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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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So sah ich, unter Mährchen eingeschlafen,
In Träumen einst des Winterfürsten Haus,
Den Eispalast, wo seinen goldnen Schafen
Er täglich streut das Silberfutter aus;
Ja, in der That, sie sind hinabgezogen,
Die goldnen Lämmer, und am Himmelsbogen
Noch sieht man schimmern ihre Wolle kraus.
Doch schau, ist Ebbe in dies Meer getreten?
Es sinkt, es sinkt, und schwärzlich in die Luft
Streckt das Gebirge nun, gleich Riesenbeeten,
Die waldbedeckten Kämme aus dem Duft;
Ha! Menschenwohnungen an allen Enden!
Fast glaub' ich Gais zu seh'n vor Fichtenwänden;
Versteckt nicht Weisbad jene Felsenkluft?
Und immer sinkt es, immer zahllos steigen
Ruinen, Schlösser, Städte an den Strand;
Schon will der Bodensee den Spiegel zeigen,
Und wirft gedämpfte Strahlen über Land,
Und nun verrinnt die letzte Nebelwelle,
Da steht der Aether, goldenrein und helle,
Die Felsen möcht' man greifen mit der Hand.
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So ſah ich, unter Mährchen eingeſchlafen,
In Träumen einſt des Winterfürſten Haus,
Den Eispalaſt, wo ſeinen goldnen Schafen
Er täglich ſtreut das Silberfutter aus;
Ja, in der That, ſie ſind hinabgezogen,
Die goldnen Lämmer, und am Himmelsbogen
Noch ſieht man ſchimmern ihre Wolle kraus.
Doch ſchau, iſt Ebbe in dies Meer getreten?
Es ſinkt, es ſinkt, und ſchwärzlich in die Luft
Streckt das Gebirge nun, gleich Rieſenbeeten,
Die waldbedeckten Kämme aus dem Duft;
Ha! Menſchenwohnungen an allen Enden!
Faſt glaub’ ich Gais zu ſeh’n vor Fichtenwänden;
Verſteckt nicht Weisbad jene Felſenkluft?
Und immer ſinkt es, immer zahllos ſteigen
Ruinen, Schlöſſer, Städte an den Strand;
Schon will der Bodenſee den Spiegel zeigen,
Und wirft gedämpfte Strahlen über Land,
Und nun verrinnt die letzte Nebelwelle,
Da ſteht der Aether, goldenrein und helle,
Die Felſen möcht’ man greifen mit der Hand.
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[113/0129] So ſah ich, unter Mährchen eingeſchlafen, In Träumen einſt des Winterfürſten Haus, Den Eispalaſt, wo ſeinen goldnen Schafen Er täglich ſtreut das Silberfutter aus; Ja, in der That, ſie ſind hinabgezogen, Die goldnen Lämmer, und am Himmelsbogen Noch ſieht man ſchimmern ihre Wolle kraus. Doch ſchau, iſt Ebbe in dies Meer getreten? Es ſinkt, es ſinkt, und ſchwärzlich in die Luft Streckt das Gebirge nun, gleich Rieſenbeeten, Die waldbedeckten Kämme aus dem Duft; Ha! Menſchenwohnungen an allen Enden! Faſt glaub’ ich Gais zu ſeh’n vor Fichtenwänden; Verſteckt nicht Weisbad jene Felſenkluft? Und immer ſinkt es, immer zahllos ſteigen Ruinen, Schlöſſer, Städte an den Strand; Schon will der Bodenſee den Spiegel zeigen, Und wirft gedämpfte Strahlen über Land, Und nun verrinnt die letzte Nebelwelle, Da ſteht der Aether, goldenrein und helle, Die Felſen möcht’ man greifen mit der Hand. 8

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/129>, abgerufen am 23.11.2024.