Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Wie Schwarzwildrudel bricht's heran, Die Aebte fliehn wie Spreu, und dann Mit Reisigen sich Reis'ge packen. Ha, schnöder Straus! zwei gegen zehn! Doch hat der Fürst sich losgerungen, Er peitscht sein Thier und mit Gestöhn Hat's über'n Hohlweg sich geschwungen; Die Gerte pfeift -- "Weh, Rinkerad!" -- Vom Rosse gleitet der Prälat Und ist in's Dickicht dann gedrungen. "Hussah, hussah, erschlagt den Hund, Den stolzen Hund!" und eine Meute Fährt's in den Wald, es schließt ein Rund, Dann vor -- und rückwärts und zur Seite; Die Zweige krachen -- ha es naht -- Am Buchenstamm steht der Prälat Wie ein gestellter Eber heute. Er blickt verzweifelnd auf sein Schwert, Er löst die kurze breite Klinge, Dann prüfend unter'n Mantel fährt Die Linke nach dem Panzerringe; Und nun wohlan, er ist bereit, Ja männlich focht der Priester heut, Sein Streich war eine Flammenschwinge. Das schwirrt und klingelt durch den Wald, Die Blätter stäuben von den Eichen, Und über Arm und Schädel bald Blutrothe Rinnen tröpfeln, schleichen; Wie Schwarzwildrudel bricht's heran, Die Aebte fliehn wie Spreu, und dann Mit Reiſigen ſich Reiſ'ge packen. Ha, ſchnöder Straus! zwei gegen zehn! Doch hat der Fürſt ſich losgerungen, Er peitſcht ſein Thier und mit Geſtöhn Hat's über'n Hohlweg ſich geſchwungen; Die Gerte pfeift — „Weh, Rinkerad!“ — Vom Roſſe gleitet der Prälat Und iſt in's Dickicht dann gedrungen. „Huſſah, huſſah, erſchlagt den Hund, Den ſtolzen Hund!“ und eine Meute Fährt's in den Wald, es ſchließt ein Rund, Dann vor — und rückwärts und zur Seite; Die Zweige krachen — ha es naht — Am Buchenſtamm ſteht der Prälat Wie ein geſtellter Eber heute. Er blickt verzweifelnd auf ſein Schwert, Er löſt die kurze breite Klinge, Dann prüfend unter'n Mantel fährt Die Linke nach dem Panzerringe; Und nun wohlan, er iſt bereit, Ja männlich focht der Prieſter heut, Sein Streich war eine Flammenſchwinge. Das ſchwirrt und klingelt durch den Wald, Die Blätter ſtäuben von den Eichen, Und über Arm und Schädel bald Blutrothe Rinnen tröpfeln, ſchleichen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0291" n="277"/> <lg n="4"> <l>Wie Schwarzwildrudel bricht's heran,</l><lb/> <l>Die Aebte fliehn wie Spreu, und dann</l><lb/> <l>Mit Reiſigen ſich Reiſ'ge packen.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Ha, ſchnöder Straus! zwei gegen zehn!</l><lb/> <l>Doch hat der Fürſt ſich losgerungen,</l><lb/> <l>Er peitſcht ſein Thier und mit Geſtöhn</l><lb/> <l>Hat's über'n Hohlweg ſich geſchwungen;</l><lb/> <l>Die Gerte pfeift — „Weh, Rinkerad!“ —</l><lb/> <l>Vom Roſſe gleitet der Prälat</l><lb/> <l>Und iſt in's Dickicht dann gedrungen.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>„Huſſah, huſſah, erſchlagt den Hund,</l><lb/> <l>Den ſtolzen Hund!“ und eine Meute</l><lb/> <l>Fährt's in den Wald, es ſchließt ein Rund,</l><lb/> <l>Dann vor — und rückwärts und zur Seite;</l><lb/> <l>Die Zweige krachen — ha es naht —</l><lb/> <l>Am Buchenſtamm ſteht der Prälat</l><lb/> <l>Wie ein geſtellter Eber heute.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Er blickt verzweifelnd auf ſein Schwert,</l><lb/> <l>Er löſt die kurze breite Klinge,</l><lb/> <l>Dann prüfend unter'n Mantel fährt</l><lb/> <l>Die Linke nach dem Panzerringe;</l><lb/> <l>Und nun wohlan, er iſt bereit,</l><lb/> <l>Ja männlich focht der Prieſter heut,</l><lb/> <l>Sein Streich war eine Flammenſchwinge.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Das ſchwirrt und klingelt durch den Wald,</l><lb/> <l>Die Blätter ſtäuben von den Eichen,</l><lb/> <l>Und über Arm und Schädel bald</l><lb/> <l>Blutrothe Rinnen tröpfeln, ſchleichen;</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [277/0291]
Wie Schwarzwildrudel bricht's heran,
Die Aebte fliehn wie Spreu, und dann
Mit Reiſigen ſich Reiſ'ge packen.
Ha, ſchnöder Straus! zwei gegen zehn!
Doch hat der Fürſt ſich losgerungen,
Er peitſcht ſein Thier und mit Geſtöhn
Hat's über'n Hohlweg ſich geſchwungen;
Die Gerte pfeift — „Weh, Rinkerad!“ —
Vom Roſſe gleitet der Prälat
Und iſt in's Dickicht dann gedrungen.
„Huſſah, huſſah, erſchlagt den Hund,
Den ſtolzen Hund!“ und eine Meute
Fährt's in den Wald, es ſchließt ein Rund,
Dann vor — und rückwärts und zur Seite;
Die Zweige krachen — ha es naht —
Am Buchenſtamm ſteht der Prälat
Wie ein geſtellter Eber heute.
Er blickt verzweifelnd auf ſein Schwert,
Er löſt die kurze breite Klinge,
Dann prüfend unter'n Mantel fährt
Die Linke nach dem Panzerringe;
Und nun wohlan, er iſt bereit,
Ja männlich focht der Prieſter heut,
Sein Streich war eine Flammenſchwinge.
Das ſchwirrt und klingelt durch den Wald,
Die Blätter ſtäuben von den Eichen,
Und über Arm und Schädel bald
Blutrothe Rinnen tröpfeln, ſchleichen;
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