Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Evert zur Kartoffelernte zurückerwarte, und daß es allerdings angenehm sein würde, wenn dieser jüngere Sohn auch einen Hof im Loog besäße. Dies auch betonte der Kranke, der wenigstens über seinen eigenen Zustand nicht hellsehend war.

Sanne Möhe nahm Leffert's Berichte mit großer Befriedigung hin. Als Alles im Hause zu Bett und still war, murmelte sie noch immer halblaut vor sich hin, Niemand verstand die Andächtige; aber sie betete nicht, sie sagte: Jetzt wird das Umgehen hier im Hause ein Ende haben, jetzt tödtet er mich nicht, denn er kriegt sie, und sie kriegt ihn, und wenn sie ihn hat und denkt, daß sie Weiser gewesen ist, als die Alte, dann sage ich ihr: Na, na, Kind, es kam nicht von ungefähr; die Hexereien spielten Nacht für Nacht, und deine Mutter ist vor Schreck und Angst darüber gestorben! So sag' ich, und sie wird wünschen, es wäre mit dem Striethast aus gewesen bis an das Ende ihres Lebens!

Am nächsten Sonntag saß Rolf Evert wieder in der Kirche, und er hatte nicht seine Matrosenkleidung, sondern ein bäuerisches Wams an. Auch über diese Nachricht war Sanne sehr erfreut und sprach: Na, na, wenn das erste Trauervierteljahr um ist, so wollen wir den Verspruch halten!

Wie leuchteten nun Anntrin's blaue Augen so wehmüthig froh, als sie Rolf begegnete. Sie wollte das Vesperbrod zum Kartoffellande tragen, wo eine

Evert zur Kartoffelernte zurückerwarte, und daß es allerdings angenehm sein würde, wenn dieser jüngere Sohn auch einen Hof im Loog besäße. Dies auch betonte der Kranke, der wenigstens über seinen eigenen Zustand nicht hellsehend war.

Sanne Möhe nahm Leffert's Berichte mit großer Befriedigung hin. Als Alles im Hause zu Bett und still war, murmelte sie noch immer halblaut vor sich hin, Niemand verstand die Andächtige; aber sie betete nicht, sie sagte: Jetzt wird das Umgehen hier im Hause ein Ende haben, jetzt tödtet er mich nicht, denn er kriegt sie, und sie kriegt ihn, und wenn sie ihn hat und denkt, daß sie Weiser gewesen ist, als die Alte, dann sage ich ihr: Na, na, Kind, es kam nicht von ungefähr; die Hexereien spielten Nacht für Nacht, und deine Mutter ist vor Schreck und Angst darüber gestorben! So sag' ich, und sie wird wünschen, es wäre mit dem Striethast aus gewesen bis an das Ende ihres Lebens!

Am nächsten Sonntag saß Rolf Evert wieder in der Kirche, und er hatte nicht seine Matrosenkleidung, sondern ein bäuerisches Wams an. Auch über diese Nachricht war Sanne sehr erfreut und sprach: Na, na, wenn das erste Trauervierteljahr um ist, so wollen wir den Verspruch halten!

Wie leuchteten nun Anntrin's blaue Augen so wehmüthig froh, als sie Rolf begegnete. Sie wollte das Vesperbrod zum Kartoffellande tragen, wo eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0036"/>
Evert zur Kartoffelernte zurückerwarte, und      daß es allerdings angenehm sein würde, wenn dieser jüngere Sohn auch einen Hof im Loog besäße.      Dies auch betonte der Kranke, der wenigstens über seinen eigenen Zustand nicht hellsehend      war.</p><lb/>
        <p>Sanne Möhe nahm Leffert's Berichte mit großer Befriedigung hin. Als Alles im Hause zu Bett      und still war, murmelte sie noch immer halblaut vor sich hin, Niemand verstand die Andächtige;      aber sie betete nicht, sie sagte: Jetzt wird das Umgehen hier im Hause ein Ende haben, jetzt      tödtet er mich nicht, denn er kriegt sie, und sie kriegt ihn, und wenn sie ihn hat und denkt,      daß sie Weiser gewesen ist, als die Alte, dann sage ich ihr: Na, na, Kind, es kam nicht von      ungefähr; die Hexereien spielten Nacht für Nacht, und deine Mutter ist vor Schreck und Angst      darüber gestorben! So sag' ich, und sie wird wünschen, es wäre mit dem Striethast aus gewesen      bis an das Ende ihres Lebens!</p><lb/>
        <p>Am nächsten Sonntag saß Rolf Evert wieder in der Kirche, und er hatte nicht seine      Matrosenkleidung, sondern ein bäuerisches Wams an. Auch über diese Nachricht war Sanne sehr      erfreut und sprach: Na, na, wenn das erste Trauervierteljahr um ist, so wollen wir den      Verspruch halten!</p><lb/>
        <p>Wie leuchteten nun Anntrin's blaue Augen so wehmüthig froh, als sie Rolf begegnete. Sie      wollte das Vesperbrod zum Kartoffellande tragen, wo eine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] Evert zur Kartoffelernte zurückerwarte, und daß es allerdings angenehm sein würde, wenn dieser jüngere Sohn auch einen Hof im Loog besäße. Dies auch betonte der Kranke, der wenigstens über seinen eigenen Zustand nicht hellsehend war. Sanne Möhe nahm Leffert's Berichte mit großer Befriedigung hin. Als Alles im Hause zu Bett und still war, murmelte sie noch immer halblaut vor sich hin, Niemand verstand die Andächtige; aber sie betete nicht, sie sagte: Jetzt wird das Umgehen hier im Hause ein Ende haben, jetzt tödtet er mich nicht, denn er kriegt sie, und sie kriegt ihn, und wenn sie ihn hat und denkt, daß sie Weiser gewesen ist, als die Alte, dann sage ich ihr: Na, na, Kind, es kam nicht von ungefähr; die Hexereien spielten Nacht für Nacht, und deine Mutter ist vor Schreck und Angst darüber gestorben! So sag' ich, und sie wird wünschen, es wäre mit dem Striethast aus gewesen bis an das Ende ihres Lebens! Am nächsten Sonntag saß Rolf Evert wieder in der Kirche, und er hatte nicht seine Matrosenkleidung, sondern ein bäuerisches Wams an. Auch über diese Nachricht war Sanne sehr erfreut und sprach: Na, na, wenn das erste Trauervierteljahr um ist, so wollen wir den Verspruch halten! Wie leuchteten nun Anntrin's blaue Augen so wehmüthig froh, als sie Rolf begegnete. Sie wollte das Vesperbrod zum Kartoffellande tragen, wo eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:59:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:59:48Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910/36
Zitationshilfe: Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910/36>, abgerufen am 21.11.2024.