Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber draußen will es dunkeln,
Draußen tröpfelt es vom Dach; --
Lange sehn ihm nach die Kinder,
Und der Kranke seufzt ihm nach.


Freitag.
Zu denken in gestandnen Tagen
Der Sorge, die so treulich sann,
Der Liebe, die ihn einst getragen,
Wohl ziemt es jedem Ehrenmann.
Am Lehrer alt, am Schüler mild
Magst du nicht selten es gewahren;
Und sind sie beide grau von Haaren,
Um desto werther ist das Bild.
Zumeist dem Priester wird beschieden
Für frühe Treue dieser Lohn;
Nicht einsam ist des Alters Frieden,
Der Zögling bleibt sein lieber Sohn.
Ja was erstarrt im Lauf der Zeit,
Und wehrt dem Neuen einzudringen,
Des Herzens steife Flechsen schlingen
Sich fester um Vergangenheit.
So läßt ein wenig Putz gefallen
Sich heut der gute Pfarrer gern,
Das span'sche Rohr, die Silberschnallen,
Denn heute gehts zum jungen Herrn.

Aber draußen will es dunkeln,
Draußen tröpfelt es vom Dach; —
Lange ſehn ihm nach die Kinder,
Und der Kranke ſeufzt ihm nach.


Freitag.
Zu denken in geſtandnen Tagen
Der Sorge, die ſo treulich ſann,
Der Liebe, die ihn einſt getragen,
Wohl ziemt es jedem Ehrenmann.
Am Lehrer alt, am Schüler mild
Magſt du nicht ſelten es gewahren;
Und ſind ſie beide grau von Haaren,
Um deſto werther iſt das Bild.
Zumeiſt dem Prieſter wird beſchieden
Für frühe Treue dieſer Lohn;
Nicht einſam iſt des Alters Frieden,
Der Zögling bleibt ſein lieber Sohn.
Ja was erſtarrt im Lauf der Zeit,
Und wehrt dem Neuen einzudringen,
Des Herzens ſteife Flechſen ſchlingen
Sich feſter um Vergangenheit.
So läßt ein wenig Putz gefallen
Sich heut der gute Pfarrer gern,
Das ſpan'ſche Rohr, die Silberſchnallen,
Denn heute gehts zum jungen Herrn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="6">
                <pb facs="#f0259" n="245"/>
                <l>Aber draußen will es dunkeln,</l><lb/>
                <l>Draußen tröpfelt es vom Dach; &#x2014;</l><lb/>
                <l>Lange &#x017F;ehn ihm nach die Kinder,</l><lb/>
                <l>Und der Kranke &#x017F;eufzt ihm nach.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g">Freitag.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Zu denken in ge&#x017F;tandnen Tagen</l><lb/>
                <l>Der Sorge, die &#x017F;o treulich &#x017F;ann,</l><lb/>
                <l>Der Liebe, die ihn ein&#x017F;t getragen,</l><lb/>
                <l>Wohl ziemt es jedem Ehrenmann.</l><lb/>
                <l>Am Lehrer alt, am Schüler mild</l><lb/>
                <l>Mag&#x017F;t du nicht &#x017F;elten es gewahren;</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;ind &#x017F;ie beide grau von Haaren,</l><lb/>
                <l>Um de&#x017F;to werther i&#x017F;t das Bild.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Zumei&#x017F;t dem Prie&#x017F;ter wird be&#x017F;chieden</l><lb/>
                <l>Für frühe Treue die&#x017F;er Lohn;</l><lb/>
                <l>Nicht ein&#x017F;am i&#x017F;t des Alters Frieden,</l><lb/>
                <l>Der Zögling bleibt &#x017F;ein lieber Sohn.</l><lb/>
                <l>Ja was er&#x017F;tarrt im Lauf der Zeit,</l><lb/>
                <l>Und wehrt dem Neuen einzudringen,</l><lb/>
                <l>Des Herzens &#x017F;teife Flech&#x017F;en &#x017F;chlingen</l><lb/>
                <l>Sich fe&#x017F;ter um Vergangenheit.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>So läßt ein wenig Putz gefallen</l><lb/>
                <l>Sich heut der gute Pfarrer gern,</l><lb/>
                <l>Das &#x017F;pan'&#x017F;che Rohr, die Silber&#x017F;chnallen,</l><lb/>
                <l>Denn heute gehts zum <hi rendition="#g">jungen Herrn</hi>.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0259] Aber draußen will es dunkeln, Draußen tröpfelt es vom Dach; — Lange ſehn ihm nach die Kinder, Und der Kranke ſeufzt ihm nach. Freitag. Zu denken in geſtandnen Tagen Der Sorge, die ſo treulich ſann, Der Liebe, die ihn einſt getragen, Wohl ziemt es jedem Ehrenmann. Am Lehrer alt, am Schüler mild Magſt du nicht ſelten es gewahren; Und ſind ſie beide grau von Haaren, Um deſto werther iſt das Bild. Zumeiſt dem Prieſter wird beſchieden Für frühe Treue dieſer Lohn; Nicht einſam iſt des Alters Frieden, Der Zögling bleibt ſein lieber Sohn. Ja was erſtarrt im Lauf der Zeit, Und wehrt dem Neuen einzudringen, Des Herzens ſteife Flechſen ſchlingen Sich feſter um Vergangenheit. So läßt ein wenig Putz gefallen Sich heut der gute Pfarrer gern, Das ſpan'ſche Rohr, die Silberſchnallen, Denn heute gehts zum jungen Herrn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/259
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/259>, abgerufen am 22.11.2024.