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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Die Mönche mit den Brüdern schelten
Und lassen sie den Lärm entgelten;
Zur Zelle ein Noviz sich schleicht.
Der Prior naht, gesetzt, doch leicht.
Die Schritte, schon vor manchen Jahren,
Der schlanken Gemse tödlich waren,
Als auf dem Montblanc diese Hand
Vergebens nie den Schuß entsandt.
Und der Gewohnheit zähes Band
Verräth sich noch bei grauen Haaren;
Ja, dieser blauen Augen Blitz
Scheint noch zu spähn des Geiers Sitz;
Den Stab er in der Mitte faßt,
Wie einst der Doppelbüchse Last.
Fürwahr! als einst, gedankenschwer,
Berathend in der Brüder Kreis
Er zum Brevier griff ungefähr,
Sah man das heil'ge Buch ihn schütteln,
Wie's Pulverhorn die Jäger rütteln.
So leis' und fest die Schritte greifen.
Nun, redend, an des Gurtes Strang
Die Sehne scheint er noch zu streifen.
"Was, Brüder, zaudert ihr so lang?
Der Barry hat das Kind gebracht,
Allein wer nahm das Kind in Acht?
Wo ist der Mann, wo ist die Frau,
So auf den Bernhard es getragen?
Seyd Väter ihr umsonst so grau?
Muß euch des Hundes Witz verklagen?
Seht, wie das arme Thier sich müht,

Die Mönche mit den Brüdern ſchelten
Und laſſen ſie den Lärm entgelten;
Zur Zelle ein Noviz ſich ſchleicht.
Der Prior naht, geſetzt, doch leicht.
Die Schritte, ſchon vor manchen Jahren,
Der ſchlanken Gemſe tödlich waren,
Als auf dem Montblanc dieſe Hand
Vergebens nie den Schuß entſandt.
Und der Gewohnheit zähes Band
Verräth ſich noch bei grauen Haaren;
Ja, dieſer blauen Augen Blitz
Scheint noch zu ſpähn des Geiers Sitz;
Den Stab er in der Mitte faßt,
Wie einſt der Doppelbüchſe Laſt.
Fürwahr! als einſt, gedankenſchwer,
Berathend in der Brüder Kreis
Er zum Brevier griff ungefähr,
Sah man das heil'ge Buch ihn ſchütteln,
Wie's Pulverhorn die Jäger rütteln.
So leiſ' und feſt die Schritte greifen.
Nun, redend, an des Gurtes Strang
Die Sehne ſcheint er noch zu ſtreifen.
„Was, Brüder, zaudert ihr ſo lang?
Der Barry hat das Kind gebracht,
Allein wer nahm das Kind in Acht?
Wo iſt der Mann, wo iſt die Frau,
So auf den Bernhard es getragen?
Seyd Väter ihr umſonſt ſo grau?
Muß euch des Hundes Witz verklagen?
Seht, wie das arme Thier ſich müht,

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[435/0449] Die Mönche mit den Brüdern ſchelten Und laſſen ſie den Lärm entgelten; Zur Zelle ein Noviz ſich ſchleicht. Der Prior naht, geſetzt, doch leicht. Die Schritte, ſchon vor manchen Jahren, Der ſchlanken Gemſe tödlich waren, Als auf dem Montblanc dieſe Hand Vergebens nie den Schuß entſandt. Und der Gewohnheit zähes Band Verräth ſich noch bei grauen Haaren; Ja, dieſer blauen Augen Blitz Scheint noch zu ſpähn des Geiers Sitz; Den Stab er in der Mitte faßt, Wie einſt der Doppelbüchſe Laſt. Fürwahr! als einſt, gedankenſchwer, Berathend in der Brüder Kreis Er zum Brevier griff ungefähr, Sah man das heil'ge Buch ihn ſchütteln, Wie's Pulverhorn die Jäger rütteln. So leiſ' und feſt die Schritte greifen. Nun, redend, an des Gurtes Strang Die Sehne ſcheint er noch zu ſtreifen. „Was, Brüder, zaudert ihr ſo lang? Der Barry hat das Kind gebracht, Allein wer nahm das Kind in Acht? Wo iſt der Mann, wo iſt die Frau, So auf den Bernhard es getragen? Seyd Väter ihr umſonſt ſo grau? Muß euch des Hundes Witz verklagen? Seht, wie das arme Thier ſich müht,

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/449>, abgerufen am 22.11.2024.