Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.vor der aufstrebenden Souveränität absolut regierender Landes- Um ein kleines Bild zu dieser Schilderung beizufügen, Als nach Beginn des 17. Jahrhunderts die Zeit 1) Thilo, "Zunftmeisterbräuche im alten Deutschen Reiche", in der "Zeitschrift für Handelsgewerbe" 1890. 2) Zur Reformationsgeschichte der freien Reichsstadt Frankfurt, herausgegeben von J. Diefenbach. Auch Dr. J. Döllinger sprach 1861 den Satz aus: "Verkürzung, Zurücksetzung, Beraubung der ärmeren Klassen ist allenthalben die Signatur der Reformation genannten Um- wälzung; gerade auf dem sozialpolitischen und ökonomischen Gebiete treten die verderblichen Folgen der sog. Reformation am grellsten zu Tage." 3) Nach der Darstellung des F. R. Ely in seinem Werke "Socialism" wünschen die englischen Sozialisten die Anwendung katholischer Prin- zipien auf die gegenwärtigen Verhältnisse, während sie die sozialen Übel dem Protestantismus zuschreiben. Cf. Hist.-pol. Blätter Bd. 116, 627. 4*
vor der aufſtrebenden Souveränität abſolut regierender Landes- Um ein kleines Bild zu dieſer Schilderung beizufügen, Als nach Beginn des 17. Jahrhunderts die Zeit 1) Thilo, „Zunftmeiſterbräuche im alten Deutſchen Reiche‟, in der „Zeitſchrift für Handelsgewerbe‟ 1890. 2) Zur Reformationsgeſchichte der freien Reichsſtadt Frankfurt, herausgegeben von J. Diefenbach. Auch Dr. J. Döllinger ſprach 1861 den Satz aus: „Verkürzung, Zurückſetzung, Beraubung der ärmeren Klaſſen iſt allenthalben die Signatur der Reformation genannten Um- wälzung; gerade auf dem ſozialpolitiſchen und ökonomiſchen Gebiete treten die verderblichen Folgen der ſog. Reformation am grellſten zu Tage.‟ 3) Nach der Darſtellung des F. R. Ely in ſeinem Werke „Socialism‟ wünſchen die engliſchen Sozialiſten die Anwendung katholiſcher Prin- zipien auf die gegenwärtigen Verhältniſſe, während ſie die ſozialen Übel dem Proteſtantismus zuſchreiben. Cf. Hiſt.-pol. Blätter Bd. 116, 627. 4*
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vor der aufſtrebenden Souveränität abſolut regierender Landes-
herren nach und nach verſchwand, hörten auch die Handwerks-
zünfte auf, im öffentlichen Leben ihre früher ſo bedeutende
Rolle zu ſpielen, bis ihnen dann ſchließlich nur noch die Aus-
übung des Gewerbebetriebes mit ſeinen Zwangs- und Bann-
rechten überlaſſen blieb 1).‟
Um ein kleines Bild zu dieſer Schilderung beizufügen,
hören wir aus Beda Webers „Reformationsgeſchichte der freien
Reichsſtadt Frankfurt‟ 2): „Die Geſellen der löblichen Schmiede-
zunft gingen ſo weit, daß ſie die ihrer Bruderſchaft gehörigen
Altargeräte, Fahnen, Bildniſſe und Koſtbarkeiten auf den
Plätzen der Stadt verſteigerten und die daraus gewonnenen
Gelder verpraßten. Das nannte man die ‚ſelige Frucht des
Wortes Gottes‛, den Beweis für die ‚ſeligmachende lutheriſche
Lehre‛, während man unter tieriſchem Gebrüll mit fremdem
Wein auf den ‚päpſtlichen Götzendienſt‛ das Pereat ausbrachte,
nach dem Vorgange der Studenten an den Thoren von
Wittenberg 3).‟
Als nach Beginn des 17. Jahrhunderts die Zeit
nahte, wo es möglich war, das erſte Jubiläum der deutſchen
Reformation 1617 zu begehen, da war die Gelegenheit und
1) Thilo, „Zunftmeiſterbräuche im alten Deutſchen Reiche‟, in der
„Zeitſchrift für Handelsgewerbe‟ 1890.
2) Zur Reformationsgeſchichte der freien Reichsſtadt Frankfurt,
herausgegeben von J. Diefenbach. Auch Dr. J. Döllinger ſprach 1861
den Satz aus: „Verkürzung, Zurückſetzung, Beraubung der ärmeren
Klaſſen iſt allenthalben die Signatur der Reformation genannten Um-
wälzung; gerade auf dem ſozialpolitiſchen und ökonomiſchen Gebiete
treten die verderblichen Folgen der ſog. Reformation am grellſten zu Tage.‟
3) Nach der Darſtellung des F. R. Ely in ſeinem Werke „Socialism‟
wünſchen die engliſchen Sozialiſten die Anwendung katholiſcher Prin-
zipien auf die gegenwärtigen Verhältniſſe, während ſie die ſozialen Übel
dem Proteſtantismus zuſchreiben. Cf. Hiſt.-pol. Blätter Bd. 116, 627.
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