So waren ungefähr sechs Wochen verflossen, als es eines Abends wieder an der Wohnung klingelte. Die Alte öffnete und statt eines vielleicht erwarteten Andern trat der Polizeikommissair herein. Bei diesem unerwar¬ teten Besuch entschlüpfte der Alten ein Laut des Schre¬ ckens, den Mathilde drin im Zimmer vernahm, der Po¬ lizeibeamte aber schob sie bei Seite und schritt rasch in das Gemach.
Mathilde hatte in der Ecke des Sopha's gesessen, allein, mit ihren düstern Gedanken beschäftigt, als sie der Ausruf der Alten daraus weckte. Als sie jetzt empor¬ blickte und diesen Mann vor sich sah, dessen unheilver¬ kündende Nähe sie mehr noch fürchtete, als die bittere Selbstverachtung ihrer eignen Seele, da stiegen plötzlich wie drohende Gespenster die Bilder ihrer muthmaßlichen Zukunft vor ihren Augen auf. Sie haßte diesen Mann, sie hatte ihm oft heimlich und glühend geflucht, wenn ihre Gedanken oder Träume ihr denselben gezeigt hatten: denn von seinem ersten Erscheinen schrieb sich ihr gegen¬ wärtiges, tiefes Elend her. Jetzt aber schwanden alle andern Gefühle, und sie sah in ihm nur den Vorboten neuen Unheils für ihr eigenes und ihres Kindes Leben.
"Da sieht man also die saubere Wirthschaft!" sagte
Die Suͤnderin.
So waren ungefaͤhr ſechs Wochen verfloſſen, als es eines Abends wieder an der Wohnung klingelte. Die Alte oͤffnete und ſtatt eines vielleicht erwarteten Andern trat der Polizeikommiſſair herein. Bei dieſem unerwar¬ teten Beſuch entſchluͤpfte der Alten ein Laut des Schre¬ ckens, den Mathilde drin im Zimmer vernahm, der Po¬ lizeibeamte aber ſchob ſie bei Seite und ſchritt raſch in das Gemach.
Mathilde hatte in der Ecke des Sopha's geſeſſen, allein, mit ihren duͤſtern Gedanken beſchaͤftigt, als ſie der Ausruf der Alten daraus weckte. Als ſie jetzt empor¬ blickte und dieſen Mann vor ſich ſah, deſſen unheilver¬ kuͤndende Naͤhe ſie mehr noch fuͤrchtete, als die bittere Selbſtverachtung ihrer eignen Seele, da ſtiegen ploͤtzlich wie drohende Geſpenſter die Bilder ihrer muthmaßlichen Zukunft vor ihren Augen auf. Sie haßte dieſen Mann, ſie hatte ihm oft heimlich und gluͤhend geflucht, wenn ihre Gedanken oder Traͤume ihr denſelben gezeigt hatten: denn von ſeinem erſten Erſcheinen ſchrieb ſich ihr gegen¬ waͤrtiges, tiefes Elend her. Jetzt aber ſchwanden alle andern Gefuͤhle, und ſie ſah in ihm nur den Vorboten neuen Unheils fuͤr ihr eigenes und ihres Kindes Leben.
„Da ſieht man alſo die ſaubere Wirthſchaft!“ ſagte
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Die Suͤnderin.
So waren ungefaͤhr ſechs Wochen verfloſſen, als es
eines Abends wieder an der Wohnung klingelte. Die
Alte oͤffnete und ſtatt eines vielleicht erwarteten Andern
trat der Polizeikommiſſair herein. Bei dieſem unerwar¬
teten Beſuch entſchluͤpfte der Alten ein Laut des Schre¬
ckens, den Mathilde drin im Zimmer vernahm, der Po¬
lizeibeamte aber ſchob ſie bei Seite und ſchritt raſch in
das Gemach.
Mathilde hatte in der Ecke des Sopha's geſeſſen,
allein, mit ihren duͤſtern Gedanken beſchaͤftigt, als ſie der
Ausruf der Alten daraus weckte. Als ſie jetzt empor¬
blickte und dieſen Mann vor ſich ſah, deſſen unheilver¬
kuͤndende Naͤhe ſie mehr noch fuͤrchtete, als die bittere
Selbſtverachtung ihrer eignen Seele, da ſtiegen ploͤtzlich
wie drohende Geſpenſter die Bilder ihrer muthmaßlichen
Zukunft vor ihren Augen auf. Sie haßte dieſen Mann,
ſie hatte ihm oft heimlich und gluͤhend geflucht, wenn
ihre Gedanken oder Traͤume ihr denſelben gezeigt hatten:
denn von ſeinem erſten Erſcheinen ſchrieb ſich ihr gegen¬
waͤrtiges, tiefes Elend her. Jetzt aber ſchwanden alle
andern Gefuͤhle, und ſie ſah in ihm nur den Vorboten
neuen Unheils fuͤr ihr eigenes und ihres Kindes Leben.
„Da ſieht man alſo die ſaubere Wirthſchaft!“ ſagte
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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/101>, abgerufen am 16.07.2024.
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