Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Süß. Auf den Gassen der Gärtner rief: Kauft Trauben, kaufet die Trauben! Aber im Herzen die Furcht ihm wohnt, Es möchte sie Keiner begehren; Sauer waren und trocken sie, Sie hatte Mehlthau getödtet; Naht ihm Hassan: "mein Gärtner, sprich, Was willst du für deine Trauben?" "Nimm, o Herr, und koste sie, Und habe meiner Erbarmen!" "O wie köstlich, mein Gärtner, nimm Und möge Allah dich segnen!" Abend naht und der andre Tag: "Weh mir, wie bin ich betrogen! Hat mir gestern Zuleima's Kuß Denn also versüßet die Lippen?" Süß. Auf den Gaſſen der Gärtner rief: Kauft Trauben, kaufet die Trauben! Aber im Herzen die Furcht ihm wohnt, Es möchte ſie Keiner begehren; Sauer waren und trocken ſie, Sie hatte Mehlthau getödtet; Naht ihm Haſſan: „mein Gärtner, ſprich, Was willſt du für deine Trauben?“ „Nimm, o Herr, und koſte ſie, Und habe meiner Erbarmen!“ „O wie köſtlich, mein Gärtner, nimm Und möge Allah dich ſegnen!“ Abend naht und der andre Tag: „Weh mir, wie bin ich betrogen! Hat mir geſtern Zuleima’s Kuß Denn alſo verſüßet die Lippen?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0150" n="134"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Süß</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">A</hi>uf den Gaſſen der Gärtner rief:</l><lb/> <l>Kauft Trauben, kaufet die Trauben!</l><lb/> <l>Aber im Herzen die Furcht ihm wohnt,</l><lb/> <l>Es möchte ſie Keiner begehren;</l><lb/> <l>Sauer waren und trocken ſie,</l><lb/> <l>Sie hatte Mehlthau getödtet;</l><lb/> <l>Naht ihm Haſſan: „mein Gärtner, ſprich,</l><lb/> <l>Was willſt du für deine Trauben?“</l><lb/> <l>„Nimm, o Herr, und koſte ſie,</l><lb/> <l>Und habe meiner Erbarmen!“</l><lb/> <l>„O wie köſtlich, mein Gärtner, nimm</l><lb/> <l>Und möge Allah dich ſegnen!“</l><lb/> <l>Abend naht und der andre Tag:</l><lb/> <l>„Weh mir, wie bin ich betrogen!</l><lb/> <l>Hat mir geſtern Zuleima’s Kuß</l><lb/> <l>Denn alſo verſüßet die Lippen?“</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [134/0150]
Süß.
Auf den Gaſſen der Gärtner rief:
Kauft Trauben, kaufet die Trauben!
Aber im Herzen die Furcht ihm wohnt,
Es möchte ſie Keiner begehren;
Sauer waren und trocken ſie,
Sie hatte Mehlthau getödtet;
Naht ihm Haſſan: „mein Gärtner, ſprich,
Was willſt du für deine Trauben?“
„Nimm, o Herr, und koſte ſie,
Und habe meiner Erbarmen!“
„O wie köſtlich, mein Gärtner, nimm
Und möge Allah dich ſegnen!“
Abend naht und der andre Tag:
„Weh mir, wie bin ich betrogen!
Hat mir geſtern Zuleima’s Kuß
Denn alſo verſüßet die Lippen?“
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Zitationshilfe: | Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/150>, abgerufen am 16.07.2024. |