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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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Zweitens: Es werden nicht folgen der Fahne
der Frauenfreiheit alle diejenigen Frauen, die, gleichviel
ob dumm, klug oder geistreich, lieblosen Gemüths sind.
Diejenigen, die sich in einer behaglichen äußeren Lage
befinden und mit einer hinreichenden Quantität Egoismus
ausgerüstet sind, werden sich hüten, für Andere die Ka-
stanien aus dem Feuer zu holen, denn sie wissen es
wohl: Conflikte mit den Mitmenschen sind sehr unan-
genehme, und Gemüthsruhe, gute Diners, Badereisen
und Theaterlogen sehr angenehme Dinge.

"Jch habe Alles was ich brauche", sagt die Frau
an der Seite eines liebevollen Gatten, zu dessen her-
vorragenden Eigenschaften ein wohlgefülltes Porte-
monaie gehört.

- Gewiß, meine Gnädigste, aber darum handelt
es sich ja gar nicht, es handelt sich um die Gattin
jenes Trunkenboldes, der in bestialischer Rohheit das
zitternde Weib zu Boden schlägt und sie und das Kind,
um seinem Laster zu fröhnen, dem Hungertode preis-
giebt. Es handelt sich um jenes junge Mädchen, das
seiner Natur Gewalt anthut und zur Ehe schreitet mit
dem ungeliebten Mann um der Versorgung willen,
um dem Elend eines leeren und einsamen Daseins zu
entgehen. Es handelt sich um jene alte Jungfer, die
Tag für Tag über ihre Nadel gebeugt freund- und

Dohm, Zur Frauenfrage. 8

Zweitens: Es werden nicht folgen der Fahne
der Frauenfreiheit alle diejenigen Frauen, die, gleichviel
ob dumm, klug oder geistreich, lieblosen Gemüths sind.
Diejenigen, die sich in einer behaglichen äußeren Lage
befinden und mit einer hinreichenden Quantität Egoismus
ausgerüstet sind, werden sich hüten, für Andere die Ka-
stanien aus dem Feuer zu holen, denn sie wissen es
wohl: Conflikte mit den Mitmenschen sind sehr unan-
genehme, und Gemüthsruhe, gute Diners, Badereisen
und Theaterlogen sehr angenehme Dinge.

„Jch habe Alles was ich brauche‟, sagt die Frau
an der Seite eines liebevollen Gatten, zu dessen her-
vorragenden Eigenschaften ein wohlgefülltes Porte-
monaie gehört.

– Gewiß, meine Gnädigste, aber darum handelt
es sich ja gar nicht, es handelt sich um die Gattin
jenes Trunkenboldes, der in bestialischer Rohheit das
zitternde Weib zu Boden schlägt und sie und das Kind,
um seinem Laster zu fröhnen, dem Hungertode preis-
giebt. Es handelt sich um jenes junge Mädchen, das
seiner Natur Gewalt anthut und zur Ehe schreitet mit
dem ungeliebten Mann um der Versorgung willen,
um dem Elend eines leeren und einsamen Daseins zu
entgehen. Es handelt sich um jene alte Jungfer, die
Tag für Tag über ihre Nadel gebeugt freund- und

Dohm, Zur Frauenfrage. 8
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[113/0121] Zweitens: Es werden nicht folgen der Fahne der Frauenfreiheit alle diejenigen Frauen, die, gleichviel ob dumm, klug oder geistreich, lieblosen Gemüths sind. Diejenigen, die sich in einer behaglichen äußeren Lage befinden und mit einer hinreichenden Quantität Egoismus ausgerüstet sind, werden sich hüten, für Andere die Ka- stanien aus dem Feuer zu holen, denn sie wissen es wohl: Conflikte mit den Mitmenschen sind sehr unan- genehme, und Gemüthsruhe, gute Diners, Badereisen und Theaterlogen sehr angenehme Dinge. „Jch habe Alles was ich brauche‟, sagt die Frau an der Seite eines liebevollen Gatten, zu dessen her- vorragenden Eigenschaften ein wohlgefülltes Porte- monaie gehört. – Gewiß, meine Gnädigste, aber darum handelt es sich ja gar nicht, es handelt sich um die Gattin jenes Trunkenboldes, der in bestialischer Rohheit das zitternde Weib zu Boden schlägt und sie und das Kind, um seinem Laster zu fröhnen, dem Hungertode preis- giebt. Es handelt sich um jenes junge Mädchen, das seiner Natur Gewalt anthut und zur Ehe schreitet mit dem ungeliebten Mann um der Versorgung willen, um dem Elend eines leeren und einsamen Daseins zu entgehen. Es handelt sich um jene alte Jungfer, die Tag für Tag über ihre Nadel gebeugt freund- und   Dohm, Zur Frauenfrage. 8

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/121>, abgerufen am 27.04.2024.