dieser Sätze, sobald man sie nur deutlich denkt, ist so unverkennbar, daß ich mich unmöglich länger bey ihnen verweilen kann, auch schon das Gesagte für überflüßig gehalten haben würde, wenn nicht die ge- machten Einwürfe das Gegentheil bewiesen. Ich darf indeß itzt wohl voraussetzen, daß ein den Juden er- theiltes Recht, die Erde zu bauen, kein Unrecht, vielmehr eine Wohlthat für ihre Mitbürger sey. Nun noch etwas über die Frage: ob die Juden fähig seyn werden, dieses Recht, wenn man es ihnen be- willigte, wirklich zu benutzen?
"In unsern meisten Staaten, sagt man, ist Gott- "lob! der Ackerbau schon so blühend, daß wenig oder "gar kein unurbares Land mehr übrig ist, das man "den Juden überlaßen könnte?" Gut, wo dieses der Fall ist, können freylich die Juden keine Grund- stücke erwerben. Die ihnen dazu ertheilte Freyheit wird also keine weitre Folge habe, als daß in einzelnen Fällen des Verkaufs und Verpachtung der Güter auch Juden die Concurrenz vermehren, oder daß sie als Knechte und Taglöhner sich vermiethen. Ist hiezu gar keine Gelegenheit, so werden die Juden sich zu andern Nahrungswegen wenden. Der Staat kann hiebey ruhig zusehen, die natürliche Verhält- nisse der Dinge thun hier alles. Diese allein, keine
Verfü-
dieſer Saͤtze, ſobald man ſie nur deutlich denkt, iſt ſo unverkennbar, daß ich mich unmoͤglich laͤnger bey ihnen verweilen kann, auch ſchon das Geſagte fuͤr uͤberfluͤßig gehalten haben wuͤrde, wenn nicht die ge- machten Einwuͤrfe das Gegentheil bewieſen. Ich darf indeß itzt wohl vorausſetzen, daß ein den Juden er- theiltes Recht, die Erde zu bauen, kein Unrecht, vielmehr eine Wohlthat fuͤr ihre Mitbuͤrger ſey. Nun noch etwas uͤber die Frage: ob die Juden faͤhig ſeyn werden, dieſes Recht, wenn man es ihnen be- willigte, wirklich zu benutzen?
„In unſern meiſten Staaten, ſagt man, iſt Gott- „lob! der Ackerbau ſchon ſo bluͤhend, daß wenig oder „gar kein unurbares Land mehr uͤbrig iſt, das man „den Juden uͤberlaßen koͤnnte?“ Gut, wo dieſes der Fall iſt, koͤnnen freylich die Juden keine Grund- ſtuͤcke erwerben. Die ihnen dazu ertheilte Freyheit wird alſo keine weitre Folge habe, als daß in einzelnen Faͤllen des Verkaufs und Verpachtung der Guͤter auch Juden die Concurrenz vermehren, oder daß ſie als Knechte und Tagloͤhner ſich vermiethen. Iſt hiezu gar keine Gelegenheit, ſo werden die Juden ſich zu andern Nahrungswegen wenden. Der Staat kann hiebey ruhig zuſehen, die natuͤrliche Verhaͤlt- niſſe der Dinge thun hier alles. Dieſe allein, keine
Verfuͤ-
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dieſer Saͤtze, ſobald man ſie nur deutlich denkt, iſt
ſo unverkennbar, daß ich mich unmoͤglich laͤnger bey
ihnen verweilen kann, auch ſchon das Geſagte fuͤr
uͤberfluͤßig gehalten haben wuͤrde, wenn nicht die ge-
machten Einwuͤrfe das Gegentheil bewieſen. Ich darf
indeß itzt wohl vorausſetzen, daß ein den Juden er-
theiltes Recht, die Erde zu bauen, kein Unrecht,
vielmehr eine Wohlthat fuͤr ihre Mitbuͤrger ſey.
Nun noch etwas uͤber die Frage: ob die Juden faͤhig
ſeyn werden, dieſes Recht, wenn man es ihnen be-
willigte, wirklich zu benutzen?
„In unſern meiſten Staaten, ſagt man, iſt Gott-
„lob! der Ackerbau ſchon ſo bluͤhend, daß wenig oder
„gar kein unurbares Land mehr uͤbrig iſt, das man
„den Juden uͤberlaßen koͤnnte?“ Gut, wo dieſes
der Fall iſt, koͤnnen freylich die Juden keine Grund-
ſtuͤcke erwerben. Die ihnen dazu ertheilte Freyheit
wird alſo keine weitre Folge habe, als daß in einzelnen
Faͤllen des Verkaufs und Verpachtung der Guͤter
auch Juden die Concurrenz vermehren, oder daß ſie
als Knechte und Tagloͤhner ſich vermiethen. Iſt
hiezu gar keine Gelegenheit, ſo werden die Juden
ſich zu andern Nahrungswegen wenden. Der Staat
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/259>, abgerufen am 18.12.2024.
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