Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.Wahrheiten, zu behaupten; nur dürften sie die nicht schränkt- auch hier wieder eine so schöne Morgenröthe ohne Tag geblieben sey. Ohne Zweifel gehört diese Nachricht entweder zu den völligen Erdichtungen, mit denen so oft die Zeitungen angefüllt sind, oder Joseph weiß nichts von diesen Verordnungen, die seines großen Nah- mens so unwürdig sind, oder die Sache hängt ganz anders zusammen, als man sie vorgestellt hat. Letz- teres scheint mir der wahrscheinlichste Fall. Die Erscheinung selbst, daß unter böhmischen Bauern sich seit so vielen Jahrhunderten wirkliche Verehrer der reinen Vernunftreligion, ununterdrückt durch Intoleranz, unverführt durch Schwärmerey, die ge- rade in diesem Lande so lange einheimisch waren, erhalten hätten, -- diese Erscheinung hat in der That sehr wenig Wahrscheinlichkeit für sich, ver- dient aber sehr die Aufmerksamkeit und nähere Un- tersuchung, und wer hierüber nähere und zuverläs- sige Aufklärung geben kann, ist sie dem Publikum und Joseph II. schuldig. M 5
Wahrheiten, zu behaupten; nur duͤrften ſie die nicht ſchraͤnkt- auch hier wieder eine ſo ſchoͤne Morgenroͤthe ohne Tag geblieben ſey. Ohne Zweifel gehoͤrt dieſe Nachricht entweder zu den voͤlligen Erdichtungen, mit denen ſo oft die Zeitungen angefuͤllt ſind, oder Joſeph weiß nichts von dieſen Verordnungen, die ſeines großen Nah- mens ſo unwuͤrdig ſind, oder die Sache haͤngt ganz anders zuſammen, als man ſie vorgeſtellt hat. Letz- teres ſcheint mir der wahrſcheinlichſte Fall. Die Erſcheinung ſelbſt, daß unter boͤhmiſchen Bauern ſich ſeit ſo vielen Jahrhunderten wirkliche Verehrer der reinen Vernunftreligion, ununterdruͤckt durch Intoleranz, unverfuͤhrt durch Schwaͤrmerey, die ge- rade in dieſem Lande ſo lange einheimiſch waren, erhalten haͤtten, — dieſe Erſcheinung hat in der That ſehr wenig Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, ver- dient aber ſehr die Aufmerkſamkeit und naͤhere Un- terſuchung, und wer hieruͤber naͤhere und zuverlaͤſ- ſige Aufklaͤrung geben kann, iſt ſie dem Publikum und Joſeph II. ſchuldig. M 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0193" n="185"/> Wahrheiten, zu behaupten; nur duͤrften ſie die nicht<lb/> ſtoͤren, welchen nun einmal das erſte Geſchenk der<lb/> Gottheit — die Vernunft — gen<supplied>u</supplied>g iſt, und welche<lb/> ſich außer ihr von keiner weitern Erkenntnißquelle<lb/> uͤeberzeugen koͤnnen. Waͤren nur beyde Partheyen<lb/> von dem natuͤrlichſten aller Gefuͤhle, dem der Einge-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ſchraͤnkt-</fw><lb/><note xml:id="note-0193" prev="#note-0192" place="foot" n="*)">auch hier wieder eine ſo ſchoͤne Morgenroͤthe ohne<lb/> Tag geblieben ſey.<lb/> Ohne Zweifel gehoͤrt dieſe Nachricht entweder zu<lb/> den voͤlligen Erdichtungen, mit denen ſo oft die<lb/> Zeitungen angefuͤllt ſind, oder <hi rendition="#fr">Joſeph</hi> weiß nichts<lb/> von dieſen Verordnungen, die ſeines großen Nah-<lb/> mens ſo unwuͤrdig ſind, oder die Sache haͤngt ganz<lb/> anders zuſammen, als man ſie vorgeſtellt hat. Letz-<lb/> teres ſcheint mir der wahrſcheinlichſte Fall. Die<lb/> Erſcheinung ſelbſt, daß unter boͤhmiſchen Bauern<lb/> ſich ſeit ſo vielen Jahrhunderten wirkliche Verehrer<lb/> der reinen Vernunftreligion, ununterdruͤckt durch<lb/> Intoleranz, unverfuͤhrt durch Schwaͤrmerey, die ge-<lb/> rade in dieſem Lande ſo lange einheimiſch waren,<lb/> erhalten haͤtten, — dieſe Erſcheinung hat in der<lb/> That ſehr wenig Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, ver-<lb/> dient aber ſehr die Aufmerkſamkeit und naͤhere Un-<lb/> terſuchung, und wer hieruͤber naͤhere und zuverlaͤſ-<lb/> ſige Aufklaͤrung geben kann, iſt ſie dem Publikum<lb/> und <hi rendition="#fr">Joſeph</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> ſchuldig.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0193]
Wahrheiten, zu behaupten; nur duͤrften ſie die nicht
ſtoͤren, welchen nun einmal das erſte Geſchenk der
Gottheit — die Vernunft — genug iſt, und welche
ſich außer ihr von keiner weitern Erkenntnißquelle
uͤeberzeugen koͤnnen. Waͤren nur beyde Partheyen
von dem natuͤrlichſten aller Gefuͤhle, dem der Einge-
ſchraͤnkt-
*)
*) auch hier wieder eine ſo ſchoͤne Morgenroͤthe ohne
Tag geblieben ſey.
Ohne Zweifel gehoͤrt dieſe Nachricht entweder zu
den voͤlligen Erdichtungen, mit denen ſo oft die
Zeitungen angefuͤllt ſind, oder Joſeph weiß nichts
von dieſen Verordnungen, die ſeines großen Nah-
mens ſo unwuͤrdig ſind, oder die Sache haͤngt ganz
anders zuſammen, als man ſie vorgeſtellt hat. Letz-
teres ſcheint mir der wahrſcheinlichſte Fall. Die
Erſcheinung ſelbſt, daß unter boͤhmiſchen Bauern
ſich ſeit ſo vielen Jahrhunderten wirkliche Verehrer
der reinen Vernunftreligion, ununterdruͤckt durch
Intoleranz, unverfuͤhrt durch Schwaͤrmerey, die ge-
rade in dieſem Lande ſo lange einheimiſch waren,
erhalten haͤtten, — dieſe Erſcheinung hat in der
That ſehr wenig Wahrſcheinlichkeit fuͤr ſich, ver-
dient aber ſehr die Aufmerkſamkeit und naͤhere Un-
terſuchung, und wer hieruͤber naͤhere und zuverlaͤſ-
ſige Aufklaͤrung geben kann, iſt ſie dem Publikum
und Joſeph II. ſchuldig.
M 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |