Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

dumm genug, sagte der Gutsherr. Johannes seufzte tief: O Herr, ich habe mein Leben zwischen Türken und Ketzern zubringen müssen, soll ich nicht wenigstens auf einem katholischen Kirchhofe liegen? Der Gutsherr hatte seine Börse gezogen: Da, Johannes, nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es etwas confus durcheinander.

Du bist wohl noch sehr müde? -- Sehr müde, versetzte Johannes; und, er deutete auf seine Stirn, meine Gedanken sind zuweilen so curios, ich kann nicht recht sagen, wie es so ist. -- Ich weiß schon, sagte der Baron, von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder.

Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; essen sollte er täglich im Schlosse, und für Kleidung fand sich auch wohl Rath. -- Herr, sagte Johannes, ich kann auch noch Wohl etwas thun; ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten schicken.

Herr von S. schüttelte mitleidig den Kopf: Das würde doch nicht sonderlich gut ausfallen. -- O doch, Herr, wenn ich erst im Gange bin -- es geht nicht schnell, aber hin komme ich doch, und es wird mir auch nicht so sauer, wie man denken sollte. -- Nun, sagte der Baron zweifelnd, willst du's versuchen? Hier ist ein Brief nach P. Er hat keine sonderliche Eile.

dumm genug, sagte der Gutsherr. Johannes seufzte tief: O Herr, ich habe mein Leben zwischen Türken und Ketzern zubringen müssen, soll ich nicht wenigstens auf einem katholischen Kirchhofe liegen? Der Gutsherr hatte seine Börse gezogen: Da, Johannes, nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es etwas confus durcheinander.

Du bist wohl noch sehr müde? — Sehr müde, versetzte Johannes; und, er deutete auf seine Stirn, meine Gedanken sind zuweilen so curios, ich kann nicht recht sagen, wie es so ist. — Ich weiß schon, sagte der Baron, von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder.

Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; essen sollte er täglich im Schlosse, und für Kleidung fand sich auch wohl Rath. — Herr, sagte Johannes, ich kann auch noch Wohl etwas thun; ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten schicken.

Herr von S. schüttelte mitleidig den Kopf: Das würde doch nicht sonderlich gut ausfallen. — O doch, Herr, wenn ich erst im Gange bin — es geht nicht schnell, aber hin komme ich doch, und es wird mir auch nicht so sauer, wie man denken sollte. — Nun, sagte der Baron zweifelnd, willst du's versuchen? Hier ist ein Brief nach P. Er hat keine sonderliche Eile.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <p><pb facs="#f0074"/>
dumm genug, sagte der Gutsherr. Johannes seufzte tief: O Herr, ich      habe mein Leben zwischen Türken und Ketzern zubringen müssen, soll ich nicht wenigstens auf      einem katholischen Kirchhofe liegen? Der Gutsherr hatte seine Börse gezogen: Da, Johannes, nun      geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es      etwas confus durcheinander.</p><lb/>
        <p>Du bist wohl noch sehr müde? &#x2014; Sehr müde, versetzte Johannes; und, er deutete auf seine      Stirn, meine Gedanken sind zuweilen so curios, ich kann nicht recht sagen, wie es so ist. &#x2014; Ich      weiß schon, sagte der Baron, von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch      die Nacht über, morgen komm wieder.</p><lb/>
        <p>Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war      überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; essen sollte er täglich im Schlosse, und für      Kleidung fand sich auch wohl Rath. &#x2014; Herr, sagte Johannes, ich kann auch noch Wohl etwas thun;      ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten schicken.</p><lb/>
        <p>Herr von S. schüttelte mitleidig den Kopf: Das würde doch nicht sonderlich gut ausfallen. &#x2014; O      doch, Herr, wenn ich erst im Gange bin &#x2014; es geht nicht schnell, aber hin komme ich doch, und es      wird mir auch nicht so sauer, wie man denken sollte. &#x2014; Nun, sagte der Baron zweifelnd, willst      du's versuchen? Hier ist ein Brief nach P. Er hat keine sonderliche Eile.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0074] dumm genug, sagte der Gutsherr. Johannes seufzte tief: O Herr, ich habe mein Leben zwischen Türken und Ketzern zubringen müssen, soll ich nicht wenigstens auf einem katholischen Kirchhofe liegen? Der Gutsherr hatte seine Börse gezogen: Da, Johannes, nun geh und komm bald wieder. Du mußt mir das Alles noch ausführlicher erzählen; heute ging es etwas confus durcheinander. Du bist wohl noch sehr müde? — Sehr müde, versetzte Johannes; und, er deutete auf seine Stirn, meine Gedanken sind zuweilen so curios, ich kann nicht recht sagen, wie es so ist. — Ich weiß schon, sagte der Baron, von alter Zeit her. Jetzt geh. Hülsmeyers behalten dich wohl noch die Nacht über, morgen komm wieder. Herr von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen Schelm; bis zum folgenden Tage war überlegt worden, wo man ihn einmiethen könne; essen sollte er täglich im Schlosse, und für Kleidung fand sich auch wohl Rath. — Herr, sagte Johannes, ich kann auch noch Wohl etwas thun; ich kann hölzerne Löffel machen, und Ihr könnt mich auch als Boten schicken. Herr von S. schüttelte mitleidig den Kopf: Das würde doch nicht sonderlich gut ausfallen. — O doch, Herr, wenn ich erst im Gange bin — es geht nicht schnell, aber hin komme ich doch, und es wird mir auch nicht so sauer, wie man denken sollte. — Nun, sagte der Baron zweifelnd, willst du's versuchen? Hier ist ein Brief nach P. Er hat keine sonderliche Eile.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:10:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:10:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910/74
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910/74>, abgerufen am 24.11.2024.