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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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binen reservationes mentales erlauben. Der Einwurf,
auf den es hier ankömmt, würde also gleichfals ge-
hoben seyn und die Obrigkeit könnte auf den End ei-
nes Juden sich sicher verlassen, der den Grundsätzen
seines Gesetzes getren bliebe.

Indeß gestehe ich gern, daß mir obige rab-
binische Bestimmungen nicht ganz gefallen, und
daß ich sie allerdings schädlicher Folgen fähig
halte. Das reine Gefühl für Aufrichtigkeit
und strenge Wahrheit ist zu wichtig, als daß es
nicht bedenklich seyn sollte, es auf irgend eine Art zu
sthwächen, und dieses scheint mir leicht möglich,
wenn man einmal die Menschen an zu feine Distin-
ctionen und casuistische Abtheilung der Fälle gewöhnt,
und es ihrem eignen Gewissen erlaubt, sich zuwei-

len
"gehn kann." -- Diese Erlaubniß könnte allerdings
sehr gemißbraucht werden, da fast in jedem Rechts-
handel jede Parthey ihr Recht für offenbar hält,
also wenn sie nicht anders es erhalten könnte, sich
einen falschen Eyd erlauben würde. Nach den hier
entwickelten Grundsätzen gehört aber dieser Fall
durchaus nicht zu denen, in welchen es verstattet ist,
seinen Worten einen andern Sinn zu geben, welche
vielmehr allein auf die unrechtmäßige Gewalt
Dessen
, der uns einen Eyd abdringt, beschränkt
sind.
Y

binen reſervationes mentales erlauben. Der Einwurf,
auf den es hier ankoͤmmt, wuͤrde alſo gleichfals ge-
hoben ſeyn und die Obrigkeit koͤnnte auf den End ei-
nes Juden ſich ſicher verlaſſen, der den Grundſaͤtzen
ſeines Geſetzes getren bliebe.

Indeß geſtehe ich gern, daß mir obige rab-
biniſche Beſtimmungen nicht ganz gefallen, und
daß ich ſie allerdings ſchaͤdlicher Folgen faͤhig
halte. Das reine Gefuͤhl fuͤr Aufrichtigkeit
und ſtrenge Wahrheit iſt zu wichtig, als daß es
nicht bedenklich ſeyn ſollte, es auf irgend eine Art zu
ſthwaͤchen, und dieſes ſcheint mir leicht moͤglich,
wenn man einmal die Menſchen an zu feine Diſtin-
ctionen und caſuiſtiſche Abtheilung der Faͤlle gewoͤhnt,
und es ihrem eignen Gewiſſen erlaubt, ſich zuwei-

len
„gehn kann.“ — Dieſe Erlaubniß koͤnnte allerdings
ſehr gemißbraucht werden, da faſt in jedem Rechts-
handel jede Parthey ihr Recht fuͤr offenbar haͤlt,
alſo wenn ſie nicht anders es erhalten koͤnnte, ſich
einen falſchen Eyd erlauben wuͤrde. Nach den hier
entwickelten Grundſaͤtzen gehoͤrt aber dieſer Fall
durchaus nicht zu denen, in welchen es verſtattet iſt,
ſeinen Worten einen andern Sinn zu geben, welche
vielmehr allein auf die unrechtmaͤßige Gewalt
Deſſen
, der uns einen Eyd abdringt, beſchraͤnkt
ſind.
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[337/0345] binen reſervationes mentales erlauben. Der Einwurf, auf den es hier ankoͤmmt, wuͤrde alſo gleichfals ge- hoben ſeyn und die Obrigkeit koͤnnte auf den End ei- nes Juden ſich ſicher verlaſſen, der den Grundſaͤtzen ſeines Geſetzes getren bliebe. Indeß geſtehe ich gern, daß mir obige rab- biniſche Beſtimmungen nicht ganz gefallen, und daß ich ſie allerdings ſchaͤdlicher Folgen faͤhig halte. Das reine Gefuͤhl fuͤr Aufrichtigkeit und ſtrenge Wahrheit iſt zu wichtig, als daß es nicht bedenklich ſeyn ſollte, es auf irgend eine Art zu ſthwaͤchen, und dieſes ſcheint mir leicht moͤglich, wenn man einmal die Menſchen an zu feine Diſtin- ctionen und caſuiſtiſche Abtheilung der Faͤlle gewoͤhnt, und es ihrem eignen Gewiſſen erlaubt, ſich zuwei- len *) *) „gehn kann.“ — Dieſe Erlaubniß koͤnnte allerdings ſehr gemißbraucht werden, da faſt in jedem Rechts- handel jede Parthey ihr Recht fuͤr offenbar haͤlt, alſo wenn ſie nicht anders es erhalten koͤnnte, ſich einen falſchen Eyd erlauben wuͤrde. Nach den hier entwickelten Grundſaͤtzen gehoͤrt aber dieſer Fall durchaus nicht zu denen, in welchen es verſtattet iſt, ſeinen Worten einen andern Sinn zu geben, welche vielmehr allein auf die unrechtmaͤßige Gewalt Deſſen, der uns einen Eyd abdringt, beſchraͤnkt ſind. Y

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/345>, abgerufen am 23.11.2024.