Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Das Kind. Wär' ich ein Kind, ein Knäblein klein, Ein armes, schwaches, geliebtes; Daß noch die Mutter mich wiegte ein Und süße Lieder mir sänge, Blumen brächten die Sklavinnen auch, Mit dem Wedel wehrten die Fliegen, Aber Zillah, mich küssend, spräch': "Gesegnet, mein süßes Knäbchen!" Der Greis. Allah! laß des Greises Loos Mich nicht, des Greises, erleben! Aus dem Haupte das Haar ihm fällt Und des Bartes köstliche Zierde. Ach, und Zillah's liebe Gestalt Und Zillah's schwebende Stimme! Kalt und fühllos stößt er's zurück, Wie das Riff der Nachtigall Töne. 9*
Das Kind. Wär’ ich ein Kind, ein Knäblein klein, Ein armes, ſchwaches, geliebtes; Daß noch die Mutter mich wiegte ein Und ſüße Lieder mir ſänge, Blumen brächten die Sklavinnen auch, Mit dem Wedel wehrten die Fliegen, Aber Zillah, mich küſſend, ſpräch’: „Geſegnet, mein ſüßes Knäbchen!“ Der Greis. Allah! laß des Greiſes Loos Mich nicht, des Greiſes, erleben! Aus dem Haupte das Haar ihm fällt Und des Bartes köſtliche Zierde. Ach, und Zillah’s liebe Geſtalt Und Zillah’s ſchwebende Stimme! Kalt und fühllos ſtößt er’s zurück, Wie das Riff der Nachtigall Töne. 9*
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Das Kind.
Wär’ ich ein Kind, ein Knäblein klein,
Ein armes, ſchwaches, geliebtes;
Daß noch die Mutter mich wiegte ein
Und ſüße Lieder mir ſänge,
Blumen brächten die Sklavinnen auch,
Mit dem Wedel wehrten die Fliegen,
Aber Zillah, mich küſſend, ſpräch’:
„Geſegnet, mein ſüßes Knäbchen!“
Der Greis.
Allah! laß des Greiſes Loos
Mich nicht, des Greiſes, erleben!
Aus dem Haupte das Haar ihm fällt
Und des Bartes köſtliche Zierde.
Ach, und Zillah’s liebe Geſtalt
Und Zillah’s ſchwebende Stimme!
Kalt und fühllos ſtößt er’s zurück,
Wie das Riff der Nachtigall Töne.
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Zitationshilfe: | Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/147>, abgerufen am 16.07.2024. |