Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Das Unvermeidliche. Leiden und harte Erfahrungen hatten ihn, wie er selbstsagte, früh mürbe gemacht. Er hatte sich an Aurelio so angeschlossen, wie das in gewissen Jahren zu gesche¬ hen pflegt, und der Kunstreiter nahm die Zuneigung des Fremden ebenso, oder wie einen Tribut auf. Der Fremde hatte ihn bald auch auf seinem abendlichen Gange begleitet, und stand während des Zusammenseins der bei¬ den Verliebten auf Wache. Allmählig hatten Aurelio und der Fremde ausführlicher und ernster über dies Ver¬ hältniß gesprochen. Als nach einem solchen Gespräch der Fremde gesagt hatte: "Ein Mann wie Sie findet überall seine Stellung", und Aurelio darauf erwiederte: "Ja, aber wie soll ich von hier dahin kommen?" sagte der Erstere, daß er zu jeder Zeit Pässe verschaffen könne, und fügte dann hinzu: "Uebrigens wäre es dann hohe Zeit, denn wer weiß, Eines Abends standen die beiden Liebenden wieder Das Unvermeidliche. Leiden und harte Erfahrungen hatten ihn, wie er ſelbſtſagte, fruͤh muͤrbe gemacht. Er hatte ſich an Aurelio ſo angeſchloſſen, wie das in gewiſſen Jahren zu geſche¬ hen pflegt, und der Kunſtreiter nahm die Zuneigung des Fremden ebenſo, oder wie einen Tribut auf. Der Fremde hatte ihn bald auch auf ſeinem abendlichen Gange begleitet, und ſtand waͤhrend des Zuſammenſeins der bei¬ den Verliebten auf Wache. Allmaͤhlig hatten Aurelio und der Fremde ausfuͤhrlicher und ernſter uͤber dies Ver¬ haͤltniß geſprochen. Als nach einem ſolchen Geſpraͤch der Fremde geſagt hatte: „Ein Mann wie Sie findet uͤberall ſeine Stellung“, und Aurelio darauf erwiederte: „Ja, aber wie ſoll ich von hier dahin kommen?“ ſagte der Erſtere, daß er zu jeder Zeit Paͤſſe verſchaffen koͤnne, und fuͤgte dann hinzu: „Uebrigens waͤre es dann hohe Zeit, denn wer weiß, Eines Abends ſtanden die beiden Liebenden wieder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="194"/><fw place="top" type="header">Das Unvermeidliche.<lb/></fw>Leiden und harte Erfahrungen hatten ihn, wie er ſelbſt<lb/> ſagte, fruͤh muͤrbe gemacht. Er hatte ſich an Aurelio<lb/> ſo angeſchloſſen, wie das in gewiſſen Jahren zu geſche¬<lb/> hen pflegt, und der Kunſtreiter nahm die Zuneigung des<lb/> Fremden ebenſo, oder wie einen Tribut auf. Der<lb/> Fremde hatte ihn bald auch auf ſeinem abendlichen Gange<lb/> begleitet, und ſtand waͤhrend des Zuſammenſeins der bei¬<lb/> den Verliebten auf Wache. Allmaͤhlig hatten Aurelio<lb/> und der Fremde ausfuͤhrlicher und ernſter uͤber dies Ver¬<lb/> haͤltniß geſprochen. Als nach einem ſolchen Geſpraͤch<lb/> der Fremde geſagt hatte: „Ein Mann wie Sie findet<lb/> uͤberall ſeine Stellung“, und Aurelio darauf erwiederte:<lb/> „Ja, aber wie ſoll ich von hier dahin kommen?“ ſagte<lb/> der Erſtere, daß er zu jeder Zeit Paͤſſe verſchaffen koͤnne,<lb/> und fuͤgte dann hinzu:</p><lb/> <p>„Uebrigens waͤre es dann hohe Zeit, denn wer weiß,<lb/> wenn der Alte uns uͤber den Hals kommt!“ —</p><lb/> <p>Eines Abends ſtanden die beiden Liebenden wieder<lb/> an der Gartenmauer und Aurelio mußte von Scheiden<lb/> geſprochen und dem Maͤdchen Vorwuͤrfe gemacht haben,<lb/> denn als der Mond eben aufging, beleuchtete er ihr<lb/> th<supplied>r</supplied>aͤnenfeuchtes Antlitz. Darauf hatte ſie angefangen,<lb/> von ſeinem Pferde zu ſprechen. Aurelio klopfte dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [194/0208]
Das Unvermeidliche.
Leiden und harte Erfahrungen hatten ihn, wie er ſelbſt
ſagte, fruͤh muͤrbe gemacht. Er hatte ſich an Aurelio
ſo angeſchloſſen, wie das in gewiſſen Jahren zu geſche¬
hen pflegt, und der Kunſtreiter nahm die Zuneigung des
Fremden ebenſo, oder wie einen Tribut auf. Der
Fremde hatte ihn bald auch auf ſeinem abendlichen Gange
begleitet, und ſtand waͤhrend des Zuſammenſeins der bei¬
den Verliebten auf Wache. Allmaͤhlig hatten Aurelio
und der Fremde ausfuͤhrlicher und ernſter uͤber dies Ver¬
haͤltniß geſprochen. Als nach einem ſolchen Geſpraͤch
der Fremde geſagt hatte: „Ein Mann wie Sie findet
uͤberall ſeine Stellung“, und Aurelio darauf erwiederte:
„Ja, aber wie ſoll ich von hier dahin kommen?“ ſagte
der Erſtere, daß er zu jeder Zeit Paͤſſe verſchaffen koͤnne,
und fuͤgte dann hinzu:
„Uebrigens waͤre es dann hohe Zeit, denn wer weiß,
wenn der Alte uns uͤber den Hals kommt!“ —
Eines Abends ſtanden die beiden Liebenden wieder
an der Gartenmauer und Aurelio mußte von Scheiden
geſprochen und dem Maͤdchen Vorwuͤrfe gemacht haben,
denn als der Mond eben aufging, beleuchtete er ihr
thraͤnenfeuchtes Antlitz. Darauf hatte ſie angefangen,
von ſeinem Pferde zu ſprechen. Aurelio klopfte dem
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