Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

sei, mit so geringer Macht die kühne Bande an-
zugreifen, und sich dann ohne bestimmten Entschluß
dem Schalle langsam genähert. Nun folgte der
Auftritt mit Friedrich. Ferner: nachdem Brandes
sie ohne Weisung fortgeschickt, seien sie eine Weile
vorangeschritten und dann, als sie bemerkt, daß
das Getöse im noch ziemlich weit entfernten Walde
gänzlich aufgehört, stille gestanden, um den Ober-
förster zu erwarten.

Die Zögerung habe sie verdrossen, und nach
etwa zehn Minuten seien sie weiter gegangen und
so bis an den Ort der Verwüstung. Alles sei
vorüber gewesen, kein Laut mehr im Walde, von
zwanzig gefällten Stämmen noch acht vorhanden,
die übrigen bereits fortgeschafft. Es sei ihnen un-
begreiflich, wie man dieses in's Werk gestellt, da
keine Wagenspuren zu finden gewesen.

Auch habe die Dürre der Jahrszeit und der
mit Fichtennadeln bestreute Boden keine Fußstapfen
unterscheiden lassen, obgleich der Grund ringsumher
wie festgestampft war. Da man nun überlegt, daß
es zu nichts nützen könne, den Oberförster zu er-
warten, sei man rasch der andern Seite des Waldes
zugeschritten, in der Hoffnung, vielleicht noch einen
Blick von den Frevlern zu erhaschen. Hier habe
sich einem von ihnen beim Ausgange des Waldes
die Flaschenschnur in Brombeerranken verstrickt, und

ſei, mit ſo geringer Macht die kühne Bande an-
zugreifen, und ſich dann ohne beſtimmten Entſchluß
dem Schalle langſam genähert. Nun folgte der
Auftritt mit Friedrich. Ferner: nachdem Brandes
ſie ohne Weiſung fortgeſchickt, ſeien ſie eine Weile
vorangeſchritten und dann, als ſie bemerkt, daß
das Getöſe im noch ziemlich weit entfernten Walde
gänzlich aufgehört, ſtille geſtanden, um den Ober-
förſter zu erwarten.

Die Zögerung habe ſie verdroſſen, und nach
etwa zehn Minuten ſeien ſie weiter gegangen und
ſo bis an den Ort der Verwüſtung. Alles ſei
vorüber geweſen, kein Laut mehr im Walde, von
zwanzig gefällten Stämmen noch acht vorhanden,
die übrigen bereits fortgeſchafft. Es ſei ihnen un-
begreiflich, wie man dieſes in’s Werk geſtellt, da
keine Wagenſpuren zu finden geweſen.

Auch habe die Dürre der Jahrszeit und der
mit Fichtennadeln beſtreute Boden keine Fußſtapfen
unterſcheiden laſſen, obgleich der Grund ringsumher
wie feſtgeſtampft war. Da man nun überlegt, daß
es zu nichts nützen könne, den Oberförſter zu er-
warten, ſei man raſch der andern Seite des Waldes
zugeſchritten, in der Hoffnung, vielleicht noch einen
Blick von den Frevlern zu erhaſchen. Hier habe
ſich einem von ihnen beim Ausgange des Waldes
die Flaſchenſchnur in Brombeerranken verſtrickt, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0203" n="187"/>
&#x017F;ei, mit &#x017F;o geringer Macht die kühne Bande an-<lb/>
zugreifen, und &#x017F;ich dann ohne be&#x017F;timmten Ent&#x017F;chluß<lb/>
dem Schalle lang&#x017F;am genähert. Nun folgte der<lb/>
Auftritt mit Friedrich. Ferner: nachdem Brandes<lb/>
&#x017F;ie ohne Wei&#x017F;ung fortge&#x017F;chickt, &#x017F;eien &#x017F;ie eine Weile<lb/>
vorange&#x017F;chritten und dann, als &#x017F;ie bemerkt, daß<lb/>
das Getö&#x017F;e im noch ziemlich weit entfernten Walde<lb/>
gänzlich aufgehört, &#x017F;tille ge&#x017F;tanden, um den Ober-<lb/>
för&#x017F;ter zu erwarten.</p><lb/>
        <p>Die Zögerung habe &#x017F;ie verdro&#x017F;&#x017F;en, und nach<lb/>
etwa zehn Minuten &#x017F;eien &#x017F;ie weiter gegangen und<lb/>
&#x017F;o bis an den Ort der Verwü&#x017F;tung. Alles &#x017F;ei<lb/>
vorüber gewe&#x017F;en, kein Laut mehr im Walde, von<lb/>
zwanzig gefällten Stämmen noch acht vorhanden,<lb/>
die übrigen bereits fortge&#x017F;chafft. Es &#x017F;ei ihnen un-<lb/>
begreiflich, wie man die&#x017F;es in&#x2019;s Werk ge&#x017F;tellt, da<lb/>
keine Wagen&#x017F;puren zu finden gewe&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Auch habe die Dürre der Jahrszeit und der<lb/>
mit Fichtennadeln be&#x017F;treute Boden keine Fuß&#x017F;tapfen<lb/>
unter&#x017F;cheiden la&#x017F;&#x017F;en, obgleich der Grund ringsumher<lb/>
wie fe&#x017F;tge&#x017F;tampft war. Da man nun überlegt, daß<lb/>
es zu nichts nützen könne, den Oberför&#x017F;ter zu er-<lb/>
warten, &#x017F;ei man ra&#x017F;ch der andern Seite des Waldes<lb/>
zuge&#x017F;chritten, in der Hoffnung, vielleicht noch einen<lb/>
Blick von den Frevlern zu erha&#x017F;chen. Hier habe<lb/>
&#x017F;ich einem von ihnen beim Ausgange des Waldes<lb/>
die Fla&#x017F;chen&#x017F;chnur in Brombeerranken ver&#x017F;trickt, und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0203] ſei, mit ſo geringer Macht die kühne Bande an- zugreifen, und ſich dann ohne beſtimmten Entſchluß dem Schalle langſam genähert. Nun folgte der Auftritt mit Friedrich. Ferner: nachdem Brandes ſie ohne Weiſung fortgeſchickt, ſeien ſie eine Weile vorangeſchritten und dann, als ſie bemerkt, daß das Getöſe im noch ziemlich weit entfernten Walde gänzlich aufgehört, ſtille geſtanden, um den Ober- förſter zu erwarten. Die Zögerung habe ſie verdroſſen, und nach etwa zehn Minuten ſeien ſie weiter gegangen und ſo bis an den Ort der Verwüſtung. Alles ſei vorüber geweſen, kein Laut mehr im Walde, von zwanzig gefällten Stämmen noch acht vorhanden, die übrigen bereits fortgeſchafft. Es ſei ihnen un- begreiflich, wie man dieſes in’s Werk geſtellt, da keine Wagenſpuren zu finden geweſen. Auch habe die Dürre der Jahrszeit und der mit Fichtennadeln beſtreute Boden keine Fußſtapfen unterſcheiden laſſen, obgleich der Grund ringsumher wie feſtgeſtampft war. Da man nun überlegt, daß es zu nichts nützen könne, den Oberförſter zu er- warten, ſei man raſch der andern Seite des Waldes zugeſchritten, in der Hoffnung, vielleicht noch einen Blick von den Frevlern zu erhaſchen. Hier habe ſich einem von ihnen beim Ausgange des Waldes die Flaſchenſchnur in Brombeerranken verſtrickt, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/203
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/203>, abgerufen am 17.05.2024.