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Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.

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weit mehr auf die Form als den Inhalt, Alles auf die Me-
thode
.

Darum verlangen wir eine geistweckende, geistbildende
Lehrmethode.

3) Die zweite Forderung in dem Gebiete der positiven
Veranstaltungen der akademischen Jugend verlangt als
höchsten Inhalt der Vorträge belebende Ideen --
Hochbilder, Hochgedanken, Ideale.

Mit der Gründlichkeit des Unterrichts, mit einer geist-
stählenden Methode ist es nicht genug. Die Form muß er-
füllt werden von dem rechten Gehalt. Der reifende Jüngling
strebt nach dem Realen, das sich in seiner Phantasie zum
Idealen, Höchsten, Vollendetesten verklärt. Das eigentliche,
innere Glück dieser Zeit besteht in dem Ergriffensein von Ideen,
darin, daß dem Jüngling die höchsten Gedanken in ihrer Er-
habenheit erscheinen, und daß er so von ihnen gefaßt wird,
daß er nicht nur auf Augenblicke, sondern für immer von
dem großen Entschlusse, der Verwirklichung derselben sein Le-
ben zu widmen, sich beseelt und begeistert fühlt. Wohl, das
Leben streift von diesen Hochgedanken und Hochgefühlen Man-
ches ab; aber in dem wahrhaft durch das akademische Leben
Verklärten halten sie das Leben hindurch vor, nimmer ver-
schwindend. Die Hochschule hat die Bestimmung, diese Hoch-
gedanken, dieses höhere Leben in ihren Zöglingen zu begrün-
den, den Geist der Jünglinge für die Ideale reif zu machen.
Die wichtigsten sind: wissenschaftliche Ausbildung,
Förderung geistiger Interessen der Nation, die
erhabenen Gedanken der Tugend- und Pflicht-
übung in geistigem Berufsleben, Entwicklung der
Nationalität in Aufopferungsfähigkeit, Ehre

weit mehr auf die Form als den Inhalt, Alles auf die Me-
thode
.

Darum verlangen wir eine geiſtweckende, geiſtbildende
Lehrmethode.

3) Die zweite Forderung in dem Gebiete der poſitiven
Veranſtaltungen der akademiſchen Jugend verlangt als
hoͤchſten Inhalt der Vortraͤge belebende Ideen
Hochbilder, Hochgedanken, Ideale.

Mit der Gruͤndlichkeit des Unterrichts, mit einer geiſt-
ſtaͤhlenden Methode iſt es nicht genug. Die Form muß er-
fuͤllt werden von dem rechten Gehalt. Der reifende Juͤngling
ſtrebt nach dem Realen, das ſich in ſeiner Phantaſie zum
Idealen, Hoͤchſten, Vollendeteſten verklaͤrt. Das eigentliche,
innere Gluͤck dieſer Zeit beſteht in dem Ergriffenſein von Ideen,
darin, daß dem Juͤngling die hoͤchſten Gedanken in ihrer Er-
habenheit erſcheinen, und daß er ſo von ihnen gefaßt wird,
daß er nicht nur auf Augenblicke, ſondern fuͤr immer von
dem großen Entſchluſſe, der Verwirklichung derſelben ſein Le-
ben zu widmen, ſich beſeelt und begeiſtert fuͤhlt. Wohl, das
Leben ſtreift von dieſen Hochgedanken und Hochgefuͤhlen Man-
ches ab; aber in dem wahrhaft durch das akademiſche Leben
Verklaͤrten halten ſie das Leben hindurch vor, nimmer ver-
ſchwindend. Die Hochſchule hat die Beſtimmung, dieſe Hoch-
gedanken, dieſes hoͤhere Leben in ihren Zoͤglingen zu begruͤn-
den, den Geiſt der Juͤnglinge fuͤr die Ideale reif zu machen.
Die wichtigſten ſind: wiſſenſchaftliche Ausbildung,
Foͤrderung geiſtiger Intereſſen der Nation, die
erhabenen Gedanken der Tugend- und Pflicht-
uͤbung in geiſtigem Berufsleben, Entwicklung der
Nationalitaͤt in Aufopferungsfaͤhigkeit, Ehre

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[17/0035] weit mehr auf die Form als den Inhalt, Alles auf die Me- thode. Darum verlangen wir eine geiſtweckende, geiſtbildende Lehrmethode. 3) Die zweite Forderung in dem Gebiete der poſitiven Veranſtaltungen der akademiſchen Jugend verlangt als hoͤchſten Inhalt der Vortraͤge belebende Ideen — Hochbilder, Hochgedanken, Ideale. Mit der Gruͤndlichkeit des Unterrichts, mit einer geiſt- ſtaͤhlenden Methode iſt es nicht genug. Die Form muß er- fuͤllt werden von dem rechten Gehalt. Der reifende Juͤngling ſtrebt nach dem Realen, das ſich in ſeiner Phantaſie zum Idealen, Hoͤchſten, Vollendeteſten verklaͤrt. Das eigentliche, innere Gluͤck dieſer Zeit beſteht in dem Ergriffenſein von Ideen, darin, daß dem Juͤngling die hoͤchſten Gedanken in ihrer Er- habenheit erſcheinen, und daß er ſo von ihnen gefaßt wird, daß er nicht nur auf Augenblicke, ſondern fuͤr immer von dem großen Entſchluſſe, der Verwirklichung derſelben ſein Le- ben zu widmen, ſich beſeelt und begeiſtert fuͤhlt. Wohl, das Leben ſtreift von dieſen Hochgedanken und Hochgefuͤhlen Man- ches ab; aber in dem wahrhaft durch das akademiſche Leben Verklaͤrten halten ſie das Leben hindurch vor, nimmer ver- ſchwindend. Die Hochſchule hat die Beſtimmung, dieſe Hoch- gedanken, dieſes hoͤhere Leben in ihren Zoͤglingen zu begruͤn- den, den Geiſt der Juͤnglinge fuͤr die Ideale reif zu machen. Die wichtigſten ſind: wiſſenſchaftliche Ausbildung, Foͤrderung geiſtiger Intereſſen der Nation, die erhabenen Gedanken der Tugend- und Pflicht- uͤbung in geiſtigem Berufsleben, Entwicklung der Nationalitaͤt in Aufopferungsfaͤhigkeit, Ehre

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Zitationshilfe: Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/35>, abgerufen am 09.11.2024.