Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie denn studirt und gelernt und gedacht, wenn Sie
nicht einmal wissen, was ein Jeder von Jhnen täglich
an sich selbst wahrnehmen kann, nämlich: daß unser
Thun und Denken in einem geheimen und offnen Zu-
sammenhang steht, daß eine Jdee die andere entzündet.

Eine Frau, die den Tag über kocht, näht und wäscht,
mit schmutziger Wäsche und Scheuerlappen hantirt, mit
Hökerfrauen feilscht und Dienstmädchen zankt, deren
Mußestunden werden nimmermehr von idealen Vor-
stellungen erfüllt sein.

Sie kann ein nützliches Mitglied der menschlichen
Gesellschaft und Jhres Haushalts sein, niemals aber eine
Hüterin der Poesie.

Jhre Vorstellungen und Gedanken werden Abends
an den Beschäftigungen anknüpfen, die sie den Tag über
geübt, und diese werden selbst in ihre Träume hinein-
spielen; und wenn der Demagoge von Blutgerüsten -
so wird die Hausfrau von Blutwürsten träumen, und
wenn der Feldherr im Traume seine Soldaten Revüe
passiren läßt, so wird die Hausfrau vielleicht im Traume
zu einem Schutzmann schicken, um die widerspänstige
Magd zu ducken.

Jch weiß aus meinem eigenen Leben ein packendes
Beispiel, in wie unmittelbarer Weise unser Thun unsere
Vorstellungen beeinflußt.

3*

Sie denn studirt und gelernt und gedacht, wenn Sie
nicht einmal wissen, was ein Jeder von Jhnen täglich
an sich selbst wahrnehmen kann, nämlich: daß unser
Thun und Denken in einem geheimen und offnen Zu-
sammenhang steht, daß eine Jdee die andere entzündet.

Eine Frau, die den Tag über kocht, näht und wäscht,
mit schmutziger Wäsche und Scheuerlappen hantirt, mit
Hökerfrauen feilscht und Dienstmädchen zankt, deren
Mußestunden werden nimmermehr von idealen Vor-
stellungen erfüllt sein.

Sie kann ein nützliches Mitglied der menschlichen
Gesellschaft und Jhres Haushalts sein, niemals aber eine
Hüterin der Poesie.

Jhre Vorstellungen und Gedanken werden Abends
an den Beschäftigungen anknüpfen, die sie den Tag über
geübt, und diese werden selbst in ihre Träume hinein-
spielen; und wenn der Demagoge von Blutgerüsten –
so wird die Hausfrau von Blutwürsten träumen, und
wenn der Feldherr im Traume seine Soldaten Revüe
passiren läßt, so wird die Hausfrau vielleicht im Traume
zu einem Schutzmann schicken, um die widerspänstige
Magd zu ducken.

Jch weiß aus meinem eigenen Leben ein packendes
Beispiel, in wie unmittelbarer Weise unser Thun unsere
Vorstellungen beeinflußt.

3*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="35"/>
Sie denn studirt und gelernt und gedacht, wenn Sie<lb/>
nicht einmal wissen, was ein Jeder von Jhnen täglich<lb/>
an sich selbst wahrnehmen kann, nämlich: daß unser<lb/>
Thun und Denken in einem geheimen und offnen Zu-<lb/>
sammenhang steht, daß eine Jdee die andere entzündet.</p><lb/>
        <p>Eine Frau, die den Tag über kocht, näht und wäscht,<lb/>
mit schmutziger Wäsche und Scheuerlappen hantirt, mit<lb/>
Hökerfrauen feilscht und Dienstmädchen zankt, deren<lb/>
Mußestunden werden nimmermehr von idealen Vor-<lb/>
stellungen erfüllt sein.</p><lb/>
        <p>Sie kann ein nützliches Mitglied der menschlichen<lb/>
Gesellschaft und Jhres Haushalts sein, niemals aber eine<lb/>
Hüterin der Poesie.</p><lb/>
        <p>Jhre Vorstellungen und Gedanken werden Abends<lb/>
an den Beschäftigungen anknüpfen, die sie den Tag über<lb/>
geübt, und diese werden selbst in ihre Träume hinein-<lb/>
spielen; und wenn der Demagoge von Blutgerüsten &#x2013;<lb/>
so wird die Hausfrau von Blutwürsten träumen, und<lb/>
wenn der Feldherr im Traume seine Soldaten Revüe<lb/>
passiren läßt, so wird die Hausfrau vielleicht im Traume<lb/>
zu einem Schutzmann schicken, um die widerspänstige<lb/>
Magd zu ducken.</p><lb/>
        <p>Jch weiß aus meinem eigenen Leben ein packendes<lb/>
Beispiel, in wie unmittelbarer Weise unser Thun unsere<lb/>
Vorstellungen beeinflußt.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">3*</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0043] Sie denn studirt und gelernt und gedacht, wenn Sie nicht einmal wissen, was ein Jeder von Jhnen täglich an sich selbst wahrnehmen kann, nämlich: daß unser Thun und Denken in einem geheimen und offnen Zu- sammenhang steht, daß eine Jdee die andere entzündet. Eine Frau, die den Tag über kocht, näht und wäscht, mit schmutziger Wäsche und Scheuerlappen hantirt, mit Hökerfrauen feilscht und Dienstmädchen zankt, deren Mußestunden werden nimmermehr von idealen Vor- stellungen erfüllt sein. Sie kann ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft und Jhres Haushalts sein, niemals aber eine Hüterin der Poesie. Jhre Vorstellungen und Gedanken werden Abends an den Beschäftigungen anknüpfen, die sie den Tag über geübt, und diese werden selbst in ihre Träume hinein- spielen; und wenn der Demagoge von Blutgerüsten – so wird die Hausfrau von Blutwürsten träumen, und wenn der Feldherr im Traume seine Soldaten Revüe passiren läßt, so wird die Hausfrau vielleicht im Traume zu einem Schutzmann schicken, um die widerspänstige Magd zu ducken. Jch weiß aus meinem eigenen Leben ein packendes Beispiel, in wie unmittelbarer Weise unser Thun unsere Vorstellungen beeinflußt. 3*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/43
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/43>, abgerufen am 03.12.2024.