Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.[Abbildung]
Hamburg i.J.1664. - Aus: Gottfried Schütze "Die Geschichte von Hamburg" (1775) und über ging und ofte das Schiff mit Wellen bedeckte, daß man meinete: alles würde in Grund gehen. Die Wellen stiegen himmelan und fielen im Augenblick wieder in die Tiefe, daß einem die Haar aufm Kopf sauseten und in die Höhe stiegen.Mein Schiff hieß: "Die Hoffnung von Rotterdam" und hatte sechzundzwanzig Stücke und fünfundvierzig Leute auf. Die Stück rissen sich einigemal los (mit sambt die Kisten) und fuhren mit all den Kerln untereinander von einem Bord zum andern. Ich selbst rädelte mich mit einem Strick an'n Mast, weil ich weder sitzen, liegen oder stehen konnte. - Da war Not und Angst. Da war nicht einer, wenn er auch dreißig Jahr zur See gefahren, der nicht see- und totkrank gewesen. Ich wußte nicht mehr, wer ich [Abbildung]
Hamburg i.J.1664. – Aus: Gottfried Schütze „Die Geschichte von Hamburg“ (1775) und über ging und ofte das Schiff mit Wellen bedeckte, daß man meinete: alles würde in Grund gehen. Die Wellen stiegen himmelan und fielen im Augenblick wieder in die Tiefe, daß einem die Haar aufm Kopf sauseten und in die Höhe stiegen.Mein Schiff hieß: „Die Hoffnung von Rotterdam“ und hatte sechzundzwanzig Stücke und fünfundvierzig Leute auf. Die Stück rissen sich einigemal los (mit sambt die Kisten) und fuhren mit all den Kerln untereinander von einem Bord zum andern. Ich selbst rädelte mich mit einem Strick an’n Mast, weil ich weder sitzen, liegen oder stehen konnte. – Da war Not und Angst. Da war nicht einer, wenn er auch dreißig Jahr zur See gefahren, der nicht see- und totkrank gewesen. Ich wußte nicht mehr, wer ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124"/><figure><head>Hamburg i.J.1664. – Aus: Gottfried Schütze „Die Geschichte von Hamburg“ (1775)</head><lb/></figure><lb/> und über ging und ofte das Schiff mit Wellen bedeckte, daß man meinete: alles würde in Grund gehen. Die Wellen stiegen himmelan und fielen im Augenblick wieder in die Tiefe, daß einem die Haar aufm Kopf sauseten und in die Höhe stiegen.</p> <p>Mein Schiff hieß: „Die Hoffnung von Rotterdam“ und hatte sechzundzwanzig Stücke und fünfundvierzig Leute auf. Die Stück rissen sich einigemal los (mit sambt die Kisten) und fuhren mit all den Kerln untereinander von einem Bord zum andern. Ich selbst rädelte mich mit einem Strick an’n Mast, weil ich weder sitzen, liegen oder stehen konnte. – Da war Not und Angst. Da war nicht einer, wenn er auch dreißig Jahr zur See gefahren, der nicht see- und totkrank gewesen. Ich wußte nicht mehr, wer ich </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0124]
[Abbildung Hamburg i.J.1664. – Aus: Gottfried Schütze „Die Geschichte von Hamburg“ (1775)
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und über ging und ofte das Schiff mit Wellen bedeckte, daß man meinete: alles würde in Grund gehen. Die Wellen stiegen himmelan und fielen im Augenblick wieder in die Tiefe, daß einem die Haar aufm Kopf sauseten und in die Höhe stiegen.
Mein Schiff hieß: „Die Hoffnung von Rotterdam“ und hatte sechzundzwanzig Stücke und fünfundvierzig Leute auf. Die Stück rissen sich einigemal los (mit sambt die Kisten) und fuhren mit all den Kerln untereinander von einem Bord zum andern. Ich selbst rädelte mich mit einem Strick an’n Mast, weil ich weder sitzen, liegen oder stehen konnte. – Da war Not und Angst. Da war nicht einer, wenn er auch dreißig Jahr zur See gefahren, der nicht see- und totkrank gewesen. Ich wußte nicht mehr, wer ich
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