den. Gewiß würde eine solche Einrichtung auch aus- ser der dadurch bewirkten Sicherheit noch andere wohlthätige Folgen haben, zu denen ich auch diese rechne, daß junge Bürger und Bauern dadurch mehr zu körperlichen Spielen (die bey den Alten und auch noch im mittlern Zeitalter so gewöhnlich und so nütz- lich waren, itzt aber fast ganz abgekommen sind) ge- reitzt und von den für ihre Gesundheit und Vermö- gen schädlichen Wirthshaus-Gelagen würden ent- fernt werden.
Es bleibe also Grundsatz, daß die Juden nicht völliger Bürger-Rechte fähig sind, wenn sie nicht völlige Bürger-Pflichten erfüllen und den Staat, so gut wie andere, vertheidigen wollen. Und aller- dings müssen sie auch der in ihrem ursprünglichen Gesetz nicht gegründeten Ungereimtheit entsagen, am Sabbath nicht angreifen, sondern nur gegen den feindlichen Angrif sich wehren zu wollen. Und so richtig Hr. Moses (S. 75) bemerkt, daß eine ver- nünftige Religion den Trutzkrieg nicht gut heißen könne, den auch Vernunft und Naturrecht mißbilli- gen; so würde es doch ein Mißbrauch dieser Wahr- heit seyn, wenn ein Bürger nur in einem Kriege, den er selbst für einen Defensiven erkenne, sich ge- brauchen lassen wollte. Das Urtheil hierüber gehört
nicht
den. Gewiß wuͤrde eine ſolche Einrichtung auch auſ- ſer der dadurch bewirkten Sicherheit noch andere wohlthaͤtige Folgen haben, zu denen ich auch dieſe rechne, daß junge Buͤrger und Bauern dadurch mehr zu koͤrperlichen Spielen (die bey den Alten und auch noch im mittlern Zeitalter ſo gewoͤhnlich und ſo nuͤtz- lich waren, itzt aber faſt ganz abgekommen ſind) ge- reitzt und von den fuͤr ihre Geſundheit und Vermoͤ- gen ſchaͤdlichen Wirthshaus-Gelagen wuͤrden ent- fernt werden.
Es bleibe alſo Grundſatz, daß die Juden nicht voͤlliger Buͤrger-Rechte faͤhig ſind, wenn ſie nicht voͤllige Buͤrger-Pflichten erfuͤllen und den Staat, ſo gut wie andere, vertheidigen wollen. Und aller- dings muͤſſen ſie auch der in ihrem urſpruͤnglichen Geſetz nicht gegruͤndeten Ungereimtheit entſagen, am Sabbath nicht angreifen, ſondern nur gegen den feindlichen Angrif ſich wehren zu wollen. Und ſo richtig Hr. Moſes (S. 75) bemerkt, daß eine ver- nuͤnftige Religion den Trutzkrieg nicht gut heißen koͤnne, den auch Vernunft und Naturrecht mißbilli- gen; ſo wuͤrde es doch ein Mißbrauch dieſer Wahr- heit ſeyn, wenn ein Buͤrger nur in einem Kriege, den er ſelbſt fuͤr einen Defenſiven erkenne, ſich ge- brauchen laſſen wollte. Das Urtheil hieruͤber gehoͤrt
nicht
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den. Gewiß wuͤrde eine ſolche Einrichtung auch auſ-
ſer der dadurch bewirkten Sicherheit noch andere
wohlthaͤtige Folgen haben, zu denen ich auch dieſe
rechne, daß junge Buͤrger und Bauern dadurch mehr
zu koͤrperlichen Spielen (die bey den Alten und auch
noch im mittlern Zeitalter ſo gewoͤhnlich und ſo nuͤtz-
lich waren, itzt aber faſt ganz abgekommen ſind) ge-
reitzt und von den fuͤr ihre Geſundheit und Vermoͤ-
gen ſchaͤdlichen Wirthshaus-Gelagen wuͤrden ent-
fernt werden.
Es bleibe alſo Grundſatz, daß die Juden nicht
voͤlliger Buͤrger-Rechte faͤhig ſind, wenn ſie nicht
voͤllige Buͤrger-Pflichten erfuͤllen und den Staat, ſo
gut wie andere, vertheidigen wollen. Und aller-
dings muͤſſen ſie auch der in ihrem urſpruͤnglichen
Geſetz nicht gegruͤndeten Ungereimtheit entſagen,
am Sabbath nicht angreifen, ſondern nur gegen den
feindlichen Angrif ſich wehren zu wollen. Und ſo
richtig Hr. Moſes (S. 75) bemerkt, daß eine ver-
nuͤnftige Religion den Trutzkrieg nicht gut heißen
koͤnne, den auch Vernunft und Naturrecht mißbilli-
gen; ſo wuͤrde es doch ein Mißbrauch dieſer Wahr-
heit ſeyn, wenn ein Buͤrger nur in einem Kriege, den
er ſelbſt fuͤr einen Defenſiven erkenne, ſich ge-
brauchen laſſen wollte. Das Urtheil hieruͤber gehoͤrt
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/244>, abgerufen am 21.11.2024.
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