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Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6).

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Es gibt keine Argumente gegen das Frauenstimmrecht als
solche, die aus subjektiven Gefühlen, angezüchteten Vorstellungen
oder aus männischem Hoheitsdünkel stammen.

Jm Mittelalter hat man von physischen Besonderheiten auf
moralische Beschaffenheiten geschlossen. Frauen, die Zwillinge
gebaren, wurden als Ehebrecherinnen zum Tode verurteilt. Rot-
geränderte Augen waren Hexenzeichen. Wer unter dem Sternbild
des großen Hundes geboren wurde, war ein verruchter Mensch.

Dieselbe Grundvorstellung ist es, die dem Weibe um ihrer
Frauenart willen die politischen Rechte weigert. Wilder Aber-
glauben - der Wechselbalg des Glaubens - damals und jetzt.

Nie kann die Ausschließung der Frau vom politischen Leben
verstandesmäßig begriffen werden.

Die Gegner der Frauenbewegung aber dekretieren ein für
allemal: Die Politik ist Mannessache, Manneswerk. Die Un-
weiblichkeit politischen Tuns wird aufs strengste verurteilt.

Mein Gott, die Unweiblichkeit stellt sich immer da ein, wo das
Weib über die Grenze, die der Mann ihr gezogen, hinaus will.
Als ob er die Urschrift der Natur gelesen und entziffert hätte!
Nicht Finder - Erfinder ist er von Naturgesetzen.

Eheliche und politische Jnteressen sind unvereinbar!

Jn einer Ehe freilich, wo Er der Herr ist, dem sie Gehorsam
schuldet, dürfte eine politische Betätigung der Gattin als Erisapfel
selbst die schönste Ehe entstellen. Das sind die Ehen, wo das
falsche Rechenexempel: 19 und 1 = 1, gültig ist.

Jn einer Ehe aber zwischen Gleichberechtigten, wo zwei -
zwei bleiben, würden voraussichtlich politische Meinungsdiffe-
renzen ebenso wenig wie literarische, pädagogische oder religiöse
die Ehe mit Krieg überziehen.

Nietzsche ist der Ansicht, daß ein Atheist nur eine fromme
Frau brauchen kann, warum sollten nicht ein Konservativer und
eine Sozialdemokratin (oder - sage ich mildernd eine Revisionistin?)
in Glück und Frieden selbander ihre Liebesstraße ziehen.

Ohne Sorge seid - ihr eifrigen Freunde der Hausfrau.
Nicht alle Frauen werden politisch sich betätigen, denn verschieden
von einander schuf Gott die Menschen - Männer wie Frauen.

Treffliche, kluge Frauen gibt es, deren ganzer Lebensinhalt
Mann, Kind und Haushalt ist.

Gott segne sie!

Und treffliche, kluge Frauen gibt es, die allen hauswirt-
schaftlichen Jnteressen abhold, in künstlerischen, wissenschaftlichen
oder irgend welchen anderen geistigen Betätigungen ihres Wesens
Ausdruck suchen und finden, unbeschadet ihrer Liebe für Mann
und Kind. Gott segne auch sie!

Es gibt keine Argumente gegen das Frauenstimmrecht als
solche, die aus subjektiven Gefühlen, angezüchteten Vorstellungen
oder aus männischem Hoheitsdünkel stammen.

Jm Mittelalter hat man von physischen Besonderheiten auf
moralische Beschaffenheiten geschlossen. Frauen, die Zwillinge
gebaren, wurden als Ehebrecherinnen zum Tode verurteilt. Rot-
geränderte Augen waren Hexenzeichen. Wer unter dem Sternbild
des großen Hundes geboren wurde, war ein verruchter Mensch.

Dieselbe Grundvorstellung ist es, die dem Weibe um ihrer
Frauenart willen die politischen Rechte weigert. Wilder Aber-
glauben – der Wechselbalg des Glaubens – damals und jetzt.

Nie kann die Ausschließung der Frau vom politischen Leben
verstandesmäßig begriffen werden.

Die Gegner der Frauenbewegung aber dekretieren ein für
allemal: Die Politik ist Mannessache, Manneswerk. Die Un-
weiblichkeit politischen Tuns wird aufs strengste verurteilt.

Mein Gott, die Unweiblichkeit stellt sich immer da ein, wo das
Weib über die Grenze, die der Mann ihr gezogen, hinaus will.
Als ob er die Urschrift der Natur gelesen und entziffert hätte!
Nicht Finder – Erfinder ist er von Naturgesetzen.

Eheliche und politische Jnteressen sind unvereinbar!

Jn einer Ehe freilich, wo Er der Herr ist, dem sie Gehorsam
schuldet, dürfte eine politische Betätigung der Gattin als Erisapfel
selbst die schönste Ehe entstellen. Das sind die Ehen, wo das
falsche Rechenexempel: 19 und 1 = 1, gültig ist.

Jn einer Ehe aber zwischen Gleichberechtigten, wo zwei –
zwei bleiben, würden voraussichtlich politische Meinungsdiffe-
renzen ebenso wenig wie literarische, pädagogische oder religiöse
die Ehe mit Krieg überziehen.

Nietzsche ist der Ansicht, daß ein Atheist nur eine fromme
Frau brauchen kann, warum sollten nicht ein Konservativer und
eine Sozialdemokratin (oder – sage ich mildernd eine Revisionistin?)
in Glück und Frieden selbander ihre Liebesstraße ziehen.

Ohne Sorge seid – ihr eifrigen Freunde der Hausfrau.
Nicht alle Frauen werden politisch sich betätigen, denn verschieden
von einander schuf Gott die Menschen – Männer wie Frauen.

Treffliche, kluge Frauen gibt es, deren ganzer Lebensinhalt
Mann, Kind und Haushalt ist.

Gott segne sie!

Und treffliche, kluge Frauen gibt es, die allen hauswirt-
schaftlichen Jnteressen abhold, in künstlerischen, wissenschaftlichen
oder irgend welchen anderen geistigen Betätigungen ihres Wesens
Ausdruck suchen und finden, unbeschadet ihrer Liebe für Mann
und Kind. Gott segne auch sie!

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[20/0021] Es gibt keine Argumente gegen das Frauenstimmrecht als solche, die aus subjektiven Gefühlen, angezüchteten Vorstellungen oder aus männischem Hoheitsdünkel stammen. Jm Mittelalter hat man von physischen Besonderheiten auf moralische Beschaffenheiten geschlossen. Frauen, die Zwillinge gebaren, wurden als Ehebrecherinnen zum Tode verurteilt. Rot- geränderte Augen waren Hexenzeichen. Wer unter dem Sternbild des großen Hundes geboren wurde, war ein verruchter Mensch. Dieselbe Grundvorstellung ist es, die dem Weibe um ihrer Frauenart willen die politischen Rechte weigert. Wilder Aber- glauben – der Wechselbalg des Glaubens – damals und jetzt. Nie kann die Ausschließung der Frau vom politischen Leben verstandesmäßig begriffen werden. Die Gegner der Frauenbewegung aber dekretieren ein für allemal: Die Politik ist Mannessache, Manneswerk. Die Un- weiblichkeit politischen Tuns wird aufs strengste verurteilt. Mein Gott, die Unweiblichkeit stellt sich immer da ein, wo das Weib über die Grenze, die der Mann ihr gezogen, hinaus will. Als ob er die Urschrift der Natur gelesen und entziffert hätte! Nicht Finder – Erfinder ist er von Naturgesetzen. Eheliche und politische Jnteressen sind unvereinbar! Jn einer Ehe freilich, wo Er der Herr ist, dem sie Gehorsam schuldet, dürfte eine politische Betätigung der Gattin als Erisapfel selbst die schönste Ehe entstellen. Das sind die Ehen, wo das falsche Rechenexempel: 19 und 1 = 1, gültig ist. Jn einer Ehe aber zwischen Gleichberechtigten, wo zwei – zwei bleiben, würden voraussichtlich politische Meinungsdiffe- renzen ebenso wenig wie literarische, pädagogische oder religiöse die Ehe mit Krieg überziehen. Nietzsche ist der Ansicht, daß ein Atheist nur eine fromme Frau brauchen kann, warum sollten nicht ein Konservativer und eine Sozialdemokratin (oder – sage ich mildernd eine Revisionistin?) in Glück und Frieden selbander ihre Liebesstraße ziehen. Ohne Sorge seid – ihr eifrigen Freunde der Hausfrau. Nicht alle Frauen werden politisch sich betätigen, denn verschieden von einander schuf Gott die Menschen – Männer wie Frauen. Treffliche, kluge Frauen gibt es, deren ganzer Lebensinhalt Mann, Kind und Haushalt ist. Gott segne sie! Und treffliche, kluge Frauen gibt es, die allen hauswirt- schaftlichen Jnteressen abhold, in künstlerischen, wissenschaftlichen oder irgend welchen anderen geistigen Betätigungen ihres Wesens Ausdruck suchen und finden, unbeschadet ihrer Liebe für Mann und Kind. Gott segne auch sie!

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-09-14T13:15:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-09-14T13:15:52Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja; /p>




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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6), S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_erziehung_1910/21>, abgerufen am 23.11.2024.