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Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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entstehen? Es zeigt sich ferner, dass nicht ein einziger Fall
vorliegt, in welchem ijas Secundärsuffix wäre. Man wird
also den Gedanken aufgeben müssen, als wäre vor ijas stets
ein Suffix ausgefallen, und vielmehr annehmen, dass das
Suffix ijas primäre Adjectiva bildet und die specielle Auf-
gabe hat, den Begriff der Wurzel besonders zu betonen.
Diese Andeutungen mögen genügen, um meine Behauptung
zu rechtfertigen, dass bei den Comparativen und Super-
lativen eine Verkürzung, wie Curtius sie annimmt, nicht
eingetreten ist.

Anders steht es mit den Kosenamen. Es unterliegt
keinem Zweifel, dass sie aus Vollnamen auf dem Wege einer
sonst nicht nachweisbaren Kürzung hervorgegangen sind,
und es ist klar, dass in Formen wie Bob aus Robert, Dick
aus Richard alle Lautgesetze auf den Kopf gestellt sind.
Wie sind diese seltsamen Vorgänge zu erklären? Offenbar
haben wir es hier mit Bildungen der Kindersprache zu thun,
die in die Sprache der Erwachsenen aufgenommen sind.
Man kann den Process auch heute noch beobachten. In
den Familienanzeigen unserer Zeitungen tauchen ja immer
zuversichtlicher Namen wie Lulu, Lili, Mimi u. s. w. auf,
die erst ganz vor Kurzem die Kinderstube verlassen haben,
und die der Standesbeamte vorderhand noch nicht als wirk-
liche Namen gelten lassen will. Ich sehe also die Kose-
namen als Lehnwörter an und kann deshalb die an ihnen
auftretenden Lauterscheinungen nicht als Ausnahmen gelten
lassen (s. oben S. 13). In den Einzeldarstellungen ist dann
zu zeigen, wie diese zum Theil formlosen Lehnwörter gram-
matisch umgeformt werden, und wie sich im Anschluss an
sie der Typus der kosenden Verkürzung ausbildet, der also
im System als Analogiebildung nach Lehnwörtern aufzu-
fassen wäre.

entstehen? Es zeigt sich ferner, dass nicht ein einziger Fall
vorliegt, in welchem ījas Secundärsuffix wäre. Man wird
also den Gedanken aufgeben müssen, als wäre vor ījas stets
ein Suffix ausgefallen, und vielmehr annehmen, dass das
Suffix ījas primäre Adjectiva bildet und die specielle Auf-
gabe hat, den Begriff der Wurzel besonders zu betonen.
Diese Andeutungen mögen genügen, um meine Behauptung
zu rechtfertigen, dass bei den Comparativen und Super-
lativen eine Verkürzung, wie Curtius sie annimmt, nicht
eingetreten ist.

Anders steht es mit den Kosenamen. Es unterliegt
keinem Zweifel, dass sie aus Vollnamen auf dem Wege einer
sonst nicht nachweisbaren Kürzung hervorgegangen sind,
und es ist klar, dass in Formen wie Bob aus Robert, Dick
aus Richard alle Lautgesetze auf den Kopf gestellt sind.
Wie sind diese seltsamen Vorgänge zu erklären? Offenbar
haben wir es hier mit Bildungen der Kindersprache zu thun,
die in die Sprache der Erwachsenen aufgenommen sind.
Man kann den Process auch heute noch beobachten. In
den Familienanzeigen unserer Zeitungen tauchen ja immer
zuversichtlicher Namen wie Lulu, Lili, Mimi u. s. w. auf,
die erst ganz vor Kurzem die Kinderstube verlassen haben,
und die der Standesbeamte vorderhand noch nicht als wirk-
liche Namen gelten lassen will. Ich sehe also die Kose-
namen als Lehnwörter an und kann deshalb die an ihnen
auftretenden Lauterscheinungen nicht als Ausnahmen gelten
lassen (s. oben S. 13). In den Einzeldarstellungen ist dann
zu zeigen, wie diese zum Theil formlosen Lehnwörter gram-
matisch umgeformt werden, und wie sich im Anschluss an
sie der Typus der kosenden Verkürzung ausbildet, der also
im System als Analogiebildung nach Lehnwörtern aufzu-
fassen wäre.

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[29/0034] entstehen? Es zeigt sich ferner, dass nicht ein einziger Fall vorliegt, in welchem ījas Secundärsuffix wäre. Man wird also den Gedanken aufgeben müssen, als wäre vor ījas stets ein Suffix ausgefallen, und vielmehr annehmen, dass das Suffix ījas primäre Adjectiva bildet und die specielle Auf- gabe hat, den Begriff der Wurzel besonders zu betonen. Diese Andeutungen mögen genügen, um meine Behauptung zu rechtfertigen, dass bei den Comparativen und Super- lativen eine Verkürzung, wie Curtius sie annimmt, nicht eingetreten ist. Anders steht es mit den Kosenamen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass sie aus Vollnamen auf dem Wege einer sonst nicht nachweisbaren Kürzung hervorgegangen sind, und es ist klar, dass in Formen wie Bob aus Robert, Dick aus Richard alle Lautgesetze auf den Kopf gestellt sind. Wie sind diese seltsamen Vorgänge zu erklären? Offenbar haben wir es hier mit Bildungen der Kindersprache zu thun, die in die Sprache der Erwachsenen aufgenommen sind. Man kann den Process auch heute noch beobachten. In den Familienanzeigen unserer Zeitungen tauchen ja immer zuversichtlicher Namen wie Lulu, Lili, Mimi u. s. w. auf, die erst ganz vor Kurzem die Kinderstube verlassen haben, und die der Standesbeamte vorderhand noch nicht als wirk- liche Namen gelten lassen will. Ich sehe also die Kose- namen als Lehnwörter an und kann deshalb die an ihnen auftretenden Lauterscheinungen nicht als Ausnahmen gelten lassen (s. oben S. 13). In den Einzeldarstellungen ist dann zu zeigen, wie diese zum Theil formlosen Lehnwörter gram- matisch umgeformt werden, und wie sich im Anschluss an sie der Typus der kosenden Verkürzung ausbildet, der also im System als Analogiebildung nach Lehnwörtern aufzu- fassen wäre.

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Zitationshilfe: Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885/34>, abgerufen am 21.11.2024.