Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Das ist die Klippe, an der so mancher gute Haus-
frauenruf scheitert.

Es ist wohl einem Jeden schon aufgefallen, daß die-
selben Dienstboten, die in dem einen Haushalt nichts
taugen, sich in einem andern überaus tüchtig erweisen.

Jm ersteren Hause war die Frau möglicherweise
arbeitsam und liebreich in der Behandlung der Dienst-
boten. Jn dem andern tauchte sie, wie man zu sagen
pflegt, keinen Finger ins Wasser, aber sie hatte es ver-
standen, den Mädchen einen heillosen Respekt einzuflößen.
Das Geheimniß liegt in der Kraft der Persönlichkeit.

Eine der tadellosesten Haushaltungen, die ich kenne,
regiert eine Freundin von mir, eine kranke Dame, die
oft wochenlang keinen Fuß in ihre Küche setzt, und die
nie in ihrem Leben eine häusliche Arbeit verrichtet hat.
Sie gehört zu den wenigen Hausfrauen, die Jahrzehnte
hindurch dieselben Dienstmädchen festzuhalten wissen und
von ihnen schwärmerisch verehrt werden.

Als ich einige Zeit bei ihr wohnte, machte mir ihre
Strenge gegen die Leute einen fast peinlichen Eindruck.

Sie besuchte mich eines Mittags, als wir bei Tische
saßen.

Meine Köchin trug eine Leber auf, die augenschein-
lich an partieller Verhärtung litt. "Jch würde meiner
Köchin eine solche Leber vor die Füße werfen," sagte

Das ist die Klippe, an der so mancher gute Haus-
frauenruf scheitert.

Es ist wohl einem Jeden schon aufgefallen, daß die-
selben Dienstboten, die in dem einen Haushalt nichts
taugen, sich in einem andern überaus tüchtig erweisen.

Jm ersteren Hause war die Frau möglicherweise
arbeitsam und liebreich in der Behandlung der Dienst-
boten. Jn dem andern tauchte sie, wie man zu sagen
pflegt, keinen Finger ins Wasser, aber sie hatte es ver-
standen, den Mädchen einen heillosen Respekt einzuflößen.
Das Geheimniß liegt in der Kraft der Persönlichkeit.

Eine der tadellosesten Haushaltungen, die ich kenne,
regiert eine Freundin von mir, eine kranke Dame, die
oft wochenlang keinen Fuß in ihre Küche setzt, und die
nie in ihrem Leben eine häusliche Arbeit verrichtet hat.
Sie gehört zu den wenigen Hausfrauen, die Jahrzehnte
hindurch dieselben Dienstmädchen festzuhalten wissen und
von ihnen schwärmerisch verehrt werden.

Als ich einige Zeit bei ihr wohnte, machte mir ihre
Strenge gegen die Leute einen fast peinlichen Eindruck.

Sie besuchte mich eines Mittags, als wir bei Tische
saßen.

Meine Köchin trug eine Leber auf, die augenschein-
lich an partieller Verhärtung litt. „Jch würde meiner
Köchin eine solche Leber vor die Füße werfen,‟ sagte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0113" n="105"/>
          <p>Das ist die Klippe, an der so mancher gute Haus-<lb/>
frauenruf scheitert.</p><lb/>
          <p>Es ist wohl einem Jeden schon aufgefallen, daß die-<lb/>
selben Dienstboten, die in dem einen Haushalt nichts<lb/>
taugen, sich in einem andern überaus tüchtig erweisen.</p><lb/>
          <p>Jm ersteren Hause war die Frau möglicherweise<lb/>
arbeitsam und liebreich in der Behandlung der Dienst-<lb/>
boten. Jn dem andern tauchte sie, wie man zu sagen<lb/>
pflegt, keinen Finger ins Wasser, aber sie hatte es ver-<lb/>
standen, den Mädchen einen heillosen Respekt einzuflößen.<lb/>
Das Geheimniß liegt in der Kraft der Persönlichkeit.</p><lb/>
          <p>Eine der tadellosesten Haushaltungen, die ich kenne,<lb/>
regiert eine Freundin von mir, eine kranke Dame, die<lb/>
oft wochenlang keinen Fuß in ihre Küche setzt, und die<lb/>
nie in ihrem Leben eine häusliche Arbeit verrichtet hat.<lb/>
Sie gehört zu den wenigen Hausfrauen, die Jahrzehnte<lb/>
hindurch dieselben Dienstmädchen festzuhalten wissen und<lb/>
von ihnen schwärmerisch verehrt werden.</p><lb/>
          <p>Als ich einige Zeit bei ihr wohnte, machte mir ihre<lb/>
Strenge gegen die Leute einen fast peinlichen Eindruck.</p><lb/>
          <p>Sie besuchte mich eines Mittags, als wir bei Tische<lb/>
saßen.</p><lb/>
          <p>Meine Köchin trug eine Leber auf, die augenschein-<lb/>
lich an partieller Verhärtung litt. &#x201E;Jch würde meiner<lb/>
Köchin eine solche Leber vor die Füße werfen,&#x201F; sagte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0113] Das ist die Klippe, an der so mancher gute Haus- frauenruf scheitert. Es ist wohl einem Jeden schon aufgefallen, daß die- selben Dienstboten, die in dem einen Haushalt nichts taugen, sich in einem andern überaus tüchtig erweisen. Jm ersteren Hause war die Frau möglicherweise arbeitsam und liebreich in der Behandlung der Dienst- boten. Jn dem andern tauchte sie, wie man zu sagen pflegt, keinen Finger ins Wasser, aber sie hatte es ver- standen, den Mädchen einen heillosen Respekt einzuflößen. Das Geheimniß liegt in der Kraft der Persönlichkeit. Eine der tadellosesten Haushaltungen, die ich kenne, regiert eine Freundin von mir, eine kranke Dame, die oft wochenlang keinen Fuß in ihre Küche setzt, und die nie in ihrem Leben eine häusliche Arbeit verrichtet hat. Sie gehört zu den wenigen Hausfrauen, die Jahrzehnte hindurch dieselben Dienstmädchen festzuhalten wissen und von ihnen schwärmerisch verehrt werden. Als ich einige Zeit bei ihr wohnte, machte mir ihre Strenge gegen die Leute einen fast peinlichen Eindruck. Sie besuchte mich eines Mittags, als wir bei Tische saßen. Meine Köchin trug eine Leber auf, die augenschein- lich an partieller Verhärtung litt. „Jch würde meiner Köchin eine solche Leber vor die Füße werfen,‟ sagte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/113
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/113>, abgerufen am 21.05.2024.