Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Er schickete durch seinen Vetter, den Kajüt-Wächter - das Volt wieder zu versöhnen - Bier, Franzbranntwein, Wein und alles gnug, es auszuteilen. Endlich kam er selbst herfür und exküsieret' sich auf alle Weise. Die Zimmerleute und Schiemänner mußten das Loch wieder mit Bohlen, Werg und Teer zumachen. Das währete drei Tage. Hernach legten wir den Kurs ins offne Meer. Aber da gab es wieder große Gefahr, indem die Eisschollen, welche an der Kante liegen, durch die Gewalt des Windes und der Wellen ans Schiff so hart geschmissen worden, daß die Spähne, als hätte sie ein Zimmermann abgehauen, davonflogen. Hier mußten die Leute mit dem Eishaken scharf wehren. Ich half selbsten, so gut ich konnte. Endlich kamen wir heraus, in die offne See, und danketen GOtt in einer Bet- und Singstunde, daß uns dei leiwe HErr beholen hatte. Ich bekam von dem großen Schreck, Angst und Alteration, so mir in den Darmen geschlagen, erschröcklich'n Schmerz, daß ich nicht wußte, was ich anfangen sollte. Ich brauchte alles, womit ich sonst andern den Wurm kurieret; aber nichts wollte helfen, bis der Kommandeur zu mir kam und fragte: "Mester, wat schort ju?" - Ich sagts ihn. - "Ju bindt een Mester, und kunt ju silbst nit helfe? legt ju warmen Strundt ub." (Weil ihm dergleichen in See bekannt.) - Ich that solches, von stund an hatte ich Linderung, und half mir. Wir legten unsern Kurs südwest an und bekamen in sechs Tagen die nordische Küsten ins Gesicht. Unterwegs war schön Wetter und mäßiger Wind. Und hatten sich viel Seehunde da gelagert, viel schwammen noch in See, nicht anders, als badende Hall-Jungen mit den Er schickete durch seinen Vetter, den Kajüt-Wächter – das Volt wieder zu versöhnen – Bier, Franzbranntwein, Wein und alles gnug, es auszuteilen. Endlich kam er selbst herfür und exküsieret’ sich auf alle Weise. Die Zimmerleute und Schiemänner mußten das Loch wieder mit Bohlen, Werg und Teer zumachen. Das währete drei Tage. Hernach legten wir den Kurs ins offne Meer. Aber da gab es wieder große Gefahr, indem die Eisschollen, welche an der Kante liegen, durch die Gewalt des Windes und der Wellen ans Schiff so hart geschmissen worden, daß die Spähne, als hätte sie ein Zimmermann abgehauen, davonflogen. Hier mußten die Leute mit dem Eishaken scharf wehren. Ich half selbsten, so gut ich konnte. Endlich kamen wir heraus, in die offne See, und danketen GOtt in einer Bet- und Singstunde, daß uns dei leiwe HErr beholen hatte. Ich bekam von dem großen Schreck, Angst und Alteration, so mir in den Darmen geschlagen, erschröcklich’n Schmerz, daß ich nicht wußte, was ich anfangen sollte. Ich brauchte alles, womit ich sonst andern den Wurm kurieret; aber nichts wollte helfen, bis der Kommandeur zu mir kam und fragte: „Mester, wat schort ju?“ – Ich sagts ihn. – „Ju bindt een Mester, und kunt ju silbst nit helfe? legt ju warmen Strundt ub.“ (Weil ihm dergleichen in See bekannt.) – Ich that solches, von stund an hatte ich Linderung, und half mir. Wir legten unsern Kurs südwest an und bekamen in sechs Tagen die nordische Küsten ins Gesicht. Unterwegs war schön Wetter und mäßiger Wind. Und hatten sich viel Seehunde da gelagert, viel schwammen noch in See, nicht anders, als badende Hall-Jungen mit den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0165"/> <p>Er schickete durch seinen Vetter, den Kajüt-Wächter – das Volt wieder zu versöhnen – Bier, Franzbranntwein, Wein und alles gnug, es auszuteilen. Endlich kam er selbst herfür und exküsieret’ sich auf alle Weise.</p> <p>Die Zimmerleute und Schiemänner mußten das Loch wieder mit Bohlen, Werg und Teer zumachen. Das währete drei Tage. Hernach legten wir den Kurs ins offne Meer.</p> <p>Aber da gab es wieder große Gefahr, indem die Eisschollen, welche an der Kante liegen, durch die Gewalt des Windes und der Wellen ans Schiff so hart geschmissen worden, daß die Spähne, als hätte sie ein Zimmermann abgehauen, davonflogen. Hier mußten die Leute mit dem Eishaken scharf wehren. Ich half selbsten, so gut ich konnte. Endlich kamen wir heraus, in die offne See, und danketen GOtt in einer Bet- und Singstunde, daß uns dei leiwe HErr beholen hatte.</p> <p><hi rendition="#in">I</hi>ch bekam von dem großen Schreck, Angst und Alteration, so mir in den Darmen geschlagen, erschröcklich’n Schmerz, daß ich nicht wußte, was ich anfangen sollte. Ich brauchte alles, womit ich sonst andern den Wurm kurieret; aber nichts wollte helfen, bis der Kommandeur zu mir kam und fragte: „Mester, wat schort ju?“ – Ich sagts ihn. – „Ju bindt een Mester, und kunt ju silbst nit helfe? legt ju warmen Strundt ub.“ (Weil ihm dergleichen in See bekannt.) – Ich that solches, von stund an hatte ich Linderung, und half mir.</p> <p><hi rendition="#in">W</hi>ir legten unsern Kurs südwest an und bekamen in sechs Tagen die nordische Küsten ins Gesicht. Unterwegs war schön Wetter und mäßiger Wind. Und hatten sich viel Seehunde da gelagert, viel schwammen noch in See, nicht anders, als badende Hall-Jungen mit den </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0165]
Er schickete durch seinen Vetter, den Kajüt-Wächter – das Volt wieder zu versöhnen – Bier, Franzbranntwein, Wein und alles gnug, es auszuteilen. Endlich kam er selbst herfür und exküsieret’ sich auf alle Weise.
Die Zimmerleute und Schiemänner mußten das Loch wieder mit Bohlen, Werg und Teer zumachen. Das währete drei Tage. Hernach legten wir den Kurs ins offne Meer.
Aber da gab es wieder große Gefahr, indem die Eisschollen, welche an der Kante liegen, durch die Gewalt des Windes und der Wellen ans Schiff so hart geschmissen worden, daß die Spähne, als hätte sie ein Zimmermann abgehauen, davonflogen. Hier mußten die Leute mit dem Eishaken scharf wehren. Ich half selbsten, so gut ich konnte. Endlich kamen wir heraus, in die offne See, und danketen GOtt in einer Bet- und Singstunde, daß uns dei leiwe HErr beholen hatte.
Ich bekam von dem großen Schreck, Angst und Alteration, so mir in den Darmen geschlagen, erschröcklich’n Schmerz, daß ich nicht wußte, was ich anfangen sollte. Ich brauchte alles, womit ich sonst andern den Wurm kurieret; aber nichts wollte helfen, bis der Kommandeur zu mir kam und fragte: „Mester, wat schort ju?“ – Ich sagts ihn. – „Ju bindt een Mester, und kunt ju silbst nit helfe? legt ju warmen Strundt ub.“ (Weil ihm dergleichen in See bekannt.) – Ich that solches, von stund an hatte ich Linderung, und half mir.
Wir legten unsern Kurs südwest an und bekamen in sechs Tagen die nordische Küsten ins Gesicht. Unterwegs war schön Wetter und mäßiger Wind. Und hatten sich viel Seehunde da gelagert, viel schwammen noch in See, nicht anders, als badende Hall-Jungen mit den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition
(2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition
(2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |