Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Dann fort er watet, mühvoll stöhnend,
Versinkend oft, nun auf sich dehnend,
In kurzen Sprüngen weiter jetzt:
Und immer mit gestoßnem Laut
Er rückwärts nach den Brüdern schaut.
Voran der Marronier, geschürzt,
Sein Mantel unter'm Arm sich kürzt;
Die Brüder nach mit weiten Schritten,
Versenkt bis an des Leibes Mitten;
Und rechts und links die Hunde klimmen,
Im aufgerührten Schneemeer schwimmen.
So vorwärts; "halt! der Führer ruft:
Hier steh'n wir an der Drance Kluft!
Nicht weiter!" Aber Barry leicht
Mit Einem Satz den Stamm erreicht,
Der zweier Felsen Rücken bindet;
Tief drunter sich die Drance windet,
Wo aus gesprengten Eises Spalt
Das Wasser brodelt mit Gewalt.
Nur einmal sich der Barry schüttelt,
Die Flocken aus dem Pelze rüttelt,
Im Hui schwindet: längs der Kluft
Hört man ihn rauschen über'n Duft.

Der Marronier die Leuchte jetzt
Dicht an den Rand der Tiefe setzt.
Auf steigt die alte Fichte weiß,
Ein ungeheurer Zapfen Eis,
Wo überall gleich Bergkrystallen
Die blanken Stengel abwärts fallen,

Dann fort er watet, mühvoll ſtöhnend,
Verſinkend oft, nun auf ſich dehnend,
In kurzen Sprüngen weiter jetzt:
Und immer mit geſtoßnem Laut
Er rückwärts nach den Brüdern ſchaut.
Voran der Marronier, geſchürzt,
Sein Mantel unter'm Arm ſich kürzt;
Die Brüder nach mit weiten Schritten,
Verſenkt bis an des Leibes Mitten;
Und rechts und links die Hunde klimmen,
Im aufgerührten Schneemeer ſchwimmen.
So vorwärts; „halt! der Führer ruft:
Hier ſteh'n wir an der Drance Kluft!
Nicht weiter!“ Aber Barry leicht
Mit Einem Satz den Stamm erreicht,
Der zweier Felſen Rücken bindet;
Tief drunter ſich die Drance windet,
Wo aus geſprengten Eiſes Spalt
Das Waſſer brodelt mit Gewalt.
Nur einmal ſich der Barry ſchüttelt,
Die Flocken aus dem Pelze rüttelt,
Im Hui ſchwindet: längs der Kluft
Hört man ihn rauſchen über'n Duft.

Der Marronier die Leuchte jetzt
Dicht an den Rand der Tiefe ſetzt.
Auf ſteigt die alte Fichte weiß,
Ein ungeheurer Zapfen Eis,
Wo überall gleich Bergkryſtallen
Die blanken Stengel abwärts fallen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="7">
                <pb facs="#f0455" n="441"/>
                <l>Dann fort er watet, mühvoll &#x017F;töhnend,</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;inkend oft, nun auf &#x017F;ich dehnend,</l><lb/>
                <l>In kurzen Sprüngen weiter jetzt:</l><lb/>
                <l>Und immer mit ge&#x017F;toßnem Laut</l><lb/>
                <l>Er rückwärts nach <choice><sic>deu</sic><corr>den</corr></choice> Brüdern &#x017F;chaut.</l><lb/>
                <l>Voran der Marronier, ge&#x017F;chürzt,</l><lb/>
                <l>Sein Mantel unter'm Arm &#x017F;ich kürzt;</l><lb/>
                <l>Die Brüder nach mit weiten Schritten,</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;enkt bis an des Leibes Mitten;</l><lb/>
                <l>Und rechts und links die Hunde klimmen,</l><lb/>
                <l>Im aufgerührten Schneemeer &#x017F;chwimmen.</l><lb/>
                <l>So vorwärts; &#x201E;halt! der Führer ruft:</l><lb/>
                <l>Hier &#x017F;teh'n wir an der Drance Kluft!</l><lb/>
                <l>Nicht weiter!&#x201C; Aber Barry leicht</l><lb/>
                <l>Mit Einem Satz den Stamm erreicht,</l><lb/>
                <l>Der zweier Fel&#x017F;en Rücken bindet;</l><lb/>
                <l>Tief drunter &#x017F;ich die Drance windet,</l><lb/>
                <l>Wo aus ge&#x017F;prengten Ei&#x017F;es Spalt</l><lb/>
                <l>Das Wa&#x017F;&#x017F;er brodelt mit Gewalt.</l><lb/>
                <l>Nur einmal &#x017F;ich der Barry &#x017F;chüttelt,</l><lb/>
                <l>Die Flocken aus dem Pelze rüttelt,</l><lb/>
                <l>Im Hui &#x017F;chwindet: längs der Kluft</l><lb/>
                <l>Hört man ihn rau&#x017F;chen über'n Duft.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Der Marronier die Leuchte jetzt</l><lb/>
                <l>Dicht an den Rand der Tiefe &#x017F;etzt.</l><lb/>
                <l>Auf &#x017F;teigt die alte Fichte weiß,</l><lb/>
                <l>Ein ungeheurer Zapfen Eis,</l><lb/>
                <l>Wo überall gleich Bergkry&#x017F;tallen</l><lb/>
                <l>Die blanken Stengel abwärts fallen,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0455] Dann fort er watet, mühvoll ſtöhnend, Verſinkend oft, nun auf ſich dehnend, In kurzen Sprüngen weiter jetzt: Und immer mit geſtoßnem Laut Er rückwärts nach den Brüdern ſchaut. Voran der Marronier, geſchürzt, Sein Mantel unter'm Arm ſich kürzt; Die Brüder nach mit weiten Schritten, Verſenkt bis an des Leibes Mitten; Und rechts und links die Hunde klimmen, Im aufgerührten Schneemeer ſchwimmen. So vorwärts; „halt! der Führer ruft: Hier ſteh'n wir an der Drance Kluft! Nicht weiter!“ Aber Barry leicht Mit Einem Satz den Stamm erreicht, Der zweier Felſen Rücken bindet; Tief drunter ſich die Drance windet, Wo aus geſprengten Eiſes Spalt Das Waſſer brodelt mit Gewalt. Nur einmal ſich der Barry ſchüttelt, Die Flocken aus dem Pelze rüttelt, Im Hui ſchwindet: längs der Kluft Hört man ihn rauſchen über'n Duft. Der Marronier die Leuchte jetzt Dicht an den Rand der Tiefe ſetzt. Auf ſteigt die alte Fichte weiß, Ein ungeheurer Zapfen Eis, Wo überall gleich Bergkryſtallen Die blanken Stengel abwärts fallen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/455
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/455>, abgerufen am 22.11.2024.