Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.und wo ich war, ganz dumm, mit stetem Brechen und unter sich machen, salvo honore. Wir mußten alle Segel einnehmen; und da spielete das wütende Meer mit unserm Schiff und warf es von einer Seite zur andern. Da war ein Geschrei und Arbeit oben, daß einem die Haar zu Berge stunden. Zuletzt kam ein grausames Donnern und Blitzen, so auf der See viel heftiger als aufm Lande ist, dazu. Das währete so drei, bis in die vierte Stunde. Weil ich nun sehr krank war und von mir selbst nichts mehr wußte, hatten sie mich in meine Koje oder Hängematte, so an vier Zipfeln bei dem Mast hing, geleget. Da wurde ich recht in der Luft gewieget, bisweiln, wann eine große Woge ans Schiff schlug, schleuderte ich an den Mast, daß mir die Rippen wehe thaten. Es half nichts. Ich sollte andern helfen und konnte mir selbst mit keinem Finger helfen! Da lag ich als ein armer Wurm. Doch kam der Kapitän etliche mal zu mir, gab mir was ein und tröstet mich: es würde bald besser werden. Endlich ward es wieder Moy-Wetter und die See und Wind höreten auf mit Wüten. Da wurd Gebet geläutet und geschrieen. Ich konnte aber nicht aufstehen. Nachdem, zum Schaffen oder Essen geläutet. Aber da grauete mir vor, wenn ich's nur roche. Denn die Kambuse, oder Feuerherd, stund nicht weit von meiner Matte. - Ich besann mich endlich auf eine Mixtur von spiritus vitrioli, Viol-Zaft und frisch Wasser. Das machte ich mir, und that mir gut, bis ich wieder zurecht war. Wir fuhren wohl drei Wochen, ehe wir ins Eis kommen konnten; denn es war fest geschlossen, daß wir ganz hoch, fast bis Grönland, welches mit Amerika grenzet, segeln mußten. Da waren unsere beiden andern Schiff von uns weg und wo ich war, ganz dumm, mit stetem Brechen und unter sich machen, salvo honore. Wir mußten alle Segel einnehmen; und da spielete das wütende Meer mit unserm Schiff und warf es von einer Seite zur andern. Da war ein Geschrei und Arbeit oben, daß einem die Haar zu Berge stunden. Zuletzt kam ein grausames Donnern und Blitzen, so auf der See viel heftiger als aufm Lande ist, dazu. Das währete so drei, bis in die vierte Stunde. Weil ich nun sehr krank war und von mir selbst nichts mehr wußte, hatten sie mich in meine Koje oder Hängematte, so an vier Zipfeln bei dem Mast hing, geleget. Da wurde ich recht in der Luft gewieget, bisweiln, wann eine große Woge ans Schiff schlug, schleuderte ich an den Mast, daß mir die Rippen wehe thaten. Es half nichts. Ich sollte andern helfen und konnte mir selbst mit keinem Finger helfen! Da lag ich als ein armer Wurm. Doch kam der Kapitän etliche mal zu mir, gab mir was ein und tröstet mich: es würde bald besser werden. Endlich ward es wieder Moy-Wetter und die See und Wind höreten auf mit Wüten. Da wurd Gebet geläutet und geschrieen. Ich konnte aber nicht aufstehen. Nachdem, zum Schaffen oder Essen geläutet. Aber da grauete mir vor, wenn ich’s nur roche. Denn die Kambuse, oder Feuerherd, stund nicht weit von meiner Matte. – Ich besann mich endlich auf eine Mixtur von spiritus vitrioli, Viol-Zaft und frisch Wasser. Das machte ich mir, und that mir gut, bis ich wieder zurecht war. Wir fuhren wohl drei Wochen, ehe wir ins Eis kommen konnten; denn es war fest geschlossen, daß wir ganz hoch, fast bis Grönland, welches mit Amerika grenzet, segeln mußten. Da waren unsere beiden andern Schiff von uns weg <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125"/> und wo ich war, ganz dumm, mit stetem Brechen und unter sich machen, <hi rendition="#aq">salvo honore</hi>.</p> <p>Wir mußten alle Segel einnehmen; und da spielete das wütende Meer mit unserm Schiff und warf es von einer Seite zur andern. Da war ein Geschrei und Arbeit oben, daß einem die Haar zu Berge stunden. Zuletzt kam ein grausames Donnern und Blitzen, so auf der See viel heftiger als aufm Lande ist, dazu. Das währete so drei, bis in die vierte Stunde.</p> <p>Weil ich nun sehr krank war und von mir selbst nichts mehr wußte, hatten sie mich in meine Koje oder Hängematte, so an vier Zipfeln bei dem Mast hing, geleget. Da wurde ich recht in der Luft gewieget, bisweiln, wann eine große Woge ans Schiff schlug, schleuderte ich an den Mast, daß mir die Rippen wehe thaten. Es half nichts. Ich sollte andern helfen und konnte mir selbst mit keinem Finger helfen! Da lag ich als ein armer Wurm. Doch kam der Kapitän etliche mal zu mir, gab mir was ein und tröstet mich: es würde bald besser werden.</p> <p>Endlich ward es wieder Moy-Wetter und die See und Wind höreten auf mit Wüten. Da wurd Gebet geläutet und geschrieen. Ich konnte aber nicht aufstehen. Nachdem, zum Schaffen oder Essen geläutet. Aber da grauete mir vor, wenn ich’s nur roche. Denn die Kambuse, oder Feuerherd, stund nicht weit von meiner Matte. – Ich besann mich endlich auf eine Mixtur von <hi rendition="#aq">spiritus vitrioli</hi>, Viol-Zaft und frisch Wasser. Das machte ich mir, und that mir gut, bis ich wieder zurecht war.</p> <p><hi rendition="#in">W</hi>ir fuhren wohl drei Wochen, ehe wir ins Eis kommen konnten; denn es war fest geschlossen, daß wir ganz hoch, fast bis Grönland, welches mit Amerika grenzet, segeln mußten.</p> <p>Da waren unsere beiden andern Schiff von uns weg </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0125]
und wo ich war, ganz dumm, mit stetem Brechen und unter sich machen, salvo honore.
Wir mußten alle Segel einnehmen; und da spielete das wütende Meer mit unserm Schiff und warf es von einer Seite zur andern. Da war ein Geschrei und Arbeit oben, daß einem die Haar zu Berge stunden. Zuletzt kam ein grausames Donnern und Blitzen, so auf der See viel heftiger als aufm Lande ist, dazu. Das währete so drei, bis in die vierte Stunde.
Weil ich nun sehr krank war und von mir selbst nichts mehr wußte, hatten sie mich in meine Koje oder Hängematte, so an vier Zipfeln bei dem Mast hing, geleget. Da wurde ich recht in der Luft gewieget, bisweiln, wann eine große Woge ans Schiff schlug, schleuderte ich an den Mast, daß mir die Rippen wehe thaten. Es half nichts. Ich sollte andern helfen und konnte mir selbst mit keinem Finger helfen! Da lag ich als ein armer Wurm. Doch kam der Kapitän etliche mal zu mir, gab mir was ein und tröstet mich: es würde bald besser werden.
Endlich ward es wieder Moy-Wetter und die See und Wind höreten auf mit Wüten. Da wurd Gebet geläutet und geschrieen. Ich konnte aber nicht aufstehen. Nachdem, zum Schaffen oder Essen geläutet. Aber da grauete mir vor, wenn ich’s nur roche. Denn die Kambuse, oder Feuerherd, stund nicht weit von meiner Matte. – Ich besann mich endlich auf eine Mixtur von spiritus vitrioli, Viol-Zaft und frisch Wasser. Das machte ich mir, und that mir gut, bis ich wieder zurecht war.
Wir fuhren wohl drei Wochen, ehe wir ins Eis kommen konnten; denn es war fest geschlossen, daß wir ganz hoch, fast bis Grönland, welches mit Amerika grenzet, segeln mußten.
Da waren unsere beiden andern Schiff von uns weg
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition
(2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition
(2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |