"Ich sag' es frei: wir waren froh. "Fast übel ward es unsern Leuten: "So gegen einen Mann zu streiten, "Der die Kanonenkugeln mehr "Nicht achtet als ein Nudelheer." Er blickt umher: "Ihr Herren seyd "Nicht ungehalten; jederzeit "Hab' ich gehört, mehr als der Freund "Den Braven ziert ein tapfrer Feind." Des Tilly Auge gleitet, schier Mit Huld, auf seinen jungen Geier, Doch immer unwirsch, doppelt heuer: "Ein Renegat, ein räud'ger Hund!" Er murmelt, fährt hinab den Mund, Und tritt in die Tapetenthür, Wo tiefgebückt bei'm Lampenschein Man emsig sieht das Schreiberlein; Der Riegel klingt. "Mein junger Graf!" Erwitte spricht: "Ich bin kein Schaf, "Mag gern an keckem Feind mich üben; "Doch sprech' ich frei mich, ihn zu lieben." Er schweigt, bewußt daß Wittich's4 Au Ihm Braunschweigs Rücken gab zur Schau, Wo er den Erben ließ im Feld, Seitdem auf Sühne nur gestellt, Und mehr nun Rächer, minder Held. Um Albrechts Lippe zuckt es auf, Das Zwickelbärtchen steigt hinauf. Doch Anholt spricht: "Ihr Kameraden, "Wollt nicht so scharf die Zunge laden;
„Ich ſag' es frei: wir waren froh. „Faſt übel ward es unſern Leuten: „So gegen einen Mann zu ſtreiten, „Der die Kanonenkugeln mehr „Nicht achtet als ein Nudelheer.“ Er blickt umher: „Ihr Herren ſeyd „Nicht ungehalten; jederzeit „Hab' ich gehört, mehr als der Freund „Den Braven ziert ein tapfrer Feind.“ Des Tilly Auge gleitet, ſchier Mit Huld, auf ſeinen jungen Geier, Doch immer unwirſch, doppelt heuer: „Ein Renegat, ein räud'ger Hund!“ Er murmelt, fährt hinab den Mund, Und tritt in die Tapetenthür, Wo tiefgebückt bei'm Lampenſchein Man emſig ſieht das Schreiberlein; Der Riegel klingt. „Mein junger Graf!“ Erwitte ſpricht: „Ich bin kein Schaf, „Mag gern an keckem Feind mich üben; „Doch ſprech' ich frei mich, ihn zu lieben.“ Er ſchweigt, bewußt daß Wittich's4 Au Ihm Braunſchweigs Rücken gab zur Schau, Wo er den Erben ließ im Feld, Seitdem auf Sühne nur geſtellt, Und mehr nun Rächer, minder Held. Um Albrechts Lippe zuckt es auf, Das Zwickelbärtchen ſteigt hinauf. Doch Anholt ſpricht: „Ihr Kameraden, „Wollt nicht ſo ſcharf die Zunge laden;
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„Ich ſag' es frei: wir waren froh.
„Faſt übel ward es unſern Leuten:
„So gegen einen Mann zu ſtreiten,
„Der die Kanonenkugeln mehr
„Nicht achtet als ein Nudelheer.“
Er blickt umher: „Ihr Herren ſeyd
„Nicht ungehalten; jederzeit
„Hab' ich gehört, mehr als der Freund
„Den Braven ziert ein tapfrer Feind.“
Des Tilly Auge gleitet, ſchier
Mit Huld, auf ſeinen jungen Geier,
Doch immer unwirſch, doppelt heuer:
„Ein Renegat, ein räud'ger Hund!“
Er murmelt, fährt hinab den Mund,
Und tritt in die Tapetenthür,
Wo tiefgebückt bei'm Lampenſchein
Man emſig ſieht das Schreiberlein;
Der Riegel klingt. „Mein junger Graf!“
Erwitte ſpricht: „Ich bin kein Schaf,
„Mag gern an keckem Feind mich üben;
„Doch ſprech' ich frei mich, ihn zu lieben.“
Er ſchweigt, bewußt daß Wittich's4 Au
Ihm Braunſchweigs Rücken gab zur Schau,
Wo er den Erben ließ im Feld,
Seitdem auf Sühne nur geſtellt,
Und mehr nun Rächer, minder Held.
Um Albrechts Lippe zuckt es auf,
Das Zwickelbärtchen ſteigt hinauf.
Doch Anholt ſpricht: „Ihr Kameraden,
„Wollt nicht ſo ſcharf die Zunge laden;
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/547>, abgerufen am 22.11.2024.
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