len. Auch hat Moses durch seine Gesetze, sonder- lich von reinen und unreinen Speisen, genug dafür gesorgt, daß sie, so lange sie diese halten, auch nach mehreren Geschlechten nie völlig mit uns als Ein Volk zusammenfliessen können: die meisten genauen Freundschaften entstehen gemeiniglich beym Essen und Trinken. Welches Volk nicht mit uns essen und trinken kann, bleibt immer ein in seinen und unsern Augen sehr abgesondertes Volk. Dazu kommt der Nationalstolz der Juden, der es, wenigstens Deut- schen und Engländern unerträglich machen würde, sie zu Obern zu haben. Vielleicht hat, ungeachtet alles Widerspruchs der Gegenparthey, und aller ein- zelnen nicht ganz zu leugnenden Fehler, kein König von Großbritannien, ein so kluges, alle Kräfte des Reichs gegen viele Feinde aufbietendes Ministerium gehabt, als das jetzige ist *); aber wenn in ihm ein oder zwey nationalisirte Juden wären, die redlichsten und einsichtsvollesten Männer von der Weit, und sie thä- then alles was das jetzige Ministerium thut, oder noch mehr: würde nicht bey dem Widerspruch gegen gewisse Maasregeln, oder auch bey gewissen Fehl-
trit-
*) Herr Ritter Michaelis meynt hier das im März 1782, nach dem einstimmigen dringenden Verlangen der Nation verabschiedete Ministerium. D.
len. Auch hat Moſes durch ſeine Geſetze, ſonder- lich von reinen und unreinen Speiſen, genug dafuͤr geſorgt, daß ſie, ſo lange ſie dieſe halten, auch nach mehreren Geſchlechten nie voͤllig mit uns als Ein Volk zuſammenflieſſen koͤnnen: die meiſten genauen Freundſchaften entſtehen gemeiniglich beym Eſſen und Trinken. Welches Volk nicht mit uns eſſen und trinken kann, bleibt immer ein in ſeinen und unſern Augen ſehr abgeſondertes Volk. Dazu kommt der Nationalſtolz der Juden, der es, wenigſtens Deut- ſchen und Englaͤndern unertraͤglich machen wuͤrde, ſie zu Obern zu haben. Vielleicht hat, ungeachtet alles Widerſpruchs der Gegenparthey, und aller ein- zelnen nicht ganz zu leugnenden Fehler, kein Koͤnig von Großbritannien, ein ſo kluges, alle Kraͤfte des Reichs gegen viele Feinde aufbietendes Miniſterium gehabt, als das jetzige iſt *); aber wenn in ihm ein oder zwey nationaliſirte Juden waͤren, die redlichſten und einſichtsvolleſten Maͤnner von der Weit, und ſie thaͤ- then alles was das jetzige Miniſterium thut, oder noch mehr: wuͤrde nicht bey dem Widerſpruch gegen gewiſſe Maasregeln, oder auch bey gewiſſen Fehl-
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*) Herr Ritter Michaelis meynt hier das im Maͤrz 1782, nach dem einſtimmigen dringenden Verlangen der Nation verabſchiedete Miniſterium. D.
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lich von reinen und unreinen Speiſen, genug dafuͤr
geſorgt, daß ſie, ſo lange ſie dieſe halten, auch nach
mehreren Geſchlechten nie voͤllig mit uns als Ein
Volk zuſammenflieſſen koͤnnen: die meiſten genauen
Freundſchaften entſtehen gemeiniglich beym Eſſen und
Trinken. Welches Volk nicht mit uns eſſen und
trinken kann, bleibt immer ein in ſeinen und unſern
Augen ſehr abgeſondertes Volk. Dazu kommt der
Nationalſtolz der Juden, der es, wenigſtens Deut-
ſchen und Englaͤndern unertraͤglich machen wuͤrde,
ſie zu Obern zu haben. Vielleicht hat, ungeachtet
alles Widerſpruchs der Gegenparthey, und aller ein-
zelnen nicht ganz zu leugnenden Fehler, kein Koͤnig
von Großbritannien, ein ſo kluges, alle Kraͤfte des
Reichs gegen viele Feinde aufbietendes Miniſterium
gehabt, als das jetzige iſt *); aber wenn in ihm ein oder
zwey nationaliſirte Juden waͤren, die redlichſten und
einſichtsvolleſten Maͤnner von der Weit, und ſie thaͤ-
then alles was das jetzige Miniſterium thut, oder
noch mehr: wuͤrde nicht bey dem Widerſpruch gegen
gewiſſe Maasregeln, oder auch bey gewiſſen Fehl-
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*) Herr Ritter Michaelis meynt hier das im Maͤrz
1782, nach dem einſtimmigen dringenden Verlangen
der Nation verabſchiedete Miniſterium. D.
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/69>, abgerufen am 24.11.2024.
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