weltliche Obrigkeit, und kein Priester muß sich da- mit befassen; übertritt aber jemand die Satzungen der Kirche zu der er sich bekennt, und verlangt des Prie- sters Beystand sich desfalls zu beruhigen, so mag der Priester ihm die Versöhnung zu einem Preiße setzen wie er will; wenn z. E. ein katholischer Christ an Fasttä- gen Fleisch essen, des Sonntags nicht in die Messe gehn will, dabey aber so schwach ist, daß Er große Sün- den begangen zu haben glaubt, für den Teufel bange wird, also zu den Heiligen und ihren Reliquien sei- ne Zuflucht nehmen will, Weyhwasser, Absolution etc. begehrt, dann geschieht ihm freylich ganz recht wenn der Pfaffe ihm seine Schätze so lange vor- enthält, bis der Sünder in der Einbildung, dem geistlichen Stolze den gehörigen Zoll bezahlt, und sich als ein gehorsamer Sohn der Kirche demüthiget, da mag denn der Pfaffe in der Kirche ihn auf allen Vieren kriechen lassen oder was ihm beliebt vornehmen, wenn es nur keine Folgen haben kann. Nur über die Schwelle des Tempels muß die Macht des Priesters und Rabbiners sich nicht erstrecken. Hat der Jude Schweinefleisch gegessen, die Tphillin nicht 4 Ellen von dem Ort abgelegt, wo er seine Noth- durft verrichtet, oder dergleichen grobe Sünden mehr begangen; so bleibe er aus der Synagoge, läßt sein
Aber-
J
weltliche Obrigkeit, und kein Prieſter muß ſich da- mit befaſſen; uͤbertritt aber jemand die Satzungen der Kirche zu der er ſich bekennt, und verlangt des Prie- ſters Beyſtand ſich desfalls zu beruhigen, ſo mag der Prieſter ihm die Verſoͤhnung zu einem Preiße ſetzen wie er will; wenn z. E. ein katholiſcher Chriſt an Faſttaͤ- gen Fleiſch eſſen, des Sonntags nicht in die Meſſe gehn will, dabey aber ſo ſchwach iſt, daß Er große Suͤn- den begangen zu haben glaubt, fuͤr den Teufel bange wird, alſo zu den Heiligen und ihren Reliquien ſei- ne Zuflucht nehmen will, Weyhwaſſer, Abſolution ꝛc. begehrt, dann geſchieht ihm freylich ganz recht wenn der Pfaffe ihm ſeine Schaͤtze ſo lange vor- enthaͤlt, bis der Suͤnder in der Einbildung, dem geiſtlichen Stolze den gehoͤrigen Zoll bezahlt, und ſich als ein gehorſamer Sohn der Kirche demuͤthiget, da mag denn der Pfaffe in der Kirche ihn auf allen Vieren kriechen laſſen oder was ihm beliebt vornehmen, wenn es nur keine Folgen haben kann. Nur uͤber die Schwelle des Tempels muß die Macht des Prieſters und Rabbiners ſich nicht erſtrecken. Hat der Jude Schweinefleiſch gegeſſen, die Tphillin nicht 4 Ellen von dem Ort abgelegt, wo er ſeine Noth- durft verrichtet, oder dergleichen grobe Suͤnden mehr begangen; ſo bleibe er aus der Synagoge, laͤßt ſein
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weltliche Obrigkeit, und kein Prieſter muß ſich da-
mit befaſſen; uͤbertritt aber jemand die Satzungen
der Kirche zu der er ſich bekennt, und verlangt des Prie-
ſters Beyſtand ſich desfalls zu beruhigen, ſo mag der
Prieſter ihm die Verſoͤhnung zu einem Preiße ſetzen
wie er will; wenn z. E. ein katholiſcher Chriſt an Faſttaͤ-
gen Fleiſch eſſen, des Sonntags nicht in die Meſſe
gehn will, dabey aber ſo ſchwach iſt, daß Er große Suͤn-
den begangen zu haben glaubt, fuͤr den Teufel bange
wird, alſo zu den Heiligen und ihren Reliquien ſei-
ne Zuflucht nehmen will, Weyhwaſſer, Abſolution ꝛc.
begehrt, dann geſchieht ihm freylich ganz recht
wenn der Pfaffe ihm ſeine Schaͤtze ſo lange vor-
enthaͤlt, bis der Suͤnder in der Einbildung, dem
geiſtlichen Stolze den gehoͤrigen Zoll bezahlt, und
ſich als ein gehorſamer Sohn der Kirche demuͤthiget,
da mag denn der Pfaffe in der Kirche ihn auf allen
Vieren kriechen laſſen oder was ihm beliebt vornehmen,
wenn es nur keine Folgen haben kann. Nur uͤber
die Schwelle des Tempels muß die Macht des
Prieſters und Rabbiners ſich nicht erſtrecken.
Hat der Jude Schweinefleiſch gegeſſen, die Tphillin
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/137>, abgerufen am 27.11.2024.
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