Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie hatten lustig fortgelebt,
Vertrauend auf ihr gutes Schwert,
Das manche Wunde abgewehrt;
So manche Kugel pfiff vorbei,
Und nun -- am Sande stehn die zwei;
Und eh das Tuch die Augen deckt,
Noch sehn sie wie der Arm sich streckt,
Sehn zwölf der bravsten Kameraden
Maschinen gleich die Büchsen laden.
Ade, o Strahl! nun ist es Nacht.
Geblendet schon der Lunte Rauch,
Zu ihnen trägt des Windes Hauch.
Stieg himmelan ein Seufzer auch?
Ich weiß es nicht; es blitzt, -- es kracht! --

Geendet ist das Kriegsgericht,
Verlöscht des Himmels Gnadenlicht.
Zwei liegen dort im kalten Grund,
In ihrer Brust ein Stückchen Blei;
Die feuchte Scholle deckt den Mund:
Daß Gott der Seele gnädig sey!
Die Schützen putzen ihr Gewehr,
Ein Wald von Lanzen steht das Heer,
Die Züge starr, den Blick gesenkt,
Man kann nicht sehn was Einer denkt.
Geschlagen sind sie, dennoch kühn,
Und ganz verhaßt die Disciplin.
Entlang der Herzog geht die Reih'n,
Und Manchen schaut er an mit Fleiß;
Ward Einem bang? Es mag wohl seyn;

Sie hatten luſtig fortgelebt,
Vertrauend auf ihr gutes Schwert,
Das manche Wunde abgewehrt;
So manche Kugel pfiff vorbei,
Und nun — am Sande ſtehn die zwei;
Und eh das Tuch die Augen deckt,
Noch ſehn ſie wie der Arm ſich ſtreckt,
Sehn zwölf der bravſten Kameraden
Maſchinen gleich die Büchſen laden.
Ade, o Strahl! nun iſt es Nacht.
Geblendet ſchon der Lunte Rauch,
Zu ihnen trägt des Windes Hauch.
Stieg himmelan ein Seufzer auch?
Ich weiß es nicht; es blitzt, — es kracht! —

Geendet iſt das Kriegsgericht,
Verlöſcht des Himmels Gnadenlicht.
Zwei liegen dort im kalten Grund,
In ihrer Bruſt ein Stückchen Blei;
Die feuchte Scholle deckt den Mund:
Daß Gott der Seele gnädig ſey!
Die Schützen putzen ihr Gewehr,
Ein Wald von Lanzen ſteht das Heer,
Die Züge ſtarr, den Blick geſenkt,
Man kann nicht ſehn was Einer denkt.
Geſchlagen ſind ſie, dennoch kühn,
Und ganz verhaßt die Disciplin.
Entlang der Herzog geht die Reih'n,
Und Manchen ſchaut er an mit Fleiß;
Ward Einem bang? Es mag wohl ſeyn;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="17">
                <pb facs="#f0533" n="519"/>
                <l>Sie hatten lu&#x017F;tig fortgelebt,</l><lb/>
                <l>Vertrauend auf ihr gutes Schwert,</l><lb/>
                <l>Das manche Wunde abgewehrt;</l><lb/>
                <l>So manche Kugel pfiff vorbei,</l><lb/>
                <l>Und nun &#x2014; am Sande &#x017F;tehn die zwei;</l><lb/>
                <l>Und eh das Tuch die Augen deckt,</l><lb/>
                <l>Noch &#x017F;ehn &#x017F;ie wie der Arm &#x017F;ich &#x017F;treckt,</l><lb/>
                <l>Sehn zwölf der brav&#x017F;ten Kameraden</l><lb/>
                <l>Ma&#x017F;chinen gleich die Büch&#x017F;en laden.</l><lb/>
                <l>Ade, o Strahl! nun i&#x017F;t es Nacht.</l><lb/>
                <l>Geblendet &#x017F;chon der Lunte Rauch,</l><lb/>
                <l>Zu ihnen trägt des Windes Hauch.</l><lb/>
                <l>Stieg himmelan ein Seufzer auch?</l><lb/>
                <l>Ich weiß es nicht; es blitzt, &#x2014; es kracht! &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="18">
                <l>Geendet i&#x017F;t das Kriegsgericht,</l><lb/>
                <l>Verlö&#x017F;cht des Himmels Gnadenlicht.</l><lb/>
                <l>Zwei liegen dort im kalten Grund,</l><lb/>
                <l>In ihrer Bru&#x017F;t ein Stückchen Blei;</l><lb/>
                <l>Die feuchte Scholle deckt den Mund:</l><lb/>
                <l>Daß Gott der Seele gnädig &#x017F;ey!</l><lb/>
                <l>Die Schützen putzen ihr Gewehr,</l><lb/>
                <l>Ein Wald von Lanzen &#x017F;teht das Heer,</l><lb/>
                <l>Die Züge &#x017F;tarr, den Blick ge&#x017F;enkt,</l><lb/>
                <l>Man kann nicht &#x017F;ehn was Einer denkt.</l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;chlagen &#x017F;ind &#x017F;ie, dennoch kühn,</l><lb/>
                <l>Und ganz verhaßt die Disciplin.</l><lb/>
                <l>Entlang der Herzog geht die Reih'n,</l><lb/>
                <l>Und Manchen &#x017F;chaut er an mit Fleiß;</l><lb/>
                <l>Ward Einem bang? Es mag wohl &#x017F;eyn;</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[519/0533] Sie hatten luſtig fortgelebt, Vertrauend auf ihr gutes Schwert, Das manche Wunde abgewehrt; So manche Kugel pfiff vorbei, Und nun — am Sande ſtehn die zwei; Und eh das Tuch die Augen deckt, Noch ſehn ſie wie der Arm ſich ſtreckt, Sehn zwölf der bravſten Kameraden Maſchinen gleich die Büchſen laden. Ade, o Strahl! nun iſt es Nacht. Geblendet ſchon der Lunte Rauch, Zu ihnen trägt des Windes Hauch. Stieg himmelan ein Seufzer auch? Ich weiß es nicht; es blitzt, — es kracht! — Geendet iſt das Kriegsgericht, Verlöſcht des Himmels Gnadenlicht. Zwei liegen dort im kalten Grund, In ihrer Bruſt ein Stückchen Blei; Die feuchte Scholle deckt den Mund: Daß Gott der Seele gnädig ſey! Die Schützen putzen ihr Gewehr, Ein Wald von Lanzen ſteht das Heer, Die Züge ſtarr, den Blick geſenkt, Man kann nicht ſehn was Einer denkt. Geſchlagen ſind ſie, dennoch kühn, Und ganz verhaßt die Disciplin. Entlang der Herzog geht die Reih'n, Und Manchen ſchaut er an mit Fleiß; Ward Einem bang? Es mag wohl ſeyn;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/533
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/533>, abgerufen am 22.11.2024.