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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Der Einwand, daß sich ja die häuslichen Arbeiten
unmittelbar auf die Familie selber beziehen, und zwar
so, daß dies Kleid, welches Mutterchen plättet, die kleine
Emilie anziehen, der Kohl, den sie kocht, der Gatte ver-
dauen wird, ändert an meiner Auffassung nichts.

Ebenso gut könnte eine Malerin sagen: mit diesem
Baum, den ich in diese Landschaft hineinmale, verdiene
ich mindestens fünf Thaler, dafür kaufe ich ein Paar
Stiefelchen für Wilhelmchen, ein Schürzchen für Els-
chen u. s. w.

Ein drittes Vorurtheil lautet: Ein Hauswesen muß
zu Grunde gehen, in dem die Frau nicht thätigen An-
theil an den häuslichen Verrichtungen nimmt, sondern
außerhalb desselben einem anderen Beruf nachgeht.

Das Bild, das man sich von einem solchen Haus-
wesen macht, stellt sich dem Auge der Mitlebenden dar
als ein ungekämmtes und ungewaschenes Chaos, in
dem Strümpfe, Kämme, Zöpfe, Unterröcke, hungernde
Kinder, in einem wüsten Knäuel, auf schmutzigen Dielen
ihr schreckliches Spiel treiben, während der Mann, die
einzig führende Brust unter Larven, als trübseliger Zu-
schauer sich wehklagend die Haare rauft. Jn diesem
Chaos sieht man die Spinne von Wand zu Wand un-
gestört ihre Netze ziehen und friedlich legt sich der
Mensch mit seiner Wanze zu Bett.

Der Einwand, daß sich ja die häuslichen Arbeiten
unmittelbar auf die Familie selber beziehen, und zwar
so, daß dies Kleid, welches Mutterchen plättet, die kleine
Emilie anziehen, der Kohl, den sie kocht, der Gatte ver-
dauen wird, ändert an meiner Auffassung nichts.

Ebenso gut könnte eine Malerin sagen: mit diesem
Baum, den ich in diese Landschaft hineinmale, verdiene
ich mindestens fünf Thaler, dafür kaufe ich ein Paar
Stiefelchen für Wilhelmchen, ein Schürzchen für Els-
chen u. s. w.

Ein drittes Vorurtheil lautet: Ein Hauswesen muß
zu Grunde gehen, in dem die Frau nicht thätigen An-
theil an den häuslichen Verrichtungen nimmt, sondern
außerhalb desselben einem anderen Beruf nachgeht.

Das Bild, das man sich von einem solchen Haus-
wesen macht, stellt sich dem Auge der Mitlebenden dar
als ein ungekämmtes und ungewaschenes Chaos, in
dem Strümpfe, Kämme, Zöpfe, Unterröcke, hungernde
Kinder, in einem wüsten Knäuel, auf schmutzigen Dielen
ihr schreckliches Spiel treiben, während der Mann, die
einzig führende Brust unter Larven, als trübseliger Zu-
schauer sich wehklagend die Haare rauft. Jn diesem
Chaos sieht man die Spinne von Wand zu Wand un-
gestört ihre Netze ziehen und friedlich legt sich der
Mensch mit seiner Wanze zu Bett.

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[128/0136] Der Einwand, daß sich ja die häuslichen Arbeiten unmittelbar auf die Familie selber beziehen, und zwar so, daß dies Kleid, welches Mutterchen plättet, die kleine Emilie anziehen, der Kohl, den sie kocht, der Gatte ver- dauen wird, ändert an meiner Auffassung nichts. Ebenso gut könnte eine Malerin sagen: mit diesem Baum, den ich in diese Landschaft hineinmale, verdiene ich mindestens fünf Thaler, dafür kaufe ich ein Paar Stiefelchen für Wilhelmchen, ein Schürzchen für Els- chen u. s. w. Ein drittes Vorurtheil lautet: Ein Hauswesen muß zu Grunde gehen, in dem die Frau nicht thätigen An- theil an den häuslichen Verrichtungen nimmt, sondern außerhalb desselben einem anderen Beruf nachgeht. Das Bild, das man sich von einem solchen Haus- wesen macht, stellt sich dem Auge der Mitlebenden dar als ein ungekämmtes und ungewaschenes Chaos, in dem Strümpfe, Kämme, Zöpfe, Unterröcke, hungernde Kinder, in einem wüsten Knäuel, auf schmutzigen Dielen ihr schreckliches Spiel treiben, während der Mann, die einzig führende Brust unter Larven, als trübseliger Zu- schauer sich wehklagend die Haare rauft. Jn diesem Chaos sieht man die Spinne von Wand zu Wand un- gestört ihre Netze ziehen und friedlich legt sich der Mensch mit seiner Wanze zu Bett.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/136>, abgerufen am 21.11.2024.