Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

bemerkt, "daß die Juden im Preußischen immer
"Molkenwirthschaft getrieben und Holländereyen ge-
"pachtet hätten, welches ihnen aber nachher sey ver-
"boten worden, und wünscht zu wissen, ob dieß Ver-
"bot aus Besorgniß der Unterschleife, oder wegen ih-
"rer Ungeschicklichkeit zur Sache gegeben sey?" Ich
habe deßhalb Nachricht eingezogen und gefunden,
daß weder das eine noch das andere, die Ursache die-
ses Verbots, sondern dasselbe allein in der allgemei-
nen Judenverfassung dieser Lande gegründet gewesen.
Nach dieser sind die Juden bloß auf gewisse bestimm-
te Gewerbe eingeschränkt und besonders ihnen alle
landwirthschaftliche Arbeiten untersagt. Sie haben
also auch nie Molkenwirthschaft treiben dürfen, aber
es heimlich oft gethan, weil die Besitzer und Päch-
ter der Güter, gerade wegen der angeführten größern
Oekonomie den Juden, es vortheilhafter fanden sie
hierzu und eben so auch zum Brantweinbrennen
(welches ihnen daher auch wirklich, im Dienst Andrer
erlaubt geblieben) zu gebrauchen. Diese Schleich-
Boschäftigung beweiset also nur ein vorzügliches Ver-
trauen zu der Indüstrie der Juden, welche aber
freilich, dem einmal bestehenden Gesetz gemäß,
nicht geduldet werden konnte.

II.
R 5

bemerkt, „daß die Juden im Preußiſchen immer
„Molkenwirthſchaft getrieben und Hollaͤndereyen ge-
„pachtet haͤtten, welches ihnen aber nachher ſey ver-
„boten worden, und wuͤnſcht zu wiſſen, ob dieß Ver-
„bot aus Beſorgniß der Unterſchleife, oder wegen ih-
„rer Ungeſchicklichkeit zur Sache gegeben ſey?“ Ich
habe deßhalb Nachricht eingezogen und gefunden,
daß weder das eine noch das andere, die Urſache die-
ſes Verbots, ſondern daſſelbe allein in der allgemei-
nen Judenverfaſſung dieſer Lande gegruͤndet geweſen.
Nach dieſer ſind die Juden bloß auf gewiſſe beſtimm-
te Gewerbe eingeſchraͤnkt und beſonders ihnen alle
landwirthſchaftliche Arbeiten unterſagt. Sie haben
alſo auch nie Molkenwirthſchaft treiben duͤrfen, aber
es heimlich oft gethan, weil die Beſitzer und Paͤch-
ter der Guͤter, gerade wegen der angefuͤhrten groͤßern
Oekonomie den Juden, es vortheilhafter fanden ſie
hierzu und eben ſo auch zum Brantweinbrennen
(welches ihnen daher auch wirklich, im Dienſt Andrer
erlaubt geblieben) zu gebrauchen. Dieſe Schleich-
Boſchaͤftigung beweiſet alſo nur ein vorzuͤgliches Ver-
trauen zu der Induͤſtrie der Juden, welche aber
freilich, dem einmal beſtehenden Geſetz gemaͤß,
nicht geduldet werden konnte.

II.
R 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0273" n="265"/>
bemerkt, &#x201E;daß die Juden im Preußi&#x017F;chen immer<lb/>
&#x201E;Molkenwirth&#x017F;chaft getrieben und Holla&#x0364;ndereyen ge-<lb/>
&#x201E;pachtet ha&#x0364;tten, welches ihnen aber nachher &#x017F;ey ver-<lb/>
&#x201E;boten worden, und wu&#x0364;n&#x017F;cht zu wi&#x017F;&#x017F;en, ob dieß Ver-<lb/>
&#x201E;bot aus Be&#x017F;orgniß der Unter&#x017F;chleife, oder wegen ih-<lb/>
&#x201E;rer Unge&#x017F;chicklichkeit zur Sache gegeben &#x017F;ey?&#x201C; Ich<lb/>
habe deßhalb Nachricht eingezogen und gefunden,<lb/>
daß weder das eine noch das andere, die Ur&#x017F;ache die-<lb/>
&#x017F;es Verbots, &#x017F;ondern da&#x017F;&#x017F;elbe allein in der allgemei-<lb/>
nen Judenverfa&#x017F;&#x017F;ung die&#x017F;er Lande gegru&#x0364;ndet gewe&#x017F;en.<lb/>
Nach die&#x017F;er &#x017F;ind die Juden bloß auf gewi&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;timm-<lb/>
te Gewerbe einge&#x017F;chra&#x0364;nkt und be&#x017F;onders ihnen alle<lb/>
landwirth&#x017F;chaftliche Arbeiten unter&#x017F;agt. Sie haben<lb/>
al&#x017F;o auch nie Molkenwirth&#x017F;chaft treiben du&#x0364;rfen, aber<lb/>
es heimlich oft gethan, weil die Be&#x017F;itzer und Pa&#x0364;ch-<lb/>
ter der Gu&#x0364;ter, gerade wegen der angefu&#x0364;hrten gro&#x0364;ßern<lb/>
Oekonomie den Juden, es vortheilhafter fanden &#x017F;ie<lb/>
hierzu und eben &#x017F;o auch zum Brantweinbrennen<lb/>
(welches ihnen daher auch wirklich, im Dien&#x017F;t Andrer<lb/>
erlaubt geblieben) zu gebrauchen. Die&#x017F;e Schleich-<lb/>
Bo&#x017F;cha&#x0364;ftigung bewei&#x017F;et al&#x017F;o nur ein vorzu&#x0364;gliches Ver-<lb/>
trauen zu der Indu&#x0364;&#x017F;trie der Juden, welche aber<lb/>
freilich, dem einmal be&#x017F;tehenden Ge&#x017F;etz gema&#x0364;ß,<lb/>
nicht geduldet werden konnte.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">R 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">II.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0273] bemerkt, „daß die Juden im Preußiſchen immer „Molkenwirthſchaft getrieben und Hollaͤndereyen ge- „pachtet haͤtten, welches ihnen aber nachher ſey ver- „boten worden, und wuͤnſcht zu wiſſen, ob dieß Ver- „bot aus Beſorgniß der Unterſchleife, oder wegen ih- „rer Ungeſchicklichkeit zur Sache gegeben ſey?“ Ich habe deßhalb Nachricht eingezogen und gefunden, daß weder das eine noch das andere, die Urſache die- ſes Verbots, ſondern daſſelbe allein in der allgemei- nen Judenverfaſſung dieſer Lande gegruͤndet geweſen. Nach dieſer ſind die Juden bloß auf gewiſſe beſtimm- te Gewerbe eingeſchraͤnkt und beſonders ihnen alle landwirthſchaftliche Arbeiten unterſagt. Sie haben alſo auch nie Molkenwirthſchaft treiben duͤrfen, aber es heimlich oft gethan, weil die Beſitzer und Paͤch- ter der Guͤter, gerade wegen der angefuͤhrten groͤßern Oekonomie den Juden, es vortheilhafter fanden ſie hierzu und eben ſo auch zum Brantweinbrennen (welches ihnen daher auch wirklich, im Dienſt Andrer erlaubt geblieben) zu gebrauchen. Dieſe Schleich- Boſchaͤftigung beweiſet alſo nur ein vorzuͤgliches Ver- trauen zu der Induͤſtrie der Juden, welche aber freilich, dem einmal beſtehenden Geſetz gemaͤß, nicht geduldet werden konnte. II. R 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/273
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/273>, abgerufen am 16.06.2024.