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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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"Du sollst nicht erwerben," spricht der Staat, so
lange die Männer die Concurrenz der Frauen fürchten.
"Erwirb," spricht dasselbe starke Geschlecht von dem
Augenblick an, wo es fürchten muß, daß ihm die un-
versorgte Wittwe zur Last falle. Fürwahr, der Staat
ist klug und weise.

Nach den Grundsätzen der Demokratie ist, was
für eine Königin recht ist, auch recht für die einfachste
Bürgerfrau. Entweder ist eine regierende Königin eine
Fastnachtsidee, ein burlesker Einfall, und jeder Eng-
länder, der seiner Königin gehuldigt und ihr den Eid
der Treue geschworen, ist ein Narr und ein Uebel-
thäter an den Naturgesetzen, oder natürliches, politisches
Recht besitzt eine jede Frau. Wenn ein Weib befähigt
ist die höchste aller politischen Stellungen einzunehmen,
mit welcher Autorität verweigert man ihr die ge-
ringeren?

Aber nein, du darfst nicht wählen und wenn du
zu den edelsten und reinsten der Menschen gehörst, aber
der trunkene Lastträger, er giebt seine Stimme für
den Vertreter seiner Rechte ab. Nein, du darfst nicht
wählen, und wenn du alle Weisheit und alle Erkennt-
niß der Welt besäßest; aber der verdummte Bauer,
dessen Erkenntnißvermögen nicht über die Scholle Ackers

„Du sollst nicht erwerben,‟ spricht der Staat, so
lange die Männer die Concurrenz der Frauen fürchten.
„Erwirb,‟ spricht dasselbe starke Geschlecht von dem
Augenblick an, wo es fürchten muß, daß ihm die un-
versorgte Wittwe zur Last falle. Fürwahr, der Staat
ist klug und weise.

Nach den Grundsätzen der Demokratie ist, was
für eine Königin recht ist, auch recht für die einfachste
Bürgerfrau. Entweder ist eine regierende Königin eine
Fastnachtsidee, ein burlesker Einfall, und jeder Eng-
länder, der seiner Königin gehuldigt und ihr den Eid
der Treue geschworen, ist ein Narr und ein Uebel-
thäter an den Naturgesetzen, oder natürliches, politisches
Recht besitzt eine jede Frau. Wenn ein Weib befähigt
ist die höchste aller politischen Stellungen einzunehmen,
mit welcher Autorität verweigert man ihr die ge-
ringeren?

Aber nein, du darfst nicht wählen und wenn du
zu den edelsten und reinsten der Menschen gehörst, aber
der trunkene Lastträger, er giebt seine Stimme für
den Vertreter seiner Rechte ab. Nein, du darfst nicht
wählen, und wenn du alle Weisheit und alle Erkennt-
niß der Welt besäßest; aber der verdummte Bauer,
dessen Erkenntnißvermögen nicht über die Scholle Ackers

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[168/0176] „Du sollst nicht erwerben,‟ spricht der Staat, so lange die Männer die Concurrenz der Frauen fürchten. „Erwirb,‟ spricht dasselbe starke Geschlecht von dem Augenblick an, wo es fürchten muß, daß ihm die un- versorgte Wittwe zur Last falle. Fürwahr, der Staat ist klug und weise. Nach den Grundsätzen der Demokratie ist, was für eine Königin recht ist, auch recht für die einfachste Bürgerfrau. Entweder ist eine regierende Königin eine Fastnachtsidee, ein burlesker Einfall, und jeder Eng- länder, der seiner Königin gehuldigt und ihr den Eid der Treue geschworen, ist ein Narr und ein Uebel- thäter an den Naturgesetzen, oder natürliches, politisches Recht besitzt eine jede Frau. Wenn ein Weib befähigt ist die höchste aller politischen Stellungen einzunehmen, mit welcher Autorität verweigert man ihr die ge- ringeren? Aber nein, du darfst nicht wählen und wenn du zu den edelsten und reinsten der Menschen gehörst, aber der trunkene Lastträger, er giebt seine Stimme für den Vertreter seiner Rechte ab. Nein, du darfst nicht wählen, und wenn du alle Weisheit und alle Erkennt- niß der Welt besäßest; aber der verdummte Bauer, dessen Erkenntnißvermögen nicht über die Scholle Ackers  

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/176>, abgerufen am 04.12.2024.