Abgaben, völlig gleich gesetzt werden müssen, ver- steht sich von selbst.
Es bleibt noch der Einwurf, "daß die Juden, "man möchte sie nun in die Zünfte einführen, oder "neben denselben ihnen die Handwerke verstatten wol- "len, doch durch die Beobachtung ihres Ceremonial- "gesetzes sich unfähig machten, von diesen Vorthei- "len Gebrauch zu machen. Der Junge kann nicht "vom Tische seines Meisters essen, nicht alle Tage "arbeiten; der Geselle nicht wandern; der Meister "nicht Lehrlinge halten u. s. w." Ich antworte hie- rauf wieder zuerst, daß es des Staats Sache nicht ist, ob und wie die Juden die Rechte, die er ihnen anbietet, gebrauchen werden, und daß er dieses allein ihnen überlassen müsse. Itzt kann ein Jude kein Handwerker werden, wenn er nicht zuvor den heilt- gen Glauben seiner Vorfahren feyerlich abschwört, seinen Eltern und Brüdern feindseelig entsagt. Ganz anders wird der Fall seyn, wenn man ihn in die Werkstätte aufnimmt, ohne sich zu bekümmern, wie er mit seinem Glauben es halte? Er wird dann, wie ich schon oft gesagt habe, aufhören ein solcher Jude, wie er bisher war, zu seyn, aber almählig und unbemerkt. Mag es mit dieser Metamorphose gehn, wie es wolle, genug, wenn er nur ein guter
Hand-
Abgaben, voͤllig gleich geſetzt werden muͤſſen, ver- ſteht ſich von ſelbſt.
Es bleibt noch der Einwurf, „daß die Juden, „man moͤchte ſie nun in die Zuͤnfte einfuͤhren, oder „neben denſelben ihnen die Handwerke verſtatten wol- „len, doch durch die Beobachtung ihres Ceremonial- „geſetzes ſich unfaͤhig machten, von dieſen Vorthei- „len Gebrauch zu machen. Der Junge kann nicht „vom Tiſche ſeines Meiſters eſſen, nicht alle Tage „arbeiten; der Geſelle nicht wandern; der Meiſter „nicht Lehrlinge halten u. ſ. w.“ Ich antworte hie- rauf wieder zuerſt, daß es des Staats Sache nicht iſt, ob und wie die Juden die Rechte, die er ihnen anbietet, gebrauchen werden, und daß er dieſes allein ihnen uͤberlaſſen muͤſſe. Itzt kann ein Jude kein Handwerker werden, wenn er nicht zuvor den heilt- gen Glauben ſeiner Vorfahren feyerlich abſchwoͤrt, ſeinen Eltern und Bruͤdern feindſeelig entſagt. Ganz anders wird der Fall ſeyn, wenn man ihn in die Werkſtaͤtte aufnimmt, ohne ſich zu bekuͤmmern, wie er mit ſeinem Glauben es halte? Er wird dann, wie ich ſchon oft geſagt habe, aufhoͤren ein ſolcher Jude, wie er bisher war, zu ſeyn, aber almaͤhlig und unbemerkt. Mag es mit dieſer Metamorphoſe gehn, wie es wolle, genug, wenn er nur ein guter
Hand-
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Abgaben, voͤllig gleich geſetzt werden muͤſſen, ver-
ſteht ſich von ſelbſt.
Es bleibt noch der Einwurf, „daß die Juden,
„man moͤchte ſie nun in die Zuͤnfte einfuͤhren, oder
„neben denſelben ihnen die Handwerke verſtatten wol-
„len, doch durch die Beobachtung ihres Ceremonial-
„geſetzes ſich unfaͤhig machten, von dieſen Vorthei-
„len Gebrauch zu machen. Der Junge kann nicht
„vom Tiſche ſeines Meiſters eſſen, nicht alle Tage
„arbeiten; der Geſelle nicht wandern; der Meiſter
„nicht Lehrlinge halten u. ſ. w.“ Ich antworte hie-
rauf wieder zuerſt, daß es des Staats Sache nicht
iſt, ob und wie die Juden die Rechte, die er ihnen
anbietet, gebrauchen werden, und daß er dieſes allein
ihnen uͤberlaſſen muͤſſe. Itzt kann ein Jude kein
Handwerker werden, wenn er nicht zuvor den heilt-
gen Glauben ſeiner Vorfahren feyerlich abſchwoͤrt,
ſeinen Eltern und Bruͤdern feindſeelig entſagt. Ganz
anders wird der Fall ſeyn, wenn man ihn in die
Werkſtaͤtte aufnimmt, ohne ſich zu bekuͤmmern, wie
er mit ſeinem Glauben es halte? Er wird dann,
wie ich ſchon oft geſagt habe, aufhoͤren ein ſolcher
Jude, wie er bisher war, zu ſeyn, aber almaͤhlig
und unbemerkt. Mag es mit dieſer Metamorphoſe
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/298>, abgerufen am 27.11.2024.
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