Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844."Herr!" hebt er an: "ihr dauert mich, ein feines Thier ist euch gefallen, Doch weiß ich eins, ihm gleich wie sich am Paternoster zwei Korallen; Ich nenne euch den Ort, das Haus, ihr habt es um zwei¬ hundert Gulden, Dann wüßt' ich einen Herrn, der drum sein halbes Erbe würde schulden." Der Täuscher horcht, und stammelt dann: "Ich bin ein ganz verarmter Mann!" "Wie, eure prächt'ge Kuppel hin? wie, die ich in den Oster¬ tagen So frisch das Pflaster stampfen sah? fürwahr, da seyd Ihr zu beklagen! O, euer Brauner mit dem Stern, der zierlich vor den Damen kniete! O, euer Weißgeborner, dem's wie Funken aus den Nüstern sprühte!" Der Täuscher hat sich abgewandt, Er zupft am Zaume, ballt die Hand; Und sinnend steht der Schlapphut, mißt mit steifem Blick der Kiste Bohlen, "Herr!" flüstert er: "schließt eure Faust um blankgerändete Pistolen! Die Stunde zehrt, es schwillt der Mond, bald ist des Jahres Schluß gekommen, „Herr!“ hebt er an: „ihr dauert mich, ein feines Thier iſt euch gefallen, Doch weiß ich eins, ihm gleich wie ſich am Paternoſter zwei Korallen; Ich nenne euch den Ort, das Haus, ihr habt es um zwei¬ hundert Gulden, Dann wüßt' ich einen Herrn, der drum ſein halbes Erbe würde ſchulden.“ Der Täuſcher horcht, und ſtammelt dann: „Ich bin ein ganz verarmter Mann!“ „Wie, eure prächt'ge Kuppel hin? wie, die ich in den Oſter¬ tagen So friſch das Pflaſter ſtampfen ſah? fürwahr, da ſeyd Ihr zu beklagen! O, euer Brauner mit dem Stern, der zierlich vor den Damen kniete! O, euer Weißgeborner, dem's wie Funken aus den Nüſtern ſprühte!“ Der Täuſcher hat ſich abgewandt, Er zupft am Zaume, ballt die Hand; Und ſinnend ſteht der Schlapphut, mißt mit ſteifem Blick der Kiſte Bohlen, „Herr!“ flüſtert er: „ſchließt eure Fauſt um blankgerändete Piſtolen! Die Stunde zehrt, es ſchwillt der Mond, bald iſt des Jahres Schluß gekommen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0386" n="372"/> <lg n="6"> <l>„Herr!“ hebt er an: „ihr dauert mich, ein feines Thier iſt</l><lb/> <l>euch gefallen,</l><lb/> <l>Doch weiß ich eins, ihm gleich wie ſich am Paternoſter zwei</l><lb/> <l>Korallen;</l><lb/> <l>Ich nenne euch den Ort, das Haus, ihr habt es um zwei¬</l><lb/> <l>hundert Gulden,</l><lb/> <l>Dann wüßt' ich einen Herrn, der drum ſein halbes Erbe</l><lb/> <l>würde ſchulden.“</l><lb/> <l>Der Täuſcher horcht, und ſtammelt dann:</l><lb/> <l>„Ich bin ein ganz verarmter Mann!“</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>„Wie, eure prächt'ge Kuppel hin? wie, die ich in den Oſter¬</l><lb/> <l>tagen</l><lb/> <l>So friſch das Pflaſter ſtampfen ſah? fürwahr, da ſeyd Ihr</l><lb/> <l>zu beklagen!</l><lb/> <l>O, euer Brauner mit dem Stern, der zierlich vor den Damen</l><lb/> <l>kniete!</l><lb/> <l>O, euer Weißgeborner, dem's wie Funken aus den Nüſtern</l><lb/> <l>ſprühte!“</l><lb/> <l>Der Täuſcher hat ſich abgewandt,</l><lb/> <l>Er zupft am Zaume, ballt die Hand;</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Und ſinnend ſteht der Schlapphut, mißt mit ſteifem Blick</l><lb/> <l>der Kiſte Bohlen,</l><lb/> <l>„Herr!“ flüſtert er: „ſchließt eure Fauſt um blankgerändete</l><lb/> <l>Piſtolen!</l><lb/> <l>Die Stunde zehrt, es ſchwillt der Mond, bald iſt des Jahres</l><lb/> <l>Schluß gekommen,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0386]
„Herr!“ hebt er an: „ihr dauert mich, ein feines Thier iſt
euch gefallen,
Doch weiß ich eins, ihm gleich wie ſich am Paternoſter zwei
Korallen;
Ich nenne euch den Ort, das Haus, ihr habt es um zwei¬
hundert Gulden,
Dann wüßt' ich einen Herrn, der drum ſein halbes Erbe
würde ſchulden.“
Der Täuſcher horcht, und ſtammelt dann:
„Ich bin ein ganz verarmter Mann!“
„Wie, eure prächt'ge Kuppel hin? wie, die ich in den Oſter¬
tagen
So friſch das Pflaſter ſtampfen ſah? fürwahr, da ſeyd Ihr
zu beklagen!
O, euer Brauner mit dem Stern, der zierlich vor den Damen
kniete!
O, euer Weißgeborner, dem's wie Funken aus den Nüſtern
ſprühte!“
Der Täuſcher hat ſich abgewandt,
Er zupft am Zaume, ballt die Hand;
Und ſinnend ſteht der Schlapphut, mißt mit ſteifem Blick
der Kiſte Bohlen,
„Herr!“ flüſtert er: „ſchließt eure Fauſt um blankgerändete
Piſtolen!
Die Stunde zehrt, es ſchwillt der Mond, bald iſt des Jahres
Schluß gekommen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |