Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Doch als nun immer tiefer Die Schlangenstiege sank, Als schiefer stets und schiefer Dräute die Stufenbank: Da klomm' ich sonder Harren Hinan den Zinnenring, Und in des Daches Sparren Barg ich ein heimlich Ding. Das sollten Enkel finden, Wenn einst der Thurm zerbrach, Es sollte Etwas künden, Das mir am Herzen lag; Nun sinn' ich oft vergebens, Was mich so aufgeregt, Was mit Gefahr des Lebens Ich in den Spalt gelegt. Vielleicht mit Glasopalen Ein Ring -- ein Dockenkleid -- Das herrlich sollte strahlen In die zukünft'ge Zeit; Denn daß es hell geflittert, Mir wie im Traume scheint, Und daß ich sehr gezittert Und bitterlich geweint. Doch als nun immer tiefer Die Schlangenſtiege ſank, Als ſchiefer ſtets und ſchiefer Dräute die Stufenbank: Da klomm’ ich ſonder Harren Hinan den Zinnenring, Und in des Daches Sparren Barg ich ein heimlich Ding. Das ſollten Enkel finden, Wenn einſt der Thurm zerbrach, Es ſollte Etwas künden, Das mir am Herzen lag; Nun ſinn’ ich oft vergebens, Was mich ſo aufgeregt, Was mit Gefahr des Lebens Ich in den Spalt gelegt. Vielleicht mit Glasopalen Ein Ring — ein Dockenkleid — Das herrlich ſollte ſtrahlen In die zukünft’ge Zeit; Denn daß es hell geflittert, Mir wie im Traume ſcheint, Und daß ich ſehr gezittert Und bitterlich geweint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0079" n="63"/> <lg n="6"> <l>Doch als nun immer tiefer</l><lb/> <l>Die Schlangenſtiege ſank,</l><lb/> <l>Als ſchiefer ſtets und ſchiefer</l><lb/> <l>Dräute die Stufenbank:</l><lb/> <l>Da klomm’ ich ſonder Harren</l><lb/> <l>Hinan den Zinnenring,</l><lb/> <l>Und in des Daches Sparren</l><lb/> <l>Barg ich ein heimlich Ding.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Das ſollten Enkel finden,</l><lb/> <l>Wenn einſt der Thurm zerbrach,</l><lb/> <l>Es ſollte Etwas künden,</l><lb/> <l>Das mir am Herzen lag;</l><lb/> <l>Nun ſinn’ ich oft vergebens,</l><lb/> <l>Was mich ſo aufgeregt,</l><lb/> <l>Was mit Gefahr des Lebens</l><lb/> <l>Ich in den Spalt gelegt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Vielleicht mit Glasopalen</l><lb/> <l>Ein Ring — ein Dockenkleid —</l><lb/> <l>Das herrlich ſollte ſtrahlen</l><lb/> <l>In die zukünft’ge Zeit;</l><lb/> <l>Denn daß es hell geflittert,</l><lb/> <l>Mir wie im Traume ſcheint,</l><lb/> <l>Und daß ich ſehr gezittert</l><lb/> <l>Und bitterlich geweint.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0079]
Doch als nun immer tiefer
Die Schlangenſtiege ſank,
Als ſchiefer ſtets und ſchiefer
Dräute die Stufenbank:
Da klomm’ ich ſonder Harren
Hinan den Zinnenring,
Und in des Daches Sparren
Barg ich ein heimlich Ding.
Das ſollten Enkel finden,
Wenn einſt der Thurm zerbrach,
Es ſollte Etwas künden,
Das mir am Herzen lag;
Nun ſinn’ ich oft vergebens,
Was mich ſo aufgeregt,
Was mit Gefahr des Lebens
Ich in den Spalt gelegt.
Vielleicht mit Glasopalen
Ein Ring — ein Dockenkleid —
Das herrlich ſollte ſtrahlen
In die zukünft’ge Zeit;
Denn daß es hell geflittert,
Mir wie im Traume ſcheint,
Und daß ich ſehr gezittert
Und bitterlich geweint.
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