Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.der Jünglinge haben muß, die in diesen ihren Lehrern Vor- Die Schwäche, die Bodenlosigkeit des sittlichen und er- Ich habe Politisch-Angeklagte in der hiesigen Hausvoigtei der Juͤnglinge haben muß, die in dieſen ihren Lehrern Vor- Die Schwaͤche, die Bodenloſigkeit des ſittlichen und er- Ich habe Politiſch-Angeklagte in der hieſigen Hausvoigtei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0075" n="57"/> der Juͤnglinge haben muß, die in dieſen ihren Lehrern Vor-<lb/> bilder fuͤr das Leben finden ſollen. Denn unendlich wichtig<lb/> iſt es fuͤr den heranreifenden Mann, ob er zu Hochbildern<lb/> hinaufſchaut, oder ob ihn die, die aͤußerlich hochgeſtellt ſind<lb/> und in mancher Beziehung, wenigſtens in der Ferne glaͤnzen,<lb/> in der Naͤhe als Menſchen erſcheinen, die dieſer Achtung un-<lb/> werth ſind. Jene bittere Kritik iſt auf der einen Seite die<lb/> Rachegoͤttin, welche die Profeſſoren verfolgt, wenn ſie nicht<lb/> ſind, wie ſie ſein ſollten; auf der andern Seite ein Zeichen<lb/> der (durch natuͤrliche Urſachen herbeigefuͤhrten) Verderbtheit<lb/> der Geſinnung der Studenten, durch deren Mittheilung ſie das<lb/> Hochgefuͤhl der auf der Univerſitaͤt Ankommenden vernichten.<lb/> Denn wie man von den Menſchen denkt, ſo wirken ſie auf<lb/> uns. Wie kann der, der uns Nichtachtung, wo nicht gar<lb/> Verachtung einfloͤßt, veredelnd auf uns wirken? — Sinkt<lb/> unſere Meinung von den Menſchen, beſonders von hochſtehen-<lb/> den, ſo ſinken wir mit. Darum ſind im Leben nicht geach-<lb/> tete, verachtete Lehrer, auch wenn ſie durch Gelehrſamkeit<lb/> glaͤnzen, die Verderber der Jugend.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Die Schwaͤche, die Bodenloſigkeit des ſittlichen und er-<lb/> ziehlichen Verhaͤltniſſes zwiſchen Profeſſoren und Studenten<lb/> haben die heilloſen demagogiſchen Umtriebe der Studenten<lb/><hi rendition="#g">vollends</hi> mir aufgedeckt, und wer bis hieher der Meinung<lb/> geblieben, daß die Klage, die ich gegen die Lehrer erhebe, des<lb/> realen Grundes entbehre, der wird weiterhin nicht bei ſeiner<lb/> Meinung beharren koͤnnen.</p><lb/> <p>Ich habe Politiſch-Angeklagte in der hieſigen Hausvoigtei<lb/> beſucht, Soͤhne alter Freunde und Bekannten (— denn Chri-<lb/> ſtus ſpricht: „Ich bin gefangen geweſen, und du haſt mich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0075]
der Juͤnglinge haben muß, die in dieſen ihren Lehrern Vor-
bilder fuͤr das Leben finden ſollen. Denn unendlich wichtig
iſt es fuͤr den heranreifenden Mann, ob er zu Hochbildern
hinaufſchaut, oder ob ihn die, die aͤußerlich hochgeſtellt ſind
und in mancher Beziehung, wenigſtens in der Ferne glaͤnzen,
in der Naͤhe als Menſchen erſcheinen, die dieſer Achtung un-
werth ſind. Jene bittere Kritik iſt auf der einen Seite die
Rachegoͤttin, welche die Profeſſoren verfolgt, wenn ſie nicht
ſind, wie ſie ſein ſollten; auf der andern Seite ein Zeichen
der (durch natuͤrliche Urſachen herbeigefuͤhrten) Verderbtheit
der Geſinnung der Studenten, durch deren Mittheilung ſie das
Hochgefuͤhl der auf der Univerſitaͤt Ankommenden vernichten.
Denn wie man von den Menſchen denkt, ſo wirken ſie auf
uns. Wie kann der, der uns Nichtachtung, wo nicht gar
Verachtung einfloͤßt, veredelnd auf uns wirken? — Sinkt
unſere Meinung von den Menſchen, beſonders von hochſtehen-
den, ſo ſinken wir mit. Darum ſind im Leben nicht geach-
tete, verachtete Lehrer, auch wenn ſie durch Gelehrſamkeit
glaͤnzen, die Verderber der Jugend.
Die Schwaͤche, die Bodenloſigkeit des ſittlichen und er-
ziehlichen Verhaͤltniſſes zwiſchen Profeſſoren und Studenten
haben die heilloſen demagogiſchen Umtriebe der Studenten
vollends mir aufgedeckt, und wer bis hieher der Meinung
geblieben, daß die Klage, die ich gegen die Lehrer erhebe, des
realen Grundes entbehre, der wird weiterhin nicht bei ſeiner
Meinung beharren koͤnnen.
Ich habe Politiſch-Angeklagte in der hieſigen Hausvoigtei
beſucht, Soͤhne alter Freunde und Bekannten (— denn Chri-
ſtus ſpricht: „Ich bin gefangen geweſen, und du haſt mich
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