Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Der graue Schelm hat sie versteckt!"
Und zwanzig Fäuste krallen an
Den Greis, der gen der Waffen Glanz
Die unbewehrten Hände streckt.
"Bekenne, Hund!" und hochgepflanzt
Die Partisane zuckend tanzt:
So hängt der Boa Haupt vom Ast
Und züngelt, eh den Raub sie faßt.
"Bekenne, Hund!" -- Kein Sterbenswort,
Der Greis die Wimper hat geschlossen.
Nun flüstert er. -- Da kniet sofort
Ein grauer Leitbock der Genossen;
Er bückt sich, lauscht, dann springt er auf,
Und grimmig seine Lache schallt.
"Ave Maria, Jesu mein!"
Ist zitternd in sein Ohr gehallt.
Risch steigt die Partisane auf
Noch einmal kreisend mit Gewalt,
Dann krachend in der Rippen Spalt.
Ein Zucken längs den Gliedern, dann --
Es ist vorbei! -- Das Blut entrann.
"Mein Jesu!" war sein letztes Wort.
Und "Hussah Braunschweig! nun voran!" --
Ach, soll ich künden, wie entehrt
Ward meines Glaubens theurer Heerd!
Wie man die Heiligthümer fand,
Und kirchenschänderische Hand
Mit Branntwein füllt bis oben an
Den Kelch, so faßte Christi Blut!
Wie man Gewänder, gottgeweiht,

Der graue Schelm hat ſie verſteckt!“
Und zwanzig Fäuſte krallen an
Den Greis, der gen der Waffen Glanz
Die unbewehrten Hände ſtreckt.
„Bekenne, Hund!“ und hochgepflanzt
Die Partiſane zuckend tanzt:
So hängt der Boa Haupt vom Aſt
Und züngelt, eh den Raub ſie faßt.
„Bekenne, Hund!“ — Kein Sterbenswort,
Der Greis die Wimper hat geſchloſſen.
Nun flüſtert er. — Da kniet ſofort
Ein grauer Leitbock der Genoſſen;
Er bückt ſich, lauſcht, dann ſpringt er auf,
Und grimmig ſeine Lache ſchallt.
„Ave Maria, Jeſu mein!“
Iſt zitternd in ſein Ohr gehallt.
Riſch ſteigt die Partiſane auf
Noch einmal kreiſend mit Gewalt,
Dann krachend in der Rippen Spalt.
Ein Zucken längs den Gliedern, dann —
Es iſt vorbei! — Das Blut entrann.
„Mein Jeſu!“ war ſein letztes Wort.
Und „Huſſah Braunſchweig! nun voran!“ —
Ach, ſoll ich künden, wie entehrt
Ward meines Glaubens theurer Heerd!
Wie man die Heiligthümer fand,
Und kirchenſchänderiſche Hand
Mit Branntwein füllt bis oben an
Den Kelch, ſo faßte Chriſti Blut!
Wie man Gewänder, gottgeweiht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="13">
                <pb facs="#f0525" n="511"/>
                <l>Der graue Schelm hat &#x017F;ie ver&#x017F;teckt!&#x201C;</l><lb/>
                <l>Und zwanzig Fäu&#x017F;te krallen an</l><lb/>
                <l>Den Greis, der gen der Waffen Glanz</l><lb/>
                <l>Die unbewehrten Hände &#x017F;treckt.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Bekenne, Hund!&#x201C; und hochgepflanzt</l><lb/>
                <l>Die Parti&#x017F;ane zuckend tanzt:</l><lb/>
                <l>So hängt der Boa Haupt vom A&#x017F;t</l><lb/>
                <l>Und züngelt, eh den Raub &#x017F;ie faßt.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Bekenne, Hund!&#x201C; &#x2014; Kein Sterbenswort,</l><lb/>
                <l>Der Greis die Wimper hat ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
                <l>Nun flü&#x017F;tert er. &#x2014; Da kniet &#x017F;ofort</l><lb/>
                <l>Ein grauer Leitbock der Geno&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
                <l>Er bückt &#x017F;ich, lau&#x017F;cht, dann &#x017F;pringt er auf,</l><lb/>
                <l>Und grimmig &#x017F;eine Lache &#x017F;challt.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ave Maria, Je&#x017F;u mein!&#x201C;</l><lb/>
                <l>I&#x017F;t zitternd in &#x017F;ein Ohr gehallt.</l><lb/>
                <l>Ri&#x017F;ch &#x017F;teigt die Parti&#x017F;ane auf</l><lb/>
                <l>Noch einmal krei&#x017F;end mit Gewalt,</l><lb/>
                <l>Dann krachend in der Rippen Spalt.</l><lb/>
                <l>Ein Zucken längs den Gliedern, dann &#x2014;</l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t vorbei! &#x2014; Das Blut entrann.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Mein Je&#x017F;u!&#x201C; war &#x017F;ein letztes Wort.</l><lb/>
                <l>Und &#x201E;Hu&#x017F;&#x017F;ah Braun&#x017F;chweig! nun voran!&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
                <l>Ach, &#x017F;oll ich künden, wie entehrt</l><lb/>
                <l>Ward meines Glaubens theurer Heerd!</l><lb/>
                <l>Wie man die Heiligthümer fand,</l><lb/>
                <l>Und kirchen&#x017F;chänderi&#x017F;che Hand</l><lb/>
                <l>Mit Branntwein füllt bis oben an</l><lb/>
                <l>Den Kelch, &#x017F;o faßte Chri&#x017F;ti Blut!</l><lb/>
                <l>Wie man Gewänder, gottgeweiht,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[511/0525] Der graue Schelm hat ſie verſteckt!“ Und zwanzig Fäuſte krallen an Den Greis, der gen der Waffen Glanz Die unbewehrten Hände ſtreckt. „Bekenne, Hund!“ und hochgepflanzt Die Partiſane zuckend tanzt: So hängt der Boa Haupt vom Aſt Und züngelt, eh den Raub ſie faßt. „Bekenne, Hund!“ — Kein Sterbenswort, Der Greis die Wimper hat geſchloſſen. Nun flüſtert er. — Da kniet ſofort Ein grauer Leitbock der Genoſſen; Er bückt ſich, lauſcht, dann ſpringt er auf, Und grimmig ſeine Lache ſchallt. „Ave Maria, Jeſu mein!“ Iſt zitternd in ſein Ohr gehallt. Riſch ſteigt die Partiſane auf Noch einmal kreiſend mit Gewalt, Dann krachend in der Rippen Spalt. Ein Zucken längs den Gliedern, dann — Es iſt vorbei! — Das Blut entrann. „Mein Jeſu!“ war ſein letztes Wort. Und „Huſſah Braunſchweig! nun voran!“ — Ach, ſoll ich künden, wie entehrt Ward meines Glaubens theurer Heerd! Wie man die Heiligthümer fand, Und kirchenſchänderiſche Hand Mit Branntwein füllt bis oben an Den Kelch, ſo faßte Chriſti Blut! Wie man Gewänder, gottgeweiht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/525
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/525>, abgerufen am 22.11.2024.