in seinem längeren Durchmesser [FORMEL] Zoll (0,705 Mm.) masz,
hatte einen Hals, welcher [FORMEL] Zoll (10,583 Mm.)
lang und [FORMEL] Zoll (0,254 Mm.) breit war. Auf
jeder Seite der Mündung ist ein langer spiraler
Arm oder eine Röhre (a), deren Bauart am Besten
durch folgende Erklärung verstanden werden wird.
Man nehme ein schmales Band und winde es spiral
um einen dünnen Cylinder, so dasz seine Ränder
der ganzen Länge entlang in Berührung kommen,
dann drücke man die beiden Bänder etwas zu-
sammen, so dasz sie eine kleine Leiste bilden,
welche sich natürlich um den Cylinder windet,
wie ein Faden um eine Schraube. Wenn der Cy-
linder nun entfernt wird, wird man eine Röhre
haben, welche einem der spiralen Arme gleich ist.
Die zwei vorspringenden Ränder sind nicht that-
sächlich verbunden, und eine Nadel kann leicht
zwischen ihnen durchgeschoben werden. Sie sind
in der That an vielen Stellen ein wenig von einan-
der getrennt, dadurch schmale Einlässe in die
Röhre bildend; aber dies kann das Resultat des
Trocknens der Exemplare sein. Die Platte, aus
der die Röhre gebildet wird, scheint eine seitliche
Verlängerung der Lippe der Mündung zu sein;
und die spirale Linie zwischen den zwei vorsprin-
genden Kanten steht mit dem Winkel der Mün-
dung in continuirlichem Zusammenhange. Wenn
[Abbildung
Fig. 29. (Genlisea ornata.)
Schlauchtragendes Blatt.
ungefähr dreimal vergrös-
sert.
l Oberer Theil der Blatt-
scheibe.
b Schlauch oder Blase.
n Hals des Schlauches.
o Mündung.
a Spiral gewundne Arme,
ihre Enden abgebro-
chen.]
eine feine Borste einen der Arme hinunter gestoszen wird, so geht
sie in die Spitze des hohlen Halses ein. Ob die Arme an ihren Enden
offen oder geschlossen sind, konnte nicht ermittelt werden, da alle
Exemplare zerbrochen waren; es scheint auch, als hätte sich Dr. War-
ming nicht über diesen Punkt vergewissert.
So viel über den äuszeren Bau. Innerlich ist der untere Theil
Darwin, Insectenfressende Pflanzen. (VIII.) 26
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |