O schaurig ist's über's Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Haiderauche, Sich wie Phantome die Dünste drehn Und die Ranke häkelt am Strauche, Unter jedem Tritte ein Quellchen springt, Wenn aus der Spalte es zischt und singt, O schaurig ist's über's Moor zu gehn, Wenn das Röhricht knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt als ob man es jage; Hohl über die Fläche sauset der Wind -- Was raschelt drüben am Haage? Das ist der gespenstige Gräberknecht, Der dem Meister die besten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, gespannt das Ohr, Durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knittert darin! Das ist die unselige Spinnerin, Das ist die gebannte Spinnlenor', Die den Haspel dreht im Geröhre!
Der Knabe im Moor.
O ſchaurig iſt's über's Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Haiderauche, Sich wie Phantome die Dünſte drehn Und die Ranke häkelt am Strauche, Unter jedem Tritte ein Quellchen ſpringt, Wenn aus der Spalte es ziſcht und ſingt, O ſchaurig iſt's über's Moor zu gehn, Wenn das Röhricht kniſtert im Hauche!
Feſt hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt als ob man es jage; Hohl über die Fläche ſauſet der Wind — Was raſchelt drüben am Haage? Das iſt der geſpenſtige Gräberknecht, Der dem Meiſter die beſten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer ſtarret Geſtumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, geſpannt das Ohr, Durch Rieſenhalme wie Speere; Und wie es rieſelt und knittert darin! Das iſt die unſelige Spinnerin, Das iſt die gebannte Spinnlenor', Die den Haſpel dreht im Geröhre!
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Der Knabe im Moor.
O ſchaurig iſt's über's Moor zu gehn,
Wenn es wimmelt vom Haiderauche,
Sich wie Phantome die Dünſte drehn
Und die Ranke häkelt am Strauche,
Unter jedem Tritte ein Quellchen ſpringt,
Wenn aus der Spalte es ziſcht und ſingt,
O ſchaurig iſt's über's Moor zu gehn,
Wenn das Röhricht kniſtert im Hauche!
Feſt hält die Fibel das zitternde Kind
Und rennt als ob man es jage;
Hohl über die Fläche ſauſet der Wind —
Was raſchelt drüben am Haage?
Das iſt der geſpenſtige Gräberknecht,
Der dem Meiſter die beſten Torfe verzecht;
Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!
Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer ſtarret Geſtumpf hervor,
Unheimlich nicket die Föhre,
Der Knabe rennt, geſpannt das Ohr,
Durch Rieſenhalme wie Speere;
Und wie es rieſelt und knittert darin!
Das iſt die unſelige Spinnerin,
Das iſt die gebannte Spinnlenor',
Die den Haſpel dreht im Geröhre!
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/93>, abgerufen am 21.11.2024.
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