Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.rein gefegt hat von der täglichen Gewohnheit pfäffiger "Nur wenn wir gerecht sind gegen andere, rein gefegt hat von der täglichen Gewohnheit pfäffiger „Nur wenn wir gerecht ſind gegen andere, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="60"/> rein gefegt hat von der täglichen Gewohnheit pfäffiger<lb/> Lüge; nehmen wir an, daß Sie völlig einen neuen Menſchen<lb/> anziehen wollten, anziehen könnten .........<lb/> Ja, ich verſchmähe es, mit Jhnen hierüber zu ſtreiten, wie<lb/> ich es verſchmähen würde, mit dem Betrüger über das Un-<lb/> moraliſche ſeiner Handlungsweiſe Anſichten und Jdeen zu<lb/> wechſeln. Aber ich rufe ihnen die Worte jenes franzöſiſchen<lb/> Deputierten zu, die er bei einer ähnlichen Gelegenheit aus-<lb/> ſprach: Jhr wollt frei ſein und verſteht noch nicht einmal<lb/><hi rendition="#g">gerecht</hi> zu ſein? Nein, meine Herren, nicht durch ſolche<lb/> ungerechte Mittel wird die Glaubensfreiheit errungen, die wir<lb/> erſtreben.‟</p><lb/> <p>„<hi rendition="#g">Nur wenn wir gerecht ſind gegen andere,<lb/> können wir Gerechtigkeit für uns fordern</hi>. Wo<lb/> ſteht denn überhaupt geſchrieben, daß nur eine einzige pro-<lb/> teſtantiſche Kirche ſein ſoll? Der Proteſtantismus kann nicht<lb/> nur in verſchiedenen Sekten ſich darſtellen, ſondern muß es<lb/> auch. Bei den verſchiedenen Glaubensrichtungen der heutigen<lb/> Zeit führt die Jdee einer einzigen Kirche notwendig zum<lb/> Glaubenszwange. Weſentlich verſchiedene Glaubensrichtungen<lb/> können nicht zuſammen in einer Kirche leben, ohne daß die<lb/> eine oder die andere unterdrückt wird. Das Zuſammenbleiben<lb/> derſelben führt zum Glaubenszwange, auch wenn der Staat<lb/> ſich nicht hineinmiſcht. ..... Der einzige große Sieg, den<lb/> die Freiheit in Preußen kürzlich gewonnen hat, es iſt die<lb/> wiedererrungene Sektenfreiheit! Meine Herren, benutzen Sie<lb/> dieſe Freiheit, bilden Sie eine neue Sekte, wenn Sie Kraft<lb/> und inneren Beruf in ſich fühlen. Und wenn nicht, ſo legen<lb/> Sie lieber ihre Ämter nieder und entſagen Sie der traurigen<lb/> Alternative, entweder <hi rendition="#g">Lügner</hi> oder <hi rendition="#g">Unterdrücker</hi> zu ſein.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [60/0072]
rein gefegt hat von der täglichen Gewohnheit pfäffiger
Lüge; nehmen wir an, daß Sie völlig einen neuen Menſchen
anziehen wollten, anziehen könnten .........
Ja, ich verſchmähe es, mit Jhnen hierüber zu ſtreiten, wie
ich es verſchmähen würde, mit dem Betrüger über das Un-
moraliſche ſeiner Handlungsweiſe Anſichten und Jdeen zu
wechſeln. Aber ich rufe ihnen die Worte jenes franzöſiſchen
Deputierten zu, die er bei einer ähnlichen Gelegenheit aus-
ſprach: Jhr wollt frei ſein und verſteht noch nicht einmal
gerecht zu ſein? Nein, meine Herren, nicht durch ſolche
ungerechte Mittel wird die Glaubensfreiheit errungen, die wir
erſtreben.‟
„Nur wenn wir gerecht ſind gegen andere,
können wir Gerechtigkeit für uns fordern. Wo
ſteht denn überhaupt geſchrieben, daß nur eine einzige pro-
teſtantiſche Kirche ſein ſoll? Der Proteſtantismus kann nicht
nur in verſchiedenen Sekten ſich darſtellen, ſondern muß es
auch. Bei den verſchiedenen Glaubensrichtungen der heutigen
Zeit führt die Jdee einer einzigen Kirche notwendig zum
Glaubenszwange. Weſentlich verſchiedene Glaubensrichtungen
können nicht zuſammen in einer Kirche leben, ohne daß die
eine oder die andere unterdrückt wird. Das Zuſammenbleiben
derſelben führt zum Glaubenszwange, auch wenn der Staat
ſich nicht hineinmiſcht. ..... Der einzige große Sieg, den
die Freiheit in Preußen kürzlich gewonnen hat, es iſt die
wiedererrungene Sektenfreiheit! Meine Herren, benutzen Sie
dieſe Freiheit, bilden Sie eine neue Sekte, wenn Sie Kraft
und inneren Beruf in ſich fühlen. Und wenn nicht, ſo legen
Sie lieber ihre Ämter nieder und entſagen Sie der traurigen
Alternative, entweder Lügner oder Unterdrücker zu ſein.
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