Die Träume ziehen, schwer wie Blei und leicht wie Dunst, um Flaum und Streue, In Gold der hagere Poet, der dürre Klepper wühlt im Heue, Vom Kranze träumt die Braut, vom Helm Der Krieger, und vom Strick der Schelm.
In jener Kammer, wo sich matt der Fenster tiefes Grau schattiret, Hörst du ein Rieseln, wie die Luft der Steppe zarten Staub entführet? Und ein Gesäusel, wie im Glas gefangner Bremse Flügel wispelt? Vielleicht 'ne Sanduhr die verrinnt? ein Mäuschen das im Kalke rispelt? So scharf es geht, so bohrend ein Wie Sensenwetzen am Gestein.
Und dort am Hange -- Phosphorlicht, wie's kranken Gliedern sich entwickelt? Ein grünlich Leuchten, das wie Flaum mit hundert Fäden wirrt und prickelt, Gestaltlos, nur ein glüher Punkt in Mitten wo die Fasern quellen, Mit klingelndem Gesäusel sich an der Phiole Wände schnellen, Und drüber, wo der Schein zerfleußt, Ein dunkler Augenspiegel gleißt.
Und immer krimmelts, wimmelts fort, die grüne Wand des Glases streifend, Ein glüher gieriger Polyp, vergebens nach der Beute greifend,
Die Träume ziehen, ſchwer wie Blei und leicht wie Dunſt, um Flaum und Streue, In Gold der hagere Poet, der dürre Klepper wühlt im Heue, Vom Kranze träumt die Braut, vom Helm Der Krieger, und vom Strick der Schelm.
In jener Kammer, wo ſich matt der Fenſter tiefes Grau ſchattiret, Hörſt du ein Rieſeln, wie die Luft der Steppe zarten Staub entführet? Und ein Geſäuſel, wie im Glas gefangner Bremſe Flügel wiſpelt? Vielleicht 'ne Sanduhr die verrinnt? ein Mäuschen das im Kalke riſpelt? So ſcharf es geht, ſo bohrend ein Wie Senſenwetzen am Geſtein.
Und dort am Hange — Phosphorlicht, wie's kranken Gliedern ſich entwickelt? Ein grünlich Leuchten, das wie Flaum mit hundert Fäden wirrt und prickelt, Geſtaltlos, nur ein glüher Punkt in Mitten wo die Faſern quellen, Mit klingelndem Geſäuſel ſich an der Phiole Wände ſchnellen, Und drüber, wo der Schein zerfleußt, Ein dunkler Augenſpiegel gleißt.
Und immer krimmelts, wimmelts fort, die grüne Wand des Glaſes ſtreifend, Ein glüher gieriger Polyp, vergebens nach der Beute greifend,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="1"><pbfacs="#f0401"n="387"/><l>Die Träume ziehen, ſchwer wie Blei und leicht wie Dunſt,</l><lb/><l>um Flaum und Streue,</l><lb/><l>In Gold der hagere Poet, der dürre Klepper wühlt im</l><lb/><l>Heue,</l><lb/><l>Vom Kranze träumt die Braut, vom Helm</l><lb/><l>Der Krieger, und vom Strick der Schelm.</l><lb/></lg><lgn="2"><l>In jener Kammer, wo ſich matt der Fenſter tiefes Grau</l><lb/><l>ſchattiret,</l><lb/><l>Hörſt du ein Rieſeln, wie die Luft der Steppe zarten Staub</l><lb/><l>entführet?</l><lb/><l>Und ein Geſäuſel, wie im Glas gefangner Bremſe Flügel</l><lb/><l>wiſpelt?</l><lb/><l>Vielleicht 'ne Sanduhr die verrinnt? ein Mäuschen das im</l><lb/><l>Kalke riſpelt?</l><lb/><l>So ſcharf es geht, ſo bohrend ein</l><lb/><l>Wie Senſenwetzen am Geſtein.</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Und dort am Hange — Phosphorlicht, wie's kranken Gliedern</l><lb/><l>ſich entwickelt?</l><lb/><l>Ein grünlich Leuchten, das wie Flaum mit hundert Fäden</l><lb/><l>wirrt und prickelt,</l><lb/><l>Geſtaltlos, nur ein glüher Punkt in Mitten wo die Faſern</l><lb/><l>quellen,</l><lb/><l>Mit klingelndem Geſäuſel ſich an der Phiole Wände ſchnellen,</l><lb/><l>Und drüber, wo der Schein zerfleußt,</l><lb/><l>Ein dunkler Augenſpiegel gleißt.</l><lb/></lg><lgn="4"><l>Und immer krimmelts, wimmelts fort, die grüne Wand des</l><lb/><l>Glaſes ſtreifend,</l><lb/><l>Ein glüher gieriger Polyp, vergebens nach der Beute greifend,</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[387/0401]
Die Träume ziehen, ſchwer wie Blei und leicht wie Dunſt,
um Flaum und Streue,
In Gold der hagere Poet, der dürre Klepper wühlt im
Heue,
Vom Kranze träumt die Braut, vom Helm
Der Krieger, und vom Strick der Schelm.
In jener Kammer, wo ſich matt der Fenſter tiefes Grau
ſchattiret,
Hörſt du ein Rieſeln, wie die Luft der Steppe zarten Staub
entführet?
Und ein Geſäuſel, wie im Glas gefangner Bremſe Flügel
wiſpelt?
Vielleicht 'ne Sanduhr die verrinnt? ein Mäuschen das im
Kalke riſpelt?
So ſcharf es geht, ſo bohrend ein
Wie Senſenwetzen am Geſtein.
Und dort am Hange — Phosphorlicht, wie's kranken Gliedern
ſich entwickelt?
Ein grünlich Leuchten, das wie Flaum mit hundert Fäden
wirrt und prickelt,
Geſtaltlos, nur ein glüher Punkt in Mitten wo die Faſern
quellen,
Mit klingelndem Geſäuſel ſich an der Phiole Wände ſchnellen,
Und drüber, wo der Schein zerfleußt,
Ein dunkler Augenſpiegel gleißt.
Und immer krimmelts, wimmelts fort, die grüne Wand des
Glaſes ſtreifend,
Ein glüher gieriger Polyp, vergebens nach der Beute greifend,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/401>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.