Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844.Ländern und sie träumten von der Heimath; neben solchen, die mit dem Leben rangen, und sie harrten geduldig aus; neben Armen, und sie waren reich. Im Armenhause und im Lazarethe, im Kerker und in jedem Zufluchtsorte des Jammers, wo der Mensch in seiner kurzen ärmlichen Herrschaft dem Geiste die Thür verschlossen hatte, spendete er seinen Segen und lehrte Scrooge seine Weise. Es war eine lange Nacht, wenn es nur eine Nacht war; aber Scrooge zweifelte daran, denn die Weihnachtsfeiertage schienen in die Zeit, die sie mit einander zubrachten, zusammengedrängt zu sein. Es war auch sonderbar, daß während Scrooge äußerlich ganz unverändert blieb, der Geist offenbar älter wurde. Scrooge hatte diese Veränderung bemerkt, aber sprach nie davon, bis sie von einer Kinderweihnachtsgesellschaft weggingen, wo er bemerkte, daß des Geistes Haar grau geworden war. "Ist das Leben der Geister so kurz?" fragte Scrooge. "Mein Leben auf dieser Erde ist sehr kurz," sagte der Geist, "es endet noch diese Nacht." "Diese Nacht noch!" rief Scrooge. "Heute um Mitternacht. Horch, die Zeit nahet." Die Glocke schlug drei Viertel auf zwölf. "Vergieb mir, wenn ich nicht Recht thue, zu fragen," sagte jetzt Scrooge, scharf auf des Geistes Gewand blickend, "aber ich sehe etwas Seltsames, was nicht zu Dir gehört, unter Deinem Mantel hervorblicken. Ist es ein Fuß oder eine Klaue?" Ländern und sie träumten von der Heimath; neben solchen, die mit dem Leben rangen, und sie harrten geduldig aus; neben Armen, und sie waren reich. Im Armenhause und im Lazarethe, im Kerker und in jedem Zufluchtsorte des Jammers, wo der Mensch in seiner kurzen ärmlichen Herrschaft dem Geiste die Thür verschlossen hatte, spendete er seinen Segen und lehrte Scrooge seine Weise. Es war eine lange Nacht, wenn es nur eine Nacht war; aber Scrooge zweifelte daran, denn die Weihnachtsfeiertage schienen in die Zeit, die sie mit einander zubrachten, zusammengedrängt zu sein. Es war auch sonderbar, daß während Scrooge äußerlich ganz unverändert blieb, der Geist offenbar älter wurde. Scrooge hatte diese Veränderung bemerkt, aber sprach nie davon, bis sie von einer Kinderweihnachtsgesellschaft weggingen, wo er bemerkte, daß des Geistes Haar grau geworden war. „Ist das Leben der Geister so kurz?“ fragte Scrooge. „Mein Leben auf dieser Erde ist sehr kurz,“ sagte der Geist, „es endet noch diese Nacht.“ „Diese Nacht noch!“ rief Scrooge. „Heute um Mitternacht. Horch, die Zeit nahet.“ Die Glocke schlug drei Viertel auf zwölf. „Vergieb mir, wenn ich nicht Recht thue, zu fragen,“ sagte jetzt Scrooge, scharf auf des Geistes Gewand blickend, „aber ich sehe etwas Seltsames, was nicht zu Dir gehört, unter Deinem Mantel hervorblicken. Ist es ein Fuß oder eine Klaue?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="96"/> Ländern und sie träumten von der Heimath; neben solchen, die mit dem Leben rangen, und sie harrten geduldig aus; neben Armen, und sie waren reich. Im Armenhause und im Lazarethe, im Kerker und in jedem Zufluchtsorte des Jammers, wo der Mensch in seiner kurzen ärmlichen Herrschaft dem Geiste die Thür verschlossen hatte, spendete er seinen Segen und lehrte Scrooge seine Weise.</p> <p>Es war eine lange Nacht, wenn es nur eine Nacht war; aber Scrooge zweifelte daran, denn die Weihnachtsfeiertage schienen in die Zeit, die sie mit einander zubrachten, zusammengedrängt zu sein. Es war auch sonderbar, daß während Scrooge äußerlich ganz unverändert blieb, der Geist offenbar älter wurde. Scrooge hatte diese Veränderung bemerkt, aber sprach nie davon, bis sie von einer Kinderweihnachtsgesellschaft weggingen, wo er bemerkte, daß des Geistes Haar grau geworden war.</p> <p>„Ist das Leben der Geister so kurz?“ fragte Scrooge.</p> <p>„Mein Leben auf dieser Erde ist sehr kurz,“ sagte der Geist, „es endet noch diese Nacht.“</p> <p>„Diese Nacht noch!“ rief Scrooge.</p> <p>„Heute um Mitternacht. Horch, die Zeit nahet.“</p> <p>Die Glocke schlug drei Viertel auf zwölf.</p> <p>„Vergieb mir, wenn ich nicht Recht thue, zu fragen,“ sagte jetzt Scrooge, scharf auf des Geistes Gewand blickend, „aber ich sehe etwas Seltsames, was nicht zu Dir gehört, unter Deinem Mantel hervorblicken. Ist es ein Fuß oder eine Klaue?“</p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0096]
Ländern und sie träumten von der Heimath; neben solchen, die mit dem Leben rangen, und sie harrten geduldig aus; neben Armen, und sie waren reich. Im Armenhause und im Lazarethe, im Kerker und in jedem Zufluchtsorte des Jammers, wo der Mensch in seiner kurzen ärmlichen Herrschaft dem Geiste die Thür verschlossen hatte, spendete er seinen Segen und lehrte Scrooge seine Weise.
Es war eine lange Nacht, wenn es nur eine Nacht war; aber Scrooge zweifelte daran, denn die Weihnachtsfeiertage schienen in die Zeit, die sie mit einander zubrachten, zusammengedrängt zu sein. Es war auch sonderbar, daß während Scrooge äußerlich ganz unverändert blieb, der Geist offenbar älter wurde. Scrooge hatte diese Veränderung bemerkt, aber sprach nie davon, bis sie von einer Kinderweihnachtsgesellschaft weggingen, wo er bemerkte, daß des Geistes Haar grau geworden war.
„Ist das Leben der Geister so kurz?“ fragte Scrooge.
„Mein Leben auf dieser Erde ist sehr kurz,“ sagte der Geist, „es endet noch diese Nacht.“
„Diese Nacht noch!“ rief Scrooge.
„Heute um Mitternacht. Horch, die Zeit nahet.“
Die Glocke schlug drei Viertel auf zwölf.
„Vergieb mir, wenn ich nicht Recht thue, zu fragen,“ sagte jetzt Scrooge, scharf auf des Geistes Gewand blickend, „aber ich sehe etwas Seltsames, was nicht zu Dir gehört, unter Deinem Mantel hervorblicken. Ist es ein Fuß oder eine Klaue?“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-27T08:24:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-27T08:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat
(2012-11-27T08:24:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |