Wie Echo von den Lippen flog, Indeß der Schwan die Kreise zog, Und mancher Silbertropfen traf Der Herrin Blüthenstirn und Schlaf. Träumt ihm so Süßes? Nun, es mag! Nur Herbes bietet ihm der Tag. Und in demselben Zelte lag Der junge Schlick, und Styrum auch, So war des Herzogs steter Brauch: Bei Tag und Nacht der Adjudant Sey immer fertig und zur Hand. Drum nahe an der Leinenwand Das brüderliche Feldbett stand. Und Styrum mochte fester schlafen, Als alle deutsche Herr'n und Grafen; Doch also nicht der finstre Schlick, Den seltsam paarte das Geschick Mit Jenem der so leicht und klar, Als schwer und trübe Otto war. Graf Otto Schlick -- horch, wie er stöhnt! Schau, wie er ruhelos sich dehnt! Nicht Luft und Lampe sollen wissen, Was heut er hat erleben müssen; Drum hält er seine Hand so fest An die geschwollne Stirn gepreßt, Und weiß nicht, daß an Fingerspitzen Verrätherische Tropfen blitzen. In dieser Nacht, vor Einem Jahr -- Es war ein ehrenwerthes Haupt, Ein theures Haupt mit grauem Haar --
Wie Echo von den Lippen flog, Indeß der Schwan die Kreiſe zog, Und mancher Silbertropfen traf Der Herrin Blüthenſtirn und Schlaf. Träumt ihm ſo Süßes? Nun, es mag! Nur Herbes bietet ihm der Tag. Und in demſelben Zelte lag Der junge Schlick, und Styrum auch, So war des Herzogs ſteter Brauch: Bei Tag und Nacht der Adjudant Sey immer fertig und zur Hand. Drum nahe an der Leinenwand Das brüderliche Feldbett ſtand. Und Styrum mochte feſter ſchlafen, Als alle deutſche Herr'n und Grafen; Doch alſo nicht der finſtre Schlick, Den ſeltſam paarte das Geſchick Mit Jenem der ſo leicht und klar, Als ſchwer und trübe Otto war. Graf Otto Schlick — horch, wie er ſtöhnt! Schau, wie er ruhelos ſich dehnt! Nicht Luft und Lampe ſollen wiſſen, Was heut er hat erleben müſſen; Drum hält er ſeine Hand ſo feſt An die geſchwollne Stirn gepreßt, Und weiß nicht, daß an Fingerſpitzen Verrätheriſche Tropfen blitzen. In dieſer Nacht, vor Einem Jahr — Es war ein ehrenwerthes Haupt, Ein theures Haupt mit grauem Haar —
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Wie Echo von den Lippen flog,
Indeß der Schwan die Kreiſe zog,
Und mancher Silbertropfen traf
Der Herrin Blüthenſtirn und Schlaf.
Träumt ihm ſo Süßes? Nun, es mag!
Nur Herbes bietet ihm der Tag.
Und in demſelben Zelte lag
Der junge Schlick, und Styrum auch,
So war des Herzogs ſteter Brauch:
Bei Tag und Nacht der Adjudant
Sey immer fertig und zur Hand.
Drum nahe an der Leinenwand
Das brüderliche Feldbett ſtand.
Und Styrum mochte feſter ſchlafen,
Als alle deutſche Herr'n und Grafen;
Doch alſo nicht der finſtre Schlick,
Den ſeltſam paarte das Geſchick
Mit Jenem der ſo leicht und klar,
Als ſchwer und trübe Otto war.
Graf Otto Schlick — horch, wie er ſtöhnt!
Schau, wie er ruhelos ſich dehnt!
Nicht Luft und Lampe ſollen wiſſen,
Was heut er hat erleben müſſen;
Drum hält er ſeine Hand ſo feſt
An die geſchwollne Stirn gepreßt,
Und weiß nicht, daß an Fingerſpitzen
Verrätheriſche Tropfen blitzen.
In dieſer Nacht, vor Einem Jahr —
Es war ein ehrenwerthes Haupt,
Ein theures Haupt mit grauem Haar —
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/564>, abgerufen am 24.11.2024.
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